Wochenrückblick: „Vaterunser“ ohne „Vater“? Bilanz im Ahrtal und die persönliche Sicherheit von Mark Zuckerberg

Die USA zahlt 619 Millionen an die Unesco, die EU plant, rückwirkend Bußgelder für unbelegte Klimaaussagen zu erheben und hat zudem noch einen Feldversuch zur digitalen Identität gestartet. Ein unvollständiger Rückblick auf Nachrichten dieser Woche.
Coole Tipps für den Sommer
Wassermelone oder Ventilator?Foto: iStock
Von 15. Juli 2023

Zahl der Pleiten steigt

Im April stieg die Zahl der gemeldeten Insolvenzen um 14,4 Prozent, verglichen mit dem Vorjahresmonat. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Ursachen seien die Rezession und steigende Kreditkosten. Insgesamt waren es 1.428 Unternehmen, die aufgegeben haben. Gläubiger warten insgesamt auf rund 1,3 Milliarden Euro. Verbraucherinsolvenzen gab es 4.906, das waren 5,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Es wird erwartet, dass sich bei Unternehmen die Pleiten fortsetzen. Es wurden im Juni 13,9 Prozent Regelinsolvenzen beantragt (verglichen mit Juni 2022). In die Statistik gehen die Unternehmen, die ihr Geschäft nicht durch eine Insolvenz beenden, nicht mit ein. Die meisten Pleiten gab es in der Logistik oder bei Lageristik-Unternehmen.

Bilanz im Ahrtal

Zwei Jahre nach der Flut im Ahrtal wurden insgesamt rund vier Milliarden Euro Hilfsgelder bewilligt. In NRW waren es 3,1 Milliarden Euro, in Rheinland-Pfalz rund eine Milliarde Euro. In NRW wurden privat Geschädigten rund 715,6 Millionen Euro bewilligt, davon rund 552 Millionen Euro ausgezahlt. Rund 25.000 Anträge seien von Privathaushalten eingegangen, für die Infrastruktur wurden 2,4 Milliarden Euro bewilligt. In Rheinland-Pfalz wurden rund 212,44 Millionen Euro ausgezahlt. Die bewilligten 1,04 Milliarden Euro an staatlichen Fördermitteln beziehen sich auf mehr als 3.200 private Gebäudeanträge, 11.800 Hausratanträge und rund 510 gewerbliche Anträge. Der Schaden durch die Katastrophe beläuft sich insgesamt auf rund 4,3 Milliarden Euro. Damals starben mehr als 180 Menschen. Die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), erklärt: „Die Region befindet weiterhin in einer Ausnahmesituation“, die auch in vielen Bereichen noch Jahre andauern werde. Für den Wiederaufbau brauche es flexible Regelungen und schlankere Verfahren bei Antrags- und Genehmigungsprozessen, mahnt sie.

USA wieder in Unesco

Nach mehrjähriger Abwesenheit sind die USA wieder zahlendes Vollmitglied der Unesco. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte 2018 den Austritt der USA aus der Unesco veranlasst. Ende Juni 2023 stimmte eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten bei einer Sondersitzung für die Wiederaufnahme der USA. Zehn Länder waren dagegen, unter anderem Russland, China, Syrien und Nordkorea. Die USA hatten bereits 2011 ihre Beitragszahlungen eingestellt, die 22 Prozent des Unesco-Haushaltes ausmachten. Hintergrund war ein Streit über die Anerkennung Palästinas als Vollmitglied der Kulturorganisation. Sowohl Israel als auch die USA verließen die Unesco letztlich aus diesem Grund. Washington hat sich verpflichtet, seine ausstehenden Mitgliedsbeiträge in Höhe von 619 Millionen Dollar zu begleichen. Dies ist mehr als das Jahresbudget der Unesco, das bei 534 Millionen Dollar liegt.

Finanzamt hofft auf 910 Millionen Euro

Die globale Mindestbesteuerung für große Unternehmen soll neues Geld in die Kassen spülen. Finanzminister Christian Lindner rechnet, dass im ersten Jahr, also 2025, noch Kosten von rund 50 Millionen Euro entstehen könnten. Im Jahr 2026 sollen dann rund 910 Millionen in die Staatskassen fließen, 2027 rund 535 Millionen und 2028 rund 285 Millionen. Künftig müssen laut dem Mindeststeuergesetz alle international agierenden Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Darunter fallen früheren Angaben zufolge 600 bis 800 deutsche Firmen. Die Regelung ist unabhängig davon, wo die Gewinne entstehen. Das Gesetz ist von Kabinett, Bundestag und Bundesrat noch nicht beschlossen, sondern noch im Entwurfsstadium. Deutschland sei aber verpflichtet, die Richtlinie der EU umzusetzen, hieß es im Finanzministerium.

