Selbstbedienungsladen für Anti-Rechts-Initiativen? Insiderin deckt auf

Das Bundesfamilienministerium ist verantwortlich für die Verteilung von Millionen an Steuergeldern für Projekte zur Förderung und Stärkung der Demokratie. Insider-Berichte decken nun einen erschreckenden Mangel bei der Verwaltung und Kontrolle dieser Mittel auf.
Lisa Paus hat sich für die Kindergrundsicherung eingesetzt.
Der „Kampf gegen Rechts“ steht bei Bundesfamilienministerin Lisa Paus hoch im Kurs. Millionen an Steuermitteln stehen dafür zur Verfügung.Foto: Michael Kappeler/dpaNachrichtenagentur
Von 13. April 2024

Schleife ist ein Dorf im Landkreis Görlitz, nahe der polnischen Grenze. Kaum einer dürfte diesen kleinen Ort kennen. Dort hat das Referat 602 des „Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ (BAFzA) seinen Dienstsitz. Diese Behörde ist dem Bundesfamilienministerium angegliedert.

Das Referat 602 ist eine sogenannte Regiestelle, die Millionen Steuergelder an Stiftungen, Vereine und Initiativen verteilt. Konkret geht es um Projekte, die der „Förderung des Erhalts und der Stärkung der Demokratie“ dienen sollen. So heißt es zumindest in den Richtlinien für das sogenannte Bundesprogramm „Demokratie leben“. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bezeichnete dieses Programm einmal im Bundestag als „zentralen Anker für Demokratieförderung und Prävention gegen Extremismus“. Es sind hohe Summen, die seit 2015 in das Bundesprogramm geflossen sind.

Waren es anfangs 40,5 Millionen Euro, die es jährlich zu verteilen gab, sind es inzwischen 182 Millionen Euro. Seit Programmstart sind so inzwischen über eine Milliarde Euro in das Bundesprogramm geflossen. Verwunderlich, dass es bisher kaum einen Menschen interessierte, was mit dem Geld passiert und wie es verwaltet wird. 

Vieles durchgewunken, weil es das Ministerium wollte

Der frühere Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, hat dieses Programm im „Focus“ einmal etwas genauer unter die Lupe genommen. In seinem Bericht kommt eine Insiderin zu Wort, die einige Zeit bei der Regiestelle in Schleife gearbeitet hat. Sie legt offen, wie unverantwortlich man dort offensichtlich mit Steuergeldern umgegangen ist. 

Insgesamt 60 Mitarbeiter sollen in Schleife dafür sorgen, dass die Millionen des Steuerzahlers ordnungsgemäß und zweckentsprechend ausgegeben werden. Die Vergabepraxis hätte aber vielfach nicht den Vorschriften entsprochen, sagt Laura G. im „Focus“. Auch die Kontrolle sei völlig unzureichend gewesen. „Wir haben vieles durchgewunken, weil das Ministerium es so wünschte“, erinnert sich die junge Frau. Da es um hehre Ziele wie Demokratieförderung und den „Kampf gegen rechts“ gegangen sei, habe niemand so genau hingeschaut.

Auf der Website des Ministeriums gibt es eine Suchmaske, in der man die geförderten Projekte finden kann. Klickt man nach der Suche auf einen Projektnamen, findet man dort die Kurzbeschreibung und die genehmigte Fördersumme. Wie das Familienministerium angibt, sind es mehr als 5.000 Projekte und Maßnahmen, die das Programm „Demokratie leben!“ fördert. Mit Transparenz scheint es aber zu hapern.

Auch das Ministerium scheint sich im „Kampf gegen Rechts“ nicht in die Karten schauen lassen zu wollen. So zumindest der Eindruck der ehemaligen Mitarbeiterin im brandenburgischen Schleife. „Eigentlich sind die Projekte zur Transparenz verpflichtet. Doch so gut wie kein Träger veröffentlicht seinen Jahresbericht.“ 

Keine Transparenz der geförderten Projekte

Tatsächlich ist es so: Eine kurze Stichprobe bei den Zuwendungsbegünstigten ergab, dass die meisten über eine eigene Website verfügen. Ein öffentlich einzusehender Jahresbericht ist aber Fehlanzeige. 

Selbst die Regiestelle, die in regelmäßigen Abständen einen Bericht anfordert, wurde nur sehr eingeschränkt unterrichtet. „Im Jahresbericht steht zum Beispiel: Es wurden 20 Veranstaltungen durchgeführt.“ Einen Veranstaltungsbericht wie anderswo vorgeschrieben habe niemand liefern müssen. 

Die ehemalige Mitarbeiterin geht aber noch einen Schritt weiter. Schon bei der Bewilligung von Förderanträgen habe es Ungereimtheiten gegeben. Eigentlich sieht das Förderprogramm vor, dass die Stiftung, Verein oder Initiative zwingend einen Eigenanteil beisteuern müssen, damit der Antrag bewilligt werden kann. Bei der Auflegung des Programms schrieb das Ministerium damals zehn Prozent der Fördersumme vor. Das ist ein relativ geringer Anteil. Offensichtlich wurde auf diesen Anteil aber auch verzichtet: Laura G. sagt jedenfalls: „Wenn das Ministerium ein Projekt unbedingt wollte, reichte es, dass der Antragsteller erklärte, dass er sich um weitere Mittel bemüht hat.“

Diesen Zustand rügte im November 2022 auch schon der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht „Förderung von Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie im Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘“ Bei fast einem Fünftel der untersuchten Projekte sei den Trägern der Eigenanteil ganz oder teilweise erlassen worden. Fünf Forschungseinrichtungen hätten sogar eine Vollfinanzierung bekommen. „Die Arbeit der Institute wurde von uns komplett finanziert, obwohl sie in ihren Berichten oft nur die Jahreszahlen austauschten“, erinnert sich Laura G. 

