Französische Justiz erhöht Druck auf Präsidentschaftskandidaten Fillon

In einer überraschend angesetzten Erklärung in seinem Pariser Wahlkampf-Hauptquartier gab Fillon nun bekannt, dass ihn Untersuchungsrichter für den 15. März vorgeladen haben. Fillon gab sich kämpferisch und beteuerte erneut seine Unschuld.
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"Ich werde nicht nachgeben", sagte Fillon bei einer Pressekonferenz. "Ich werde mich nicht zurückziehen."Foto: Christophe Ena/dpa
Epoch Times1. März 2017

Der französische Präsidentschaftskandidat François Fillon gerät durch Justizermittlungen immer stärker unter Druck,  klammert sich aber weiter an seine Kandidatur. Untersuchungsrichter haben den konservativen Politiker wegen der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau vorgeladen, wie Fillon am Mittwoch bekanntgab. Dann solle ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden. Fillon kritisierte die Justiz scharf und sprach von „politischem Mord“. Sein Rückhalt in den eigenen Reihen schwindet massiv.

Fillon steht seit Wochen wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau Penelope und zwei seiner Kinder unter Beschuss. Die französische Justiz ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der Veruntreuung staatlicher Gelder.

In einer überraschend angesetzten Erklärung in seinem Pariser Wahlkampf-Hauptquartier gab Fillon nun bekannt, dass ihn Untersuchungsrichter für den 15. März vorgeladen haben. Dann solle er formal beschuldigt werden. Nach Angaben aus Ermittlungskreisen wurde auch Fillons Ehefrau vorgeladen.

„Ich gebe nicht auf, ich werde mich nicht zurückziehen“, zeigte sich Fillon kämpferisch und beteuerte erneut seine Unschuld. Zugleich erhob er schwere Vorwürfe gegen die Justiz: Mit den Ermittlungen solle seine Präsidentschaftskandidatur verhindert werden. Es handle sich um „politischen Mord“. „Der Rechtsstaat wird systematisch verletzt“, sagte Fillon. Die Unschuldsvermutung sei außer Kraft gesetzt. Der Vorladung der Untersuchungsrichter will Fillon aber folgen.

Durch die Ausweitung der Ermittlungen gerät Fillon innerparteilich immer stärker unter Druck. Der frühere Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire verkündete am Mittwoch seinen Rückzug aus Fillons Wahlkampfteam und warf dem Kandidaten Wortbruch vor.

Fillon hatte Ende Januar angekündigt, bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auf eine Präsidentschaftskandidatur zu verzichten – davon will er heute aber nichts mehr wissen. Le Maire, der sich im November erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur der Konservativen beworben hatte, war in Fillons Wahlkampfteam für Europapolitik und internationale Angelegenheiten zuständig.

Auch weitere konservative Abgeordnete wandten sich von Fillon ab. Parlaments-Vizepräsidentin Catherine Vautrin forderte, die Partei brauche „einen anderen Kandidaten“.

Politische Gegner reagierten zudem entrüstet auf Fillons Vorwürfe gegen die Justiz. Mitte-links-Kandidat Emmanuel Macron warf dem Konservativen vor, nicht nur die „Nerven“ zu verlieren, sondern auch seinen „Sinn für die Realität“. Der sozialistische Kandidat Benoît Hamon warf Fillon Äußerungen „von unglaublicher Gewalt“ gegen die Justiz vor. Staatschef François Hollande erklärte, er werde nicht zulassen, dass die Justiz so in Frage gestellt werde.

Hierzu vom 25.02.2017:

Ermittlungen gegen französischen Präsidentschaftskandidaten Fillon ausgeweitet

Fillon hatte nach Enthüllungen der investigativen Satirezeitung „Le Canard Enchaîné“ Ende Januar zugeben müssen, seine Ehefrau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt zu haben. Sie soll laut der Zeitung in 15 Jahren rund 830.000 Euro verdient haben, ohne dafür wirklich gearbeitet zu haben. Fillon selbst spricht von rund 680.000 Euro nach Abzug der Sozialbeiträge und weist den Vorwurf der Scheinbeschäftigung entschieden zurück.

Weitere 100.000 Euro soll Penelope Fillon 2012 und 2013 als Mitarbeiterin eines Magazins verdient haben, das einem Freund Fillons gehört. In seiner Zeit als Senator beschäftigte Fillon zudem zwei seiner Kindern als parlamentarische Mitarbeiter und soll ihnen 84.000 Euro aus Staatsgeldern gezahlt haben.

Die baldige Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bedeutet nicht automatisch, dass Anklage gegen den Politiker erhoben wird. Sie zeigt aber, dass die Untersuchungsrichter einen Gesetzesverstoß für wahrscheinlich halten.

Das Ansehen des lange als Präsidentschaftsfavoriten gehandelten Fillon hat durch die Affäre massiven Schaden genommen. In den meisten Umfragen landet der Konservative inzwischen auf dem dritten Platz und würde es damit nicht in die Stichwahl schaffen.

Umfragen sehen für die erste Wahlrunde am 23. April die rechtsextreme Front-National-Chefin Marine Le Pen auf dem ersten Platz, vor Ex-Wirtschaftsminister Macron. In der Stichwahl am 7. Mai würde Macron demnach aber klar gewinnen.

(afp)



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