Die kleine Eisbärin steht neben Eisbärenmutter Victoria im Tierpark Hagenbeck.
Ein neuer kleiner Eisbär verzaubert Tierparkbesucher: Die kleine Eisbärin neben Eisbärenmutter Victoria im Tierpark Hagenbeck in Hamburg. Foto: Marcus Brandt/dpa

Rückwirkende Bußgelder

Die EU plant, rückwirkend Bußgelder für unbelegte Klimaaussagen zu erheben. Die Bußen können bei Firmen zwei bis vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Grund ist, dass laut Studien mehr als die Hälfte der Werbeaussagen zur Klimafreundlichkeit „vage, irreführend oder unfundiert“ seien. Werbesprüche wie „klimafreundlich“ oder „CO₂-neutral“ sollten künftig vorab von einer unabhängigen Prüfstelle kostenpflichtig zertifiziert werden. Das bedeutet, dass die Beweislast von Werbeaussagen umgekehrt wird; bisher musste Firmen im Fall von unlauterer Werbung eine Aussage entsprechend nachgewiesen werden. Diese Richtlinie gegen Greenwashing könnte für die Wirtschaft zu einem Millionenrisiko werden – etwa in der Größenordnung des Dieselskandals. Zumindest ist das der Vergleich, den Christoph J. Crützen, Partner der Kanzlei Mayer Brown in Düsseldorf, zieht. Aktuell werden noch letzte Details zwischen dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten geklärt. Die Deutsche Umwelthilfe begrüßt die neue Vorschrift.

Jeder vierte bleibt öfters im Homeoffice

24,2 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland waren im Jahr 2022 zumindest gelegentlich im Homeoffice, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Damit war der Anteil nur geringfügig niedriger als im Jahr zuvor (24,9 Prozent), das noch deutlich von Corona-Maßnahmen wie der zeitweise geltenden Homeoffice-Pflicht geprägt war. Gegenüber dem Vor-Corona-Niveau hat sich der Anteil nahezu verdoppelt: 2019 hatten noch 12,8 Prozent der Erwerbstätigen im Homeoffice gearbeitet, im ersten Corona-Jahr 2020 waren es 21,0 Prozent. Im internationalen Vergleich lag Deutschland über dem EU-weiten Durchschnitt von 22,6 Prozent aller Erwerbstätigen. In den Niederlanden (53,2 Prozent), in Schweden (45,0 Prozent) und in Finnland (40,6 Prozent) war der Homeoffice-Anteil am höchsten.

Groß angelegter Feldversuch

Die EU hat einen Feldversuch zur digitalen Identität gestartet. Aktuell werden fünf Nutzerszenarien einer digitalen Wallet – einer digitalen Brieftasche – getestet. Das sind: das Ausweisen mittels digitaler ID bei Verwaltungen, Banken (für eine Kontoeröffnung), Providern (Freischaltung einer SIM-Karte) und Autovermietern (über den digitalen Nachweis der Fahrerlaubnis). Beim fünften Szenario geht es darum, eine qualifizierte elektronische Signatur zu erstellen. In Deutschland sind derzeit die Mobilfunkbetreiber O₂ Telefónica, Telekom und Vodafone beteiligt. Datenschützer sehen das Projekt kritisch. Sie befürchten unter anderem, dass eine europäische ID-Lösung dazu beitragen könne, die Menschen über verschiedene Dienste hinweg zu verfolgen. Vor allem zwei Punkte sind aufgrund großer Widerstände im Gespräch: Ob eine dauerhafte Personenkennziffer für die ID-Wallet kommt, die als „Seriennummer für Menschen“ kritisiert wurde, und ob Blockchain-Technik für die Speicherung genutzt wird. Ziel der EU ist eine standardisierte ID-Lösung innerhalb ganz Europas.

