Grundgesetz in Gefahr? Faeser und Paus wollen Druck auf „Feinde der Demokratie“ erhöhen

Für „Rechtextremisten“ in Deutschland soll es noch ungemütlicher werden. Ein neuer 13-Punkte-Plan von Innenministerin Faeser setzt auf „Prävention und Härte“. Und Familienministerin Paus will über das Demokratiefördergesetz die Grenzen der Meinungsfreiheit im Netz ausloten.
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Das Archivbild zeigt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem früheren Auftritt auf der Bundespressekonferenz.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 13. Februar 2024

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am 13. Februar 2024 auf der Bundespressekonferenz (BPK) ein neues Maßnahmenpaket vorgestellt, das „unsere offene Gesellschaft gegen ihre Feinde […] verteidigen“ soll. Der Titel des Pakets: „Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen – Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen.“

Die größten „Feinde“ sieht Faeser wie gewohnt auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Thomas Haldenwang (CDU), der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), und Holger Münch (parteilos), der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), assistierten Faeser bei ihrer Präsentation. Dabei ließen alle drei keinen Zweifel daran, wohin die Reise gehen soll – nämlich in Richtung „Prävention und Härte“:

Wir sollten rechtsextremistische Netzwerke so behandeln wie Gruppierungen der Organisierten Kriminalität. Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen. Das bedeutet, jeden Rechtsverstoß konsequent zu ahnden. Das kann nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch Ordnungsbehörden wie die Gaststätten- oder Gewerbeaufsicht geschehen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz verstärkt hierfür seine Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden vor Ort. Bei Rechtsextremisten jeden Stein umzudrehen – das muss der Ansatz sein.“ (Nancy Faeser)

Noch mehr Verbote

13 Maßnahmen, nicht alle taufrisch, stehen in der Liste, die Faeser mit der gesamten Kraft des bundesrepublikanischen Beamtenapparats umsetzen will.

Punkt 1, „Resilienz der Demokratie stärken“, greift insbesondere die jüngste Debatte auf, nach der Vertreter der Ampelregierung und der Union im Bundestag verhindern wollen, dass eine Partei wie die AfD im Fall eines Wahlerfolgs Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bekommen könnte. Eine entsprechende Grundgesetzänderung biete sich an, schreibt das BMI.

Den „ganzheitlichen Ansatz“ aus Punkt 2 erläutert das BMI mit einem Beispiel: Auf Hinweis des BfV sollen unterrangige Behörden bis hin zur Gaststättenaufsicht „verstärkt“ dafür sorgen, dass „rechtsextremistische Veranstaltungen untersagt werden“.

Aus- und Einreisesperren sollen kommen

Erst vor wenigen Tagen hatte die Stadt Potsdam für Schlagzeilen gesorgt, weil sie mit dem österreichischen Aktivisten und Autor Martin Sellner einen EU-Bürger an der Einreise auf deutschen Boden hindern will. Genau das soll nach Punkt 4, „Transnationale Vernetzungen stören“, künftig „so weit wie möglich“ erlaubt sein, ebenso ein Ausreiseverbot für „Rechtsextremisten“. Das BMI bemühe sich schon jetzt in Zusammenarbeit mit den „Landesbehörden“ darum.

Um die „Finanzquellen rechtsextremistischer Netzwerke“ gemäß Punkt 3 „auszutrocknen“, soll auch das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) geändert werden. Es soll in puncto „Finanzmaßnahmen“ nicht mehr nur für „volksverhetzende und gewaltorientierte Bestrebungen“ greifen, sondern bereits bei einem gewissen „Gefährdungspotenzial“ aktiviert werden können. Als Maßstab sollen „Faktoren wie Aktionspotenzial und gesellschaftliche Einflussnahme“ berücksichtigt werden. Das solle „schneller und unbürokratischer“ als bisher geschehen.

Disziplinarklageverfahren entfällt, Waffenrecht wird verschärft

Dass „Verfassungsfeinde“ gemäß Punkt 7 „aus dem öffentlichen Dienst“ entfernt werden sollen, müsse ab dem 1. April 2024 mit dem frisch angepassten Disziplinarrecht „konsequent durchgesetzt werden“. Es genüge dann eine „Disziplinarverfügung“: „Das langwierige gerichtliche Disziplinarklageverfahren entfällt.“ Zudem werde der „Bereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ in den kommenden Lagebericht „Rechtsextremisten, ‚Reichsbürger‘ und ‚Selbstverwalter‘ in Sicherheitsbehörden“ einbezogen.

Menschen, die „vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt“ würden, sollen gemäß Punkt 9 („Rechtsextremisten konsequent entwaffnen“) künftig keine Waffen mehr besitzen dürfen. Das Waffenrecht soll entsprechend geändert werden (Gesetzentwurf als PDF-Datei). Dazu gehört nach BMI-Plänen auch das Verbot „kriegswaffenähnliche[r] Halbautomatikwaffen“ und eine neue „Erlaubnispflicht“ für die bisher frei verkäuflichen Armbrüste.

Noch mehr Überwachungsdruck im Netz

Das BKA soll laut Punkt 5 („Hass im Netz bekämpfen“) „konsequent“ weiter dafür sorgen, dass „rechtsextremistische Inhalte aus dem Internet entfernt werden“. Der „Verfolgungsdruck bei Straftaten“ soll weiter erhöht werden. Dafür werde die „Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim Bundeskriminalamt […] weiter ausgebaut“, versprach Faeser.

