Stand der Deutschen Einheit im Osten: Länger arbeiten für weniger Geld

"Die Wiedervereinigung halten nur rund 38 Prozent der Befragten im Osten für gelungen", stellt der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit klar. Knapp die Hälfte ist im Osten unzufrieden mit der Funktionsweise der Demokratie. Dietmar Bartsch (Linke) kritisierte den Jahresbericht als "Lobhudelei".
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Abrissarbeiten in Dessau.Foto: iStock
Epoch Times22. September 2019

Der neue Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit verzeichnet einem Bericht zufolge eine seit Jahren steigende Wirtschaftskraft in den östlichen Bundesländern.

Die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands sei „von 43 Prozent im Jahr 1990 auf 75 Prozent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2018 gestiegen“, berichteten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland am Wochenende unter Berufung auf den Bericht. Dies entspreche nahezu dem Durchschnitt der Europäischen Union.

Löhne und Gehälter bei 85 Prozent des Westniveau

Löhne, Gehälter sowie die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte erreichten demnach inzwischen etwa 85 Prozent des westdeutschen Niveaus, zitierten die Zeitungen aus dem Bericht, der am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett beraten werden soll.

Der Abstand sei noch geringer, wenn die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Ost und West berücksichtigt würden.

Unzufriedenheit: 57 Prozent der Ostdeutschen fühlen sich als Bürger zweiter Klasse

Wenn es um politische Fragen gehe, werde in den neuen Ländern jedoch Unzufriedenheit spürbar, bestätigt der Bericht. „So fühlen sich laut einer jüngst für die Bundesregierung durchgeführten Umfrage 57 Prozent der Ostdeutschen als Bürger zweiter Klasse“.

Die Wiedervereinigung halten nur rund 38 Prozent der Befragten im Osten für gelungen.“

Bei Menschen unter 40 Jahren seien es sogar nur rund 20 Prozent. Knapp die Hälfte der Menschen im Osten sei eher unzufrieden mit der Funktionsweise der Demokratie.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte den Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit als „Lobhudelei“. Natürlich sei viel geleistet worden, von Ost- und Westdeutschen, sagte Bartsch.

Aber dass nach 30 Jahren Ostdeutsche weiterhin länger arbeiten müssen und dafür weniger Geld bekommen, ist eine von vielen nicht akzeptablen Fakten“, sagte er. „Es bleibt viel zu tun.“

Abwanderung und drastischer Geburtenrückgang

Auch auf dem Arbeitsmarkt zeige sich eine zunehmend positive Entwicklung. So sei die Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern überproportional stark zurückgegangen – von 18,7 Prozent im Jahr 2005 auf 6,4 Prozent im August 2019. Im Westen habe es im gleichen Zeitraum einen Rückgang lediglich um rund fünf Prozentpunkte gegeben.

Dies sei allerdings „auch der ungünstigeren demografischen Entwicklung ostdeutscher Regionen zuzuschreiben“. Die in der Vergangenheit erfolgte Abwanderung vor allem junger, gut Qualifizierter sowie „der dramatische Geburtenrückgang zu Beginn der 1990er Jahre“ sei für die neuen Bundesländer „eine erhebliche Belastung“. Dies zeige sich unter anderem in wachsendem Fachkräftemangel: „Von Arbeitsmigration aus dem Ausland profitiert der Westen bislang weit mehr als der Osten Deutschlands.“

Die Regierung zieht in dem Bericht eine positive Bilanz der Entwicklung im Osten nach 1989:

Das Zusammenwachsen Deutschlands und die Angleichung der Lebensverhältnisse sind seither weit vorangekommen.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte, die besorgniserregenden Werte für das Demokratie-Empfinden im Osten hätten auch „viel mit den Versäumnissen der Bundesregierung im ländlichen Raum zu tun“. Nötig sei eine Stärkung der Infrastruktur im ländlichen Raum mit besserem Öffentlichen Personen-Nahverkehr, schnellem Internet und Gesundheitsversorgung. „Menschen in abgehängten Regionen vertrauen keinem Staat, der sie augenscheinlich vergessen hat“ (afp)



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