„Teuerste Safari Deutschlands“: Kritik an Kosten der Löwenjagd im Süden von Berlin

Die tagelange Jagd nach einer vermeintlichen Löwin entpuppt sich am Ende als die Jagd nach einem Wildschwein. Die Polizeigewerkschaft übt nun scharfe Kritik an den Kosten des Einsatzes.
Titelbild
Auf Suche in Kleinmachnow am 21. Juli 2023: Löwe, Großkatze, Wildschwein oder Sommerloch?Foto: Christian Mang/Getty Images
Von 22. Juli 2023

Stundenlang konnte man seit Dienstagfrüh die Jagd nach einer vermeintlichen Löwin im Süden von Berlin verfolgen. Am Ende suchten die Einsatzkräfte dann wohl doch eher ein Wildschwein als eine Löwin. Die Gewerkschaft der Polizei übt nun Kritik an den Kosten des Einsatzes.

Bis zu 220 Polizisten waren zeitweilig an der Jagd beteiligt. Dazu kamen noch Hubschrauber, Drohnen, Wärmebildkameras und ein Panzerfahrzeug zum Einsatz. Der Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, ist sauer. In der „Bild“ spricht er von der „teuersten Safari, die es in Deutschlands Wäldern je gegeben hat“.

Für den Steuerzahler kommen schnell 100.000 Euro zusammen

Teggatz erklärt, was der Einsatz am Ende gekostet haben könnte: „Solch ein Einsatz unter Beteiligung von Hubschraubern, Drohnen und mehreren Hundert Einsatzkräften kostet den Steuerzahler schnell mehrere 100.000 Euro.“ Diese hohen Kosten seien nun „verpufft“. Der Polizeigewerkschafter nennt das Vorgehen einen „Skandal“.

Vor allem die Vorgehensweise in Berlin und Brandenburg stößt auf Unverständnis bei Teggatz: „Zunächst einmal hätte man prüfen müssen, ob das Bildmaterial echt ist. Und dann hätte man sofort Forensiker beauftragen müssen, die dann erkennen, ob das eine Großkatze oder ein Wildschwein ist.“

Verärgert fügt Gewerkschafts-Vize hinzu: „Die Kollegen hätten Besseres zu tun gehabt gestern, als eine Schein-Safari zu betreiben.“ Das Geld wäre „besser in die Bekämpfung der Clan-Kriminalität investiert gewesen.“

Die Schuld sieht Heiko Teggatz aber nicht bei der Polizei. Nach seiner Auffassung liegt hier die Verantwortung beim Ordnungsamt. „Der Polizei blieb nichts anders übrig, als die Maßnahmen so zu treffen, denn sie musste davon ausgehen, dass es (das Tier; Anm. d. Red.) eine Bedrohung für Bevölkerung darstellt“, so Teggatz.

Expertise führte Freitag zur Entwarnung

In einem Videoabgleich hatten Experten festgestellt, dass es sich bei dem gesuchten Tier in der Umgebung von Kleinmachnow bei Berlin nicht um eine Löwin handelt. Das sagte Kleinmachnows Bürgermeister, Michael Grubert (SPD), am Freitag auf einer Pressekonferenz. Mithilfe einer Organisation habe es einen Vergleich der Videoaufnahmen mit dem Körperbau einer Löwin gegeben. Zwei Experten hätten daraufhin unabhängig voneinander gesagt, dass auf den Handyvideos keine Löwin zu sehen sei. Unter anderem habe der Verlauf des Rückens des im Video abgebildeten Tieres die Experten zu ihrem Ergebnis gebracht.

Zuvor war am Donnerstagfrüh eine Suche nach einer Löwin ausgelöst worden, nachdem ein Video von der vermeintlichen Löwin in den sozialen Netzwerken aufgetaucht war. Ermittlungsbehörden schätzten den verbreiteten Videoschnipsel als echt ein und starteten die Suche nach dem Tier.

Am Freitagnachmittag dann die plötzliche Wende, nachdem die zwei Experten ihre Einschätzung abgegeben hatten. „Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist“, sagte Bürgermeister Grubert auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. „Es gibt nicht einen Hinweis, der zu irgendeiner Annahme geführt hat, es könnte sich um eine Löwin handeln oder eine Wildkatze, eine große“, so Grubert weiter.

Maßnahmen waren „absolut angemessen“

Den Suchaufwand verteidigte der Bürgermeister aber trotzdem. „Die Maßnahmen sind angesichts des begründeten Anfangsverdachts begründet. Man muss den Aufwand treiben“, machte Kleinmachnows Bürgermeister deutlich. Im Wald waren am Freitag Polizisten mit Maschinenpistolen und Schutzschilden unterwegs.

Auch Brandenburgs Innenminister, Michael Stübgen (CDU), verteidigte die aufwendige Wildtiersuche in Kleinmachnow. Die Maßnahmen seien „absolut angemessen“ gewesen, sagte Stübgen der Deutschen Presse Agentur.

Die Sicherheit der Bevölkerung habe „oberste Priorität“, so Stübgen. Nach den ersten Hinweisen habe man nicht ausschließen können, dass es sich um ein Raubtier handle. „Es wäre auch nicht das erste gefährliche Tier gewesen, das in unserer Region ausgerissen ist“, sagte der Innenminister. Er danke allen beteiligten Einsatzkräften.

Die von Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Heiko Teggatz benannten 100.000 Euro als Einsatzkosten wollte der Brandenburger Innenminister nicht bestätigen. Gegenüber der dpa sagte er, dass er zu den Kosten im Moment noch keine Angaben machen könne, da der Einsatz noch nicht ausgewertet sei.

In Bezug auf die Situation erklärte Innenminister Stübgen, dass die Polizei vorerst weiterhin mit erhöhter Präsenz vor Ort bleiben wird. Die Einsatzstärke werde angepasst, jedoch werde man jederzeit ansprechbar sein, um die Anliegen der Bürger in der Region zu berücksichtigen. Am Samstag wird das Ergebnis der Haar- und Kot-Probe erwartet, welches weitere Aufschlüsse bringen könnte. Die offizielle Warnung vor einem Wildtier ist aber schon am Freitagnachmittag aufgehoben worden.



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