Organspendeliste manipuliert: Krankenkasse muss trotzdem zahlen

Fast zwölf Jahre nach Auffliegen des Transplantationsskandals an der Uni-Klinik Göttingen hat das Bundessozialgericht in Kassel heute sein Urteil gefällt.
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Krankenkasse muss Göttinger Skandaltransplantationen vergüten. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times7. März 2023

Das Universitätsklinikum Göttingen hat Anspruch auf Vergütung für die im Zuge des dortigen Transplantationsskandals übertragenen Lebern. „Der Anspruch entfällt nicht dadurch, dass das Krankenhaus falsche Daten an die Vergabestelle gemeldet hat“, entschied am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Es wies damit die Krankenkasse KKH ab, die als einzige die Vergütung infrage gestellt hatte. (Az: B 1 KR 3/22 R)

Der Leiter der Transplantationschirurgie der Klinik hatte von Oktober 2008 bis Mitte 2011 die Daten von 25 Patienten so manipuliert, dass sie auf der Warteliste für Spenderorgane bei Eurotransplant nach oben rutschten und schneller ein Organ erhielten. Vorrangig ging es dabei um bestimmte Blutwerte. Nach einem anonymen Hinweis im Juli 2011 flog der Skandal auf.

Klinik fordert 157.160 Euro zurück

Wie andere Krankenkassen hatte auch die KKH die Transplantationen für zwei ihrer Versicherten zunächst bezahlt. Mit ihrer Klage forderte sie – nach Klinikangaben als einzige Kasse – dieses Geld nun wieder zurück, zusammen 157.160 Euro. Zwar seien die Lebertransplantationen jeweils medizinisch notwendig gewesen und auch fachgerecht vorgenommen worden. Die Organe seien der Klinik aber unter falschen Voraussetzungen zugewiesen worden. Dadurch sei die Behandlung rechtswidrig geworden.

Dem folgte das BSG nicht. Die Transplantationen seien medizinisch erforderlich gewesen und nach den Regeln der medizinischen Kunst vorgenommen worden. Dem Verstoß gegen das Transplantationsgesetz komme „keine Vergütungsrelevanz zu“.

Weitreichende Folgen

Maßgeblich für die Vergütung in der gesetzlichen Krankenversicherung seien Vorschriften, die der Qualitätssicherung dienten. Hier berühre der Verstoß aber „nicht die Beschaffenheit der Leistung, sondern die gerechte Verteilung von Lebenschancen“. Gerechtigkeitserwägungen spielten bei der Krankenhausvergütung aber keine Rolle, erklärten die Kasseler Richter.

Der Göttinger Skandal hatte weitreichende Folgen. So wurde im Jahr 2013 ein neuer Straftatbestand in das Transplantationsgesetz aufgenommen. Nach früherem Recht war der wegen mehrfachen versuchten Totschlags angeklagte Arzt aber bis hinauf zum BGH freigesprochen worden. Die Universitätsklinik Göttingen nimmt nach eigenen Angaben bis heute keine Lebertransplantationen mehr vor. (afp/dl)



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