Drogenhöhlen in der Nachbarschaft

"Das Treppenhaus war mit Blut, Kot und Urin verdreckt, und ihre Spritzen haben sie auch liegen lassen", sagt Carlos. Er lebt im Viertel El Raval in Barcelona.
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Das Viertel El Raval in Barcelona, Spanien.Foto: LOLA BOU/AFP/Getty Images
Epoch Times4. Mai 2018

„Das Treppenhaus war mit Blut, Kot und Urin verdreckt, und ihre Spritzen haben sie auch liegen lassen“, sagt Carlos. Er lebt im Viertel El Raval in Barcelona – neben einem Haus, das bis vor Kurzem von Drogenhändlern und Junkies belagert wurde.

Aus Angst vor den Dealern nennt er seinen Nachnamen nicht. Das Haus in El Raval ist kein Einzelfall. Seit die Immobilienblase in Spanien platzte, stehen viele Wohnungen in den Innenstädten leer. Kriminelle besetzen sie und verwandeln sie in Umschlagplätze für Drogen.

Begoña Sebastián hat das aus nächster Nähe erlebt. Nachdem die Familie in der Wohnung unter ihr ihre Raten nicht mehr bezahlen konnte, musste sie ausziehen. Das Appartement in Lavapiés, einem Viertel in Madrid, gehörte nun der Bank, und die ließ es leer stehen. Dealer brachen ein und begannen, dort Haschisch und Kokain zu verkaufen.

„Das war kein Leben mehr. Du hast mehr Angst zu Hause als draußen“, sagt Sebastián. Drogenhändler und Junkies gingen Tag und Nacht ein und aus und raubten der heute 51-Jährigen den Schlaf. Es gab Schlägereien, Spritzen lagen herum und bald bevölkerten auch Bettwanzen das Haus. „Ich habe nur noch geweint“, sagt Sebastián. Nach drei Jahren Kampf erreichte sie es schließlich Mitte 2016, dass die Dealer rausgeworfen und die Wohnungstür zugemauert wurde.

Doch in der Umgebung gibt es weiter Dutzende Narcopisos, wie die Drogenwohnungen auf Spanisch heißen. Sebastián erkennt sie von außen an den zerbrochenen Fenstern, die mit Karton abgedichtet sind. Die Nachbarn protestieren. Manche hängen Banner an die Fassaden, um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Wie viele Drogenwohnungen es gibt, weiß weder das Innenministerium noch die Polizei zu sagen. Im vergangenen Jahr seien in Madrid 105 Wohnungen geräumt und dabei 314 Menschen festgenommen worden, teilt die Polizei mit. Die katalanische Polizei durchsuchte dieses Jahr nach eigenen Angaben 17 Wohnungen und nahm 34 Menschen fest.

Als die spanische Wirtschaft 2008 nach Jahren des Immobilien-Booms einbrach, wurden tausende Familien aus ihren Häusern geworfen. Die Wohnungen gehören nun meist Banken oder Investmentfonds. Um nicht mit Verlust verkaufen zu müssen, lassen sie die Immobilien leer stehen und setzen auf steigende Preise.

„El Raval ist eines der Viertel, das am stärksten von der Spekulation betroffen ist“, sagt Gala Pin, Stadträtin in Barcelona. „Die Gebäude sind in einem schlechten Zustand, das macht es den Besetzern leichter.“ Um eine Wohnung zu räumen, braucht es eine richterliche Anordnung, die oft erst nach Monaten erteilt wird. Die Stadtverwaltung in Barcelona versucht nun, die Eigentümer leer stehender Wohnungen zu überzeugen, die Wohnungen zu vermieten.

Organisationen, die sich um Drogenabhängige kümmern, fordern derweil, Süchtige besser zu betreuen. Dann wären sie gar nicht erst auf die Dealer in den besetzten Wohnungen angewiesen, sagt Josep Rovira von einer katalanischen Organisation. Schließlich sei Drogensucht „eine Realität, die es immer geben wird“. (afp)



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