Wirkliche Erfolgskontrolle gibt es nicht

Über das Förderprogramm finanzieren sich auch Vereine und Stiftungen. Als Eigenanteil wurde etwa ein vorhandenes Büro angegeben. Aus den dann bewilligten Fördermitteln wurden Mitarbeiter bezahlt. „Viele Vereine schieben ihre Stellen einfach in die Projekte rein“, berichtet G. „Ob ein Mitarbeiter dann für das Projekt oder den Verein arbeitet, kann niemand kontrollieren.“

Auch mit Abrechnungen scheint man im Ministerium großzügig umzugehen. G. berichtet im „Focus“, dass ein Verein 20.000 Euro für eine Onlineveranstaltung berechnet habe. Niemand habe dagegen Einwände erhoben.

Der Bundesrechnungshof kritisiert in seinem Bericht von 2022, dass über ein Drittel der Mittelempfänger nicht fristgerecht nachgewiesen hat, wofür das Geld verwendet wurde. 67 Prozent der Nachweise seien nicht innerhalb der vorgeschriebenen drei Monate überprüft worden.

Besonders bemängelt der Rechnungshof die fehlende Erfolgskontrolle. Schon 2019 wurde im damaligen Prüfbericht kritisiert, dass die Förderziele in der Richtlinie zu allgemein und vage seien und daher nicht messbar. Drei Jahre später kam der Rechnungshof erneut zu dem Schluss, dass eine sachgerechte Zielerreichungskontrolle nicht möglich sei, da konkrete und mit geeigneten Indikatoren unterlegte Ziele sowie ein dokumentierter Ausgangszustand fehlten.

G. bestätigt, dass es keine wirkliche Erfolgskontrolle gibt. Die Regiestelle überprüfe lediglich, ob die geplanten Maßnahmen durchgeführt wurden. Einige Träger gaben an, vier Veranstaltungen „vorgeplant“ zu haben, und werteten dies als 80 Prozent Zielerreichung, obwohl keine einzige Veranstaltung stattfand.

Einmal wollte das Ministerium mehr über ein Projekt wissen und es stellte sich heraus, dass der geplante Podcast nie veröffentlicht wurde. Trotzdem wurde eine Nachfrist gesetzt und eine Rohdatei wurde als Erfolgsnachweis akzeptiert.

In einem anderen Fall wurde Geld für Seminare in Gefängnissen bewilligt, die jedoch nicht stattfinden konnten, da die Anstalten die Mitarbeiter nicht hereinließen. Die Begründung lautete: „Ihr erklärt den Gefangenen, sie sind alle ‚Opfer des Systems‘.“ Als die Regiestelle die Förderung stoppen wollte, erklärte das Ministerium: „Aber wir brauchen diese Organisation.“

Es fehlt kritische Distanz zu den Projekten

Das Auswahlverfahren sei ebenfalls intransparent. Auf der Website gebe es dazu keine Informationen. Laut G. prüft der Referent die Anträge und trifft eine Vorauswahl, die endgültige Entscheidung liege beim Ministerium, wie es auch in der Richtlinie festgelegt ist.

Seit 2013 wird das Familienministerium von der SPD geführt. Im Dezember 2021 wechselte es zu den Grünen. Laura G. war überrascht, als sie bei Beratungen nicht auf Beamte, sondern auf politische Aktivisten traf. „Über die Projekte entscheiden keine Wissenschaftler“, kritisiert sie rückblickend. „Es fehlt die kritische Distanz. Ausschlaggebend ist das richtige Weltbild.“ Hinzu kämen politische Einflussnahmen von außen, insbesondere durch Abgeordnete.

Die Politisierung des Ministeriums und die großzügigen Haushaltsmittel hätten dazu geführt, dass das Programm „Demokratie leben!“ zu einer Art Selbstbedienungsladen für rot-grüne Institutionen geworden sei. 

Beispielsweise erhielt die Schwarzkopf-Stiftung des ehemaligen SPD-Politikers André Schmitz 2,5 Millionen Euro, der Verein des früheren SPD-Regierungssprechers Uwe-Karsten Heye, „Gesicht zeigen“, 1,9 Millionen Euro, und die „NaturFreunde Deutschlands“ knapp eine Million Euro. Die Amadeu Antonio Stiftung erhielt mit 2,7 Millionen Euro besonders viel.

Wie das Bundesfamilienministerium kürzlich mitteilte, wird das Förderprogramm D„emokratie leben!“ auch 2025, dann in der dritten Förderperiode, fortgesetzt. Erstmals sollen Antragsteller dann bis zu acht Jahre lang gefördert werden. 



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