Waffen für die Ukraine

Deutschland ist nach den USA zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine. Beim NATO-Gipfel in Vilnius am 11. Juli wurde bekannt, dass Deutschland weitere Waffen und Munition im Wert von knapp 700 Millionen Euro in die Ukraine liefern wird. Unter anderem bekommt die Ukraine von Deutschland weitere 40 Schützenpanzer vom Typ Marder, 25 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1A5 und fünf Bergepanzer sowie zwei Startgeräte für Patriot-Flugabwehrraketen der Bundeswehr. On top gibt es noch 20.000 Schuss Artilleriemunition und 5.000 Schuss Nebelmunition sowie Aufklärungsdrohnen und Mittel zur Drohnenabwehr. Auf die Forderungen der Ukraine, auch Taurus-Marschflugkörper ins Kriegsgebiet zu liefern, ist Berlin bislang nicht eingegangen, da diese mit ihrer Reichweite von 500 Kilometern russisches Territorium erreichen können.

Wochenrückblick: „Vaterunser“ ohne „Vater“? Bilanz im Ahrtal und die persönliche Sicherheit von Mark Zuckerberg
Oberirdisch unscheinbar: Das köstliche Geheimnis der Palme Pinanga subterranea liegt unter der Erde. Foto: Kuhnhäuser et al. (2023); CC BY 4.0
Was denken Sie über die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil:

Neu entdeckt, seit Langem bekannt

Auf Borneo haben Forscher eine Palme entdeckt, deren Blüten und Früchte unterirdisch wachsen. Während das eine oder das andere bei 33 Familien der bedecktsamigen Pflanzen auftritt, sind solche, die vollständig unterirdisch blühen und fruchten, „außergewöhnlich ungewöhnlich“, so die Forscher. Pinanga subterranea, so der Fachname, ist jedoch keineswegs unbekannt: Unter Einheimischen war die Untergrundpalme „mit mindestens vier unterschiedlichen Namen und in mindestens drei unterschiedlichen Sprachen bekannt“ und wurde für ihre leuchtend roten süßlichen Früchte geschätzt – die auch unter der Erde zu finden sind.

Der beste und der unpünktlichste Airport

Als bester Flughafen in Europa, also derjenige mit den wenigsten Verspätungen und Stornierungen, gilt der Flughafen Helsinki-Vantaa (HEL). Hier hatten nur 18 Prozent der Flüge Störungen, etwas mehr als jeder fünfte. Relativ reibungslos funktionierten auch Düsseldorf (DUS, 22 Prozent) und Oslo Gardermoen (OSL, 24 Prozent). Am Airport Berlin Brandenburg (BER) war mehr als jeder dritte Flug (34 Prozent) gestört. Laut der Untersuchung des Passagierrechtsunternehmen AirHelp rangiert an der Spitze der unpünktlichsten Flughäfen der britische Flughafen London Gatwick (LGW), wo es bei mehr als jedem zweiten Flug (54,5 Prozent) Schwierigkeiten gab. Weitere Flughäfen mit ähnlichen Werten sind Lissabon Humberto Delgado (LIS, 51 Prozent), Kopenhagen Kastrup (CPH, 51 Prozent) und Paris Charles de Gaulle (CDG, 50,6 Prozent). In Frankfurt am Main gab es bei 43 Prozent der Flüge Störungen.

40 Millionen Dollar

Für die persönliche Sicherheit von Mark Zuckerberg hat das Unternehmen Meta in den vergangenen drei Jahren mehr als 40 Millionen Dollar ausgegeben. Das berichtet die „New York Post“. Zudem spendete Zuckerberg drei Millionen Dollar verschiedenen alternativen Polizeigruppen wie PolicyLink, die im Hintergrund von DefundPolice.org stehen. Diese Gruppe erklärt auf ihrer Website, „die Rolle der Polizeiarbeit in Gemeinden zu verringern und alternative Visionen für die öffentliche Sicherheit“ stärken zu wollen. Er spendete auch 2,5 Millionen Dollar an die Gruppe Solidaire, die behauptet, im Juni 2022 eine bedeutende Rolle bei der Entziehung des Budgets des Oakland Police Department von 18 Millionen Dollar gespielt zu haben. Zuckerberg, der als Jiu-Jitsu-Meister trainiert, kann das Geld dazu verwenden, um „zusätzliches Personal, Ausrüstung, Dienstleistungen, Wohnverbesserungen“ und andere sicherheitsbezogene Bedürfnisse zu bezahlen.