In die gleiche Richtung zielt eine „neue Früherkennungseinheit der Bundesregierung“, die nach dem Willen Faesers beim BMI angesiedelt werden soll, um „ausländische Manipulations- und Einflusskampagnen frühzeitig zu identifizieren“. Über die angeblich „mehr als 50.000 gefälschte[n] Nutzerkonten“ russischer Herkunft „auf der Onlineplattform X“, über die unter anderem die „Tagesschau“ berichtet hatte, war eine Sprecherin des Auswärtigen Amts allerdings kürzlich die Beweise „aus Sicherheitsgründen“ schuldig geblieben (Video ab circa Minute 17:12 auf YouTube).

Paus will auch „unter der Strafbarkeitsgrenze“ aktiv werden

Nach Recherchen des Nachrichtenportals „NiUS“ plant auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne) eine härtere Gangart im „Kampf gegen rechts“: Künftig sollen Behörden über ihr Bundesprogramm „Demokratie leben!“ auch gegen solche Meinungsäußerungen vorgehen können, die laut Artikel 5 des Grundgesetzes „von der Meinungsfreiheit gedeckt sind“. Paus habe während einer Pressekonferenz zum Thema „Hass im Netz“ gesagt:

Wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Hass im Netz auch unter der Strafbarkeitsgrenze vorkommt. Viele Feinde der Demokratie wissen ganz genau, was auf den Social-Media-Plattformen gerade noch so unter Meinungsfreiheit fällt. Wir als Bundesregierung werden da, wo nötig, Gesetze überprüfen und bei Bedarf auch nachjustieren.“

Die Finanzierung für Paus Pläne solle über das neue „Demokratiefördergesetz“ ausgebaut und gesichert werden, schreibt „NiUS“. Das Parlament müsse dann nicht mehr gefragt werden, bevor das Familienministerium die Gelder an unterstützende Organisationen überweise.

Widerstand von Kubicki und Ploß

Angesichts dieser Pläne nannte der FDP-Vizeparteichef und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki das Demokratiefördergesetz „eine Gefahr für unsere Demokratie“. Er lehne es ab, „dass Frau Paus anhand ihrer eigenen gefühligen Maßstäbe darüber befindet, was im Rahmen unserer Verfassung möglich und nicht möglich ist“, so Kubicki auf Nachfrage von „NiUS“. Und weiter:

Man muss sich schon die Frage stellen, wer eigentlich gefährlicher für unsere Verfassungsordnung ist: Diejenigen, die sich im Rahmen des Erlaubten bewegen, oder diejenigen, die den Rahmen des Erlaubten nach eigenem Gusto beschränken wollen.“

Der CDU-Abgeordnete Christoph Ploß habe sich Kubickis Meinung angeschlossen: „Dieses Gesetz darf niemals beschlossen werden.“ Stattdessen sei mehr Geld für Infrastruktur oder Bildung nötig.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus sieht Bedarf für mehr Prävention gegen Hassrede im Internet.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus sieht Bedarf für mehr Prävention gegen Hassrede im Internet. Foto: Michael Kappeler/dpa

Wenn die Demokratie ein Demokratiegesetz braucht

Der seit Ende 2022 auf Halde liegende Beschluss des „Demokratiefördergesetzes“ soll vom Bundestag „angesichts der aktuellen Entwicklung“ gemäß Punkt 10 „zeitnah“ beschlossen werden. Außerdem soll mit Punkt 11 der neue Sportvereinspreis „Sport mit Haltung“ erstmals verliehen werden. Für ein neues „Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit im Sport“ stelle der Bund für die Jahre 2023 und 2024 „insgesamt 2,5 Millionen Euro zur Verfügung“.

Sogar 22 Millionen statt wie bisher 13 Millionen Euro habe die Regierung bereitgestellt, um den Zentralrat der Juden in Deutschland im Einklang mit Punkt 12 („Antisemitismus entgegentreten“) zu fördern – als Teil des „Engagement[s] zur Stärkung und Sichtbarmachung jüdischen Lebens“. „Zudem fördert die Bundesregierung eine Vielzahl von weiteren jüdischen Akteuren und Projekten“, heißt es in der Pressemitteilung. Auch die „politische Bildung“ sei „im Kampf gegen Antisemitismus unerlässlich“.

Um „Amts- und Mandatsträger“ in erster Linie auf Kommunalebene zu schützen, will das BMI laut Punkt 13 („Angegriffenen Demokratinnen und Demokraten den Rücken stärken“) ebenfalls mehr Geld ausgeben. Ein Teil soll in eine neue „Ansprechstelle“ fließen, die das Deutsche Forum für Kriminalprävention aufbauen soll. Daneben soll das „dauerhafte Dialogformat“ zum „Austausch zwischen kommunalen Akteuren und Bund […] fortgeführt“ werden.

Sämtliche „neuen repressiven wie präventiven Maßnahmen“ bauen nach Auskunft des BMI „auf dem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 2022 auf und reagieren auf die aktuellen Entwicklungen“. Dessen Schwerpunkt hatte noch mehr auf der Vorbeugung gelegen. Weitere Einzelheiten zu dem aktuellen 13-Punkte-Plan sind in einer Broschüre (PDF-Datei) des BMI zu entnehmen.

Auf dem linken Auge blind?

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), warf Faeser vor, zu wenig Augenmerk auf die Gefahren des Linksextremismus, des Islamismus und des damit zusammenhängenden Antisemitismus zu richten. Dabei gehe insbesondere vom islamistischen Extremismus „die größte Gefahr für Terroranschläge aus“.

Zuletzt hatte Faeser unter dem Eindruck antiisraelischer Proteste infolge der Hamas-Angriffe vom 7. Oktober 2023 die radikalislamische Organisation Hamas und das propalästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun verbieten lassen. Die Verbote waren nach Ansicht von „Sicherheitsbehörden“ aber öffentlich zu früh verkündet und intern zu spät organisiert worden: Die Betroffenen hätten genügend Zeit gehabt, um Beweismittel und Geld beiseitezuschaffen.



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