Elektronische Patientenakte – Was Sie zum Widerspruch wissen sollten

Diagnosen, Medikamente, Therapien. Ein Blick in die elektronische Patientenakte soll ein umfassendes Bild über die Krankheitsgeschichte eines Menschen ermöglichen. Doch was ist, wenn man das nicht möchte?
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Ein Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte ist schon jetzt möglich, aber nicht überall.Foto: Clemens Bilan, Pool/Getty Images
Von 22. Juli 2023

Im Referentenentwurf zum Digitalgesetz ist eine Opt-out-Regelung vorgesehen. Demnach müssten alle Versicherten aktiv widersprechen, die keine ePA nutzen wollen. Aber noch ist das Gesetz nicht beschlossen. Ist ein Widerspruch trotzdem schon jetzt möglich? Epoch Times hakte nach – und stieß auf Widersprüche.

Der GKV-Spitzenverband in seiner Funktion als zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland führte aus, dass das neue Gesetz neben der Opt-out-Regelung für die ePA auch den Aufbau eines Widerspruchsverfahrens bei den Krankenkassen vorsehe. „Solange das Gesetz nicht verabschiedet wurde, ist das genaue Prozedere aber noch nicht klar“, so Helge Dickau, Pressereferent des GKV-Spitzenverbandes.

Bei der ePA gelte bislang „Opt-in“. Mit anderen Worten: „Eine Akte existiert also nur, wenn Versicherte die ePA ihrer Krankenkasse selbst anlegen, aktivieren und nutzen.“ „Dies kann man sicher auch wieder rückgängig machen“, erklärte der Sprecher weiter. Wie das konkret funktioniert, müsse man bei den einzelnen Kassen erfragen.

Gematik: Nutzung derzeit freiwillig

Ähnliches teilte auch die Nationale Agentur für Digitale Medizin (Gematik) mit. „Bis zum Inkrafttreten der neuen Gesetzesregelungen gilt die bisherige Rechtslage. Demnach müssen sich Versicherte aktiv für eine ePA entscheiden und diese bei ihrer Krankenkasse beantragen.“

„Ein Widerspruch ist mit Blick auf die aktuelle Gesetzeslage daher weder möglich noch geboten“, sagte Gematik-Pressesprecher Sebastian Lambeck.

Die Nutzung der ePA sei derzeit weiterhin freiwillig. Versicherte könnten der ePA jederzeit widersprechen. „Hierüber und zu den Möglichkeiten des Widerspruchs werden die Krankenkassen, als Anbieter der ePA, ihre Versicherten umfassend informieren.“

Da alle gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf eine ePA haben, gelte dies auch für Kinder und Jugendliche. „Einen möglichen Widerspruch erklärt in diesem Fall der gesetzliche Vertreter, also in der Regel die Eltern“, schildert Lambeck.

Barmer: Widerspruch jederzeit möglich

Von den größten Krankenkassen Deutschlands (darunter Techniker Krankenkasse, DAK, AOK und IKK) ging lediglich die Barmer Ersatzkasse auf die Fragen der Epoch Times ein.

Unabhängig vom Opt-in-Verfahren könnten Versicherte „einen Widerspruch jederzeit an ihre Kasse richten, und zwar auch noch nach Anlegung einer elektronischen Patientenakte“, stellt Barmer-Unternehmenssprecherin Sunna Gieseke klar.

Versicherte, die die elektronische Patientenakte nutzen, könnten in den Berechtigungsfreigaben selbst festlegen, welche Arztgruppe welche Dokumente einsehen darf. Diese Berechtigung könne unbefristet oder auch nur für einen bestimmten Zeitraum erteilt und auch jederzeit zurückgenommen werden. Bei mitversicherten Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres erfolge der Widerspruch durch die Sorgeberechtigten.