Wochenrückblick: „Vaterunser“ ohne „Vater“? Bilanz im Ahrtal und die persönliche Sicherheit von Mark Zuckerberg
Menschen suchen Schutz auf dem Dach eines Tempels, nachdem in Indien der Fluss Yamuna nach schwerem Monsunregen in Neu-Delhi am 13. Juli 2023 über die Ufer getreten ist. In Indien kamen bisher in der Regensaison mindestens 66 Menschen ums Leben, wie die Regierung am 12. Juli mitteilte. Dutzende ausländischer Touristen sind im Himalaya gestrandet, nachdem die Überschwemmungen Straßenverbindungen unterbrochen hatten. Foto: ARUN SANKAR/AFP via Getty Images

90 Tage Gesundheitsnotstand

Peru hat für 90 Tage den Gesundheitsnotstand ausgerufen. Ursache ist eine ungewöhnliche Zunahme von Fällen des Guillain-Barré-Syndroms. Betroffen sind alle 25 Regionen des 33-Millionen-Einwohner Staates. Vier Menschen seien bereits daran gestorben, die Zahl der Erkrankten nähert sich 200. Die neurologische Erkrankung zeichnet sich durch eine zunehmende Muskelschwäche aus, die sich binnen zwei bis vier Wochen verstärkt und das Atemsystem beeinträchtigt. Eines der häufigsten Symptome ist Kribbeln und Kraftlosigkeit in den Extremitäten. In den vergangenen Monaten wurde das Guillain-Barré-Syndrom wiederholt mit Impfungen gegen COVID-19 in Verbindung gebracht. Die Ausrufung des Notstands ermöglicht den Kauf von Immunglobulinen zur Behandlung. Wird die Krankheit behandelt, kann sie in der Regel auch geheilt werden.

„Vaterunser“ ohne „Vater“?

Der anglikanische Erzbischof von York, Stephen Cottrell, sieht die Anrede am Anfang des bekanntesten christlichen Gebetes kritisch. Wegen seiner patriarchalischen Formulierung könne es belastend auf Menschen wirken. Das sagte Cottrell laut den britischen Medien in York während seiner Eröffnungsrede der Generalsynode der Kirche von England am 7. Juli. „Ich weiß, dass das Wort ‚Vater‘ für diejenigen problematisch ist, deren Erfahrungen mit irdischen Vätern zerstörerisch und missbräuchlich waren, und für alle von uns, die etwas zu sehr unter einem erdrückenden patriarchalischen Griff auf das Leben gelitten haben.“ Andererseits, wenn „dieser Gott, zu dem wir beten, der ‚Vater‘ ist, dann sind alle Christen ‚Familienmitglieder im Haushalt Gottes‘.“ Seine Worte regten eine Debatte darüber an, ob manche Kirchenführer ihre Gedanken eher aus ihrer Kultur statt der Heiligen Schrift ableiten.

Öffentliche Verwaltung und KI: abgelehnt

Kommt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei Entscheidungen in der Öffentlichen Verwaltung? Nein. Denn der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause im neuen Onlinezugangsgesetz verworfen, „die Zulässigkeit des Einsatzes algorithmenbasierter Entscheidungsfindung und -vorbereitung in der öffentlichen Verwaltung zu normieren“. Damit sollten Regeln für den KI-Einsatz festgelegt werden. Das Ziel, Verwaltungen zu digitalisieren, bleibe. Allerdings haben die Länder zahlreiche Änderungswünsche am Entwurf der Bundesregierung.

US-Chemiewaffen

Die USA haben die letzten Bestände ihrer Chemiewaffen vernichtet. Mitch McConnell, republikanischer Minderheitsführer im Senat, teilte mit, dass damit die letzten der offiziell bekannten hochgiftigen Kampfstoffe in den USA beseitigt wurden. McConnell ist Senator im US-Bundesstaat Kentucky, wo die Anlage zur Vernichtung der Waffen steht. 1997 hatten sich 193 Staaten in der Konvention zum Verbot von Chemiewaffen verpflichtet, ihre Vorräte zu vernichten und keine Chemiewaffen wie Senfgas oder Sarin einzusetzen. In Den Haag kontrolliert die OPCW (Kontrollbehörde zum Verbot der Chemiewaffen) die Einhaltung der Regeln. Nordkorea, Israel, Ägypten, Südsudan und einige andere Länder haben die Konvention nicht unterschrieben.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion