Schottergärten in Bremen bald tabu – auf dem Weg zur „Vorgarten-Polizei“

Mehr Pflanzen und Solaranlagen, weniger Schotter. So könnte man das neue Bremer Vorhaben in wenigen Worten zusammenfassen. Was auf den ersten Anschein vernünftig klingt, ist jedoch mit einem tiefen Eingriff in die Eigentumsverhältnisse der Bewohner verbunden.
Steinig, aber pflegeleicht. Ein Schottergarten an einem Haus. Foto: iStock
Steinig, aber pflegeleicht. Ein Schottergarten an einem Haus.Foto: iStock
Von 15. Februar 2023

Schön, wer ein Häuschen sein Eigen nennen kann. Die immer enger werdenden Bestimmungen lassen jedoch mancherorts nur noch wenig Spielraum, seinen Wohnsitz nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Die Bremer Vorgärten sollen „klimafreundlich, naturnah und pflegeleicht“ werden, heißt es in einer Broschüre, herausgegeben von der Bremer Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Damit sind Schottergärten zukünftig tabu. Aber das ist noch nicht alles.

In Bremen sollen bestehende Schottergärten bis 2026 weichen und wieder begrünt werden. So sieht es eine geplante Neufassung des Begrünungsortsgesetzes vor. Nach den geltenden Richtlinien gelten in der Hansestadt Freiflächen von mehr als zehn Quadratmetern auf Baugrundstücken, die mit gebrochenen Steinen oder Kieseln bedeckt sind, als Schotterfläche. Diese Flächen sollen bis spätestens Ende 2026 bepflanzt werden. Mit dem Gesetz wird auch eine Begrünung von Flachdächern mit mindestens 50 Quadratmetern Pflicht, die bislang nur für Flächen ab 100 Quadratmetern galt. Voraussetzung ist eine Dachneigung bis zu 15 Grad.

Eine Ausnahme gilt für Dächer, auf der eine Photovoltaikanlage geplant ist. Diese kommt den neuen Plänen der Bremer Regierung nicht nur entgegen, sondern ist sogar ausdrücklich gewünscht.

Dachbegrünung und Solardachpflicht im Zeichen des Klimaschutzes

Zur Begründung der verschärften Bestimmungen heißt es in der Vorlage der Gesetzesänderung: „Neben der mildernden Wirkung auf das Stadtklima ist es bei einer Erweiterung der Gebäudebegrünung in Zeiten des Klimawandels vor allem wichtig, den Schutz vor der Überhitzung von Gebäuden im Sommer, den (Regen-) Wasserrückhalt und eine Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (CO₂) stärker zu berücksichtigen.“

Vorerst ist die Kombination von Dachbegrünung und die Nutzung erneuerbarer Energien auf Dachflächen freiwillig“, heißt es weiter in der Vorlage.

Für weitergehende Überlegungen zur Verpflichtung, Flachdächer zu begrünen und darauf Solaranlagen zu errichten, müssen noch die Ergebnisse eines Gutachtens zur Photovoltaikpflicht von Gebäuden abgewartet werden. Dies sei jedoch erst für die nächste Novellierung geplant.

Ähnliches gilt für die Pflicht einer Fassadenbegrünung. Hier müssten noch Fragen des Brandschutzes geklärt werden.

2,5 Milliarden Euro für „klimaneutrales“ Bremen

Wie die „Kreiszeitung“ mitteilte, wurden in den Nachtragshaushalt der rot-grün-roten Bremer Regierung für 2023 insgesamt 2,5 Milliarden Euro eingestellt, um das Land Bremen und seine Wirtschaft „klimaneutral“ umzugestalten. Das Geld soll über neue Schulden finanziert werden.

Für Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) und die Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) sei die Investition „alternativlos“, berichtete die „Kreiszeitung“ weiter. „Jeder Cent, den wir in den Klimaschutz stecken, ist gut angelegtes Geld“, so Schaefer.

Der umweltpolitische Sprecher, der Grünen-Politiker Ralph Saxe, begrüßte die neuen Pläne. „Begrünte Dächer fördern ebenso wie das Verbot der Schotterwüsten die Biodiversität“, sagte er. Die „bestehenden Schottergärten des Grauens“ würden mit Gesetzesänderung nicht länger geduldet. Wie „butenunbinnen“ berichtete, setzt Saxe für die Umsetzung der neuen Regelungen jedoch eher auf die Einsicht der Menschen als auf eine „Vorgarten-Polizei“.

Wie es aus Kreisen der Bremer Bürgerschaft hieß, soll das Gesetz frühestens im März verabschiedet werden. Aufgrund der am 14. Mai bevorstehenden Wahlen wird spätestens Anfang Mai damit gerechnet.

Rechtsprechung vom OVG Niedersachsen

In anderen Bundesländern gibt es die „Vorgarten-Polizei“ bereits, die unbeliebte Schottergärten aufspürt. In Niedersachsen gibt es bereits seit 2012 das Verbot für Schottergärten. Soweit Betroffene argumentieren, dass derartige Regelungen einen Eingriff in ihr Privateigentum darstellen, bleibt ihnen ein Prozess wohl nicht erspart, wie ein Fall aus Diepholz in Niedersachsen zeigt. Hier sollte ein Eigentümer ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro zahlen oder seinen Garten begrünen.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg stellte sich im Januar 2023 auf die Seite der Baubehörden. Daran änderten auch die bienenfreundlichen Bodendecker nichts, die der Kläger angepflanzt hatte. In einem Garten müssten die Pflanzen dominieren, nicht die Steine, so das Gericht in seiner unanfechtbaren Entscheidung.

In der Landeshauptstadt Hannover haben zwei Mitarbeiter der Stadt schon 70 Schottergärten dokumentiert. An vielen Orten fehle aber das Personal, um das Verbot wirklich durchzusetzen, berichtete der NDR. Mancherorts wird schon länger darüber nachgedacht, auf Friedhöfen „Schottergräber“ zu verbieten.



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