Siemens Betriebskasse: Regelungen noch völlig unklar

Die Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) verwies auf den aktuellen Gesetzentwurf und erklärte: „Die Spezifikationen der Gematik zur ePA sind noch völlig unklar.“ Bis zur Verabschiedung des Gesetzes könnten Versicherte und mitversicherte Kinder „nicht widersprechen“. Sobald es aber diese Möglichkeit gebe, werde die Kasse die Versicherten selbstverständlich informieren.

Gleichzeitig stellte Pressesprecherin Katrin Edelmann klar: „Es wurden in der Vergangenheit von der SBK keine ePA ohne Zustimmung angelegt.“ Eine Patientenakte könne nur von der versicherten Person angelegt werden. Lediglich Versicherte könnten den Zugriff für dritte Personen einrichten und eine Löschung vornehmen.

Knappschaft-Bahn-See: App erleichtert Einstellungen

Etwas ausführlicher fiel die Antwort der Knappschaft-Bahn-See aus, einem Verbund aus Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Aktuell erhalten Leistungserbringer wie Ärzte und Therapeuten auch hier nur Zugriff, wenn Versicherte die ePA explizit eingerichtet haben. Dies gehe zum einen über die App „Meine Gesundheit“ und zum anderen über die Knappschaft. Auch eine Einschränkung des Personenkreises, der die ePA einsehen kann, ist hierüber möglich.

„Sofern ein User seine eGK [elektronische Gesundheitskarte] vor Ort in der Praxis ins Terminal steckt und keine Berechtigung vorhanden ist, wird in der Praxis eine adhoc-Berechtigung abgefragt und der Kunde muss diese mittels Pin-Eingabe zur eGK bestätigen“, schildert Pressesprecherin Sandra Antoni. Diese Berechtigung habe dann eine Gültigkeit von einer Woche.

„Sollten Versicherte ihre ePA nicht mehr nutzen wollen, können sie ihre ePA jederzeit ohne Angaben von Gründen kündigen“, erklärte Antoni weiter. In der genannten App finde man unter „Einstellungen“ und „Vertrag“ die entsprechenden Optionen zur Kündigung und zum Widerruf.

Bei der Nutzung des Desktop-Clients oder als Offline-Kunde könnten Versicherte die ePA ohne Angaben von Gründen schriftlich kündigen. Gleiches gelte für mitversicherte Kinder.

Die Frage, ob in der Vergangenheit elektronische Patientenakten ohne Zustimmung der Versicherten erfolgt ist, verneinte die Knappschaft.

IKK: „Ohne elektronische Gesundheitskarte läuft hier nichts“

Im Verbraucherportal „Chip“ ist folgende Formulierung zu finden, um eine ePA zu kündigen beziehungsweise die Nutzung zu widerrufen:

„Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen hiermit mitteilen, dass ich gegen die Erstellung einer elektronischen Patientenakte für meine Person bin. Falls bereits eine elektronische Patientenakte angelegt wurde, bitte ich höflich um deren Löschung.“

Dieser Formulierung folgend, reichte eine Versicherte eine Mail bei ihrer Krankenkasse, der IKK Nord, ein. Wie sie gegenüber Epoch Times schilderte, sprach sie zwei Tage später persönlich in einer Geschäftsstelle der IKK vor. Dabei stellte sich heraus, dass der Widerspruch trotz Eingangsbestätigung nicht im Computersystem verzeichnet war.

Als die Mitarbeiterin jedoch die alte, aber immer noch aktuelle Chipkarte der Versicherten sah, gab sie Entwarnung: „Ohne elektronische Gesundheitskarte läuft nichts.“ Diese sei Grundvoraussetzung, um die ePA überhaupt zu nutzen, da man sich hierfür verifizieren müsse.

Mit anderen Worten: Wer keine elektronische Gesundheitskarte hat, braucht keinen Widerspruch einlegen und sich auch keine Sorgen machen, dass nach derzeitiger Rechtslage eine ePA angelegt wird. Wie es in Zukunft weitergeht, bleibt abzuwarten, so die Angestellte.

 



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