Ost-Ministerpräsidenten fordern Bürokratieabbau beim Bund

Fast zeitgleich fanden kürzlich zwei Länderkonferenzen statt. In Bayern trafen sich die Wirtschaftsminister der 16 Bundesländer, in Chemnitz die Regierungschefs der „östlichen“ Bundesländer. Hier eine Zusammenfassung ihrer Beschlüsse.
Titelbild
Die Wirtschaftsministerkonferenz tagte auf Schloss Hohenkammer unter Vorsitz von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger mit dem Gast, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.Foto: Andreas Heddergott/StMWi
Epoch Times27. Juni 2023

Um die Wirtschaft auch für die Zukunft zu stärken, bedarf es eines Transformationsstrompreis für die energieintensive Industrie – auch für energieintensive kleine und mittlere Unternehmen, erklärten die Wirtschaftsminister der 16 Bundesländer nach ihrer gemeinsamen zweitägigen Konferenz (21. bis 22.06.) auf Schloss Hohenkammer (Bayern).

Gleichzeitig wurde erklärt, dass man dem „Grünen Wasserstoff“ eine tragende Rolle bei der Transformation der Energieversorgung auf dem Weg zur „Klimaneutralität“ zukommen lassen will. Die Wasserstoffwirtschaft sei ein Wachstumsmarkt, der nicht zuletzt den Wirtschaftsstandort Deutschland stärke. „Es müssen schnellstmöglich die Regularien für eine Beschleunigung des Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft gesetzt werden, um der Wirtschaft die dringend notwendigen Leitplanken für Investitionsentscheidungen zu bieten“, so Ines Jesse.

Keine Kürzung der GRW-Mittel

Mit großer Sorge sehen die Minister die möglichen Kürzungen der „Gemeinschaftsausgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) durch die Bundesregierung, was in ihren Augen erheblich die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland schwächen würde.

Bereits für den Haushalt 2023 habe der Bund um circa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gekürzt und damit entgegen der im Koalitionsvertrag verankerten Dynamisierung der GRW-Mittel gehandelt, kritisieren sie. Die Mittel werden aktuell insbesondere bei Infrastrukturvorhaben stark nachgefragt, heißt es weiter. Allein dort habe sich bereits jetzt für die Jahre 2023 und 2024 ein mögliches Bewilligungsvolumen von 190 Millionen Euro abgezeichnet.

Im Jahr 2023 fand die Hauptkonferenz der MPK-Ost in Chemnitz, der Kulturhauptstadt Europas 2025, statt. Foto: dpa-Zentralbild

Mittelstand fördern

Auch die Ministerpräsidentenkonferenz der sogenannten Ost-Bundesländer fordert vom Bund weiterhin Unterstützung und ein klares Bekenntnis für eine starke regionale Wirtschaft. Unter dem Vorsitz von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer trat sie am 22. Juni in Chemnitz zusammen. An ihr nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz und der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsminister Carsten Schneider, teil.

Insgesamt müsse die Wirtschaftspolitik die Bedürfnisse des Mittelstandes stärker in den Blick nehmen, hieß es. Die Regierungschefs der ostdeutschen Länder warnten in dem Zusammenhang eindringlich vor einer Kürzung der regionalen Wirtschaftsförderung durch den Bund.

Sie mahnten eine Stärkung des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) an, um Innovationen im Mittelstand und so die Produktivität zu erhöhen. Kleine, kaum bekannte Programme könnten zusammengefasst oder abgeschafft werden. Die so frei werdenden Finanzmittel könnten für die Aufstockung bedeutsamer Förderprogramme wie GRW und ZIM eingesetzt werden.

In Ostdeutschland gibt es im Vergleich zu den alten Ländern vergleichsweise wenige große mittelständische Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und entsprechender wirtschaftlicher Stärke.

Bürokratieabbau, Energiepolitik, Unterschiede Stadt und Land

Die Regierungschefs der neuen Bundesländer fordern den Bund auf, den Bürokratieabbau vordringlich voranzutreiben, Förderverfahren zu vereinfachen und mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten zu machen. So gebe es etwa im Bahnverkehr in Ostdeutschland erhebliche Engpässe. Aufgrund der aktuellen Genehmigungs- und Bauzeiten für Schienenprojekte von mehr als 20 Jahren sei umgehendes Handeln nötig.

Eine sichere, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung sei notwendig. Doch die Energiepreise müssten für alle Verbrauchergruppen bezahlbar bleiben. Menschen in den ostdeutschen Ländern seien dabei stärker belastet, sie müssten einen größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens für Energiekosten aufbringen als diejenigen in den westdeutschen Ländern. Auch absolut seien die Preise höher.

Gefordert wurde zudem eine umfassende Reform der Abgaben und Umlagen im Energiebereich. Mit Blick auf die Wärmewende im Gebäudebereich mahnte die Konferenz, auf die unterschiedlichen Belastungen und finanziellen Möglichkeiten der Bevölkerung sowie die Unterschiede zwischen Stadt und Land Rücksicht zu nehmen.

Die Bundesregierung sollte die bisher vorgesehene Altersschwelle durch eine einfach zu administrierende Härtefallklausel ersetzen, die auch konkrete Sachgründe einbezieht und soziale Kriterien berücksichtigt, hieß es. Insbesondere erscheine es sinnvoll, den Austausch besonders „klimaschädlicher“ Heizungen verstärkt zu fördern, um diesen zunächst voranzutreiben.

Gründung der „Initiative für Wasserstoff“

Unabhängig von ihren Wirtschaftsministern sehen auch die Regierungschefs der ostdeutschen Länder den Aufbau einer nationalen und europaweiten Wasserstofftransportinfrastruktur als maßgeblich für eine sichere Energieversorgung und als Basisinfrastruktur der Zukunft an.

Bei der Planung der Pipeline-Infrastruktur müssten auch alle relevanten Endkunden in den ostdeutschen Ländern angeschlossen werden – insbesondere alle heutigen und zukünftigen Industriezentren, Kraftwerksstandorte, die Großstädte und damit deren Strom- und Wärmeerzeugungsinfrastruktur, mögliche Wasserstoffspeicher und künftige Wasserstoffimportzentren.

Beschlossen wurde in Chemnitz die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Initiative für Wasserstoff in Ostdeutschland“. Der Bund tritt dem Verein als Netzwerkmitglied bei. Ziel des Vereins ist es, Wasserstoff als Energieträger und Rohstoff sowie die Nutzung seiner Potenziale für den Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz in Ostdeutschland voranzubringen.

Der Verein soll eine Plattform bieten, welche die Zusammenarbeit zwischen den ostdeutschen Ländern, aber auch mit der Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, unterstützt und befördert. Der Mitgliedsbeitrag der ostdeutschen Länder soll jährlich jeweils 100.000 Euro betragen. Der Bund unterstützt den Verein durch einen einmaligen Beitrag in Höhe von 500.000 Euro.

Weitere Themen beim Treffen der ostdeutschen Regierungschefs war die Lage der Fachkräfte in ihren Bundesländern, bezahlbarer Wohnraum für junge Menschen, die flächendeckende medizinische Versorgung und die Zusammenarbeit mit Frankreich. Die neuen Bundesländer setzen sich auch für eine weitere Vertiefung und Weiterentwicklung der trilateralen Kooperation zwischen Deutschland, Frankreich und Polen („Weimarer Dreieck“) und den Ausbau trilateraler Formate ein. (er)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion