Nicht einfach «wegfranzeln»: Beckenbauer schweigt

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Franz Beckenbauer ist stärker in die WM-Affäre involviert als zunächst gedacht.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times11. November 2015
Franz Beckenbauer schweigt. „Was fragt’s immer mich?“ So hat der Kaiser oft geschimpft, wenn Journalisten etwas von ihm wollten. Und dann hat er doch geredet. Jetzt sagt Franz Beckenbauer: nichts.

Jetzt, wo ganz Deutschland auf seine Antwort wartet im Skandal um die Vergabe der Fußball-WM 2006. Jetzt muss plötzlich jede Silbe, die er öffentlich von sich gibt, sorgsam abgewogen werden. Beckenbauer verschanzt sich mit Anwälten und Beratern. Sein Manager Marcus Höfl und sein langjähriger Intimus Fedor Radmann spielen dabei keine unwesentliche Rolle.

Wie das System Beckenbauer funktioniert, war beim sogenannten Camp Beckenbauer Anfang Oktober in Kitzbühel zu beobachten. Dort sitzt Höfls Firma MHM Group und veranstaltete zum dritten Mal ein selbst ernanntes Gipfeltreffen des Sports mit Größen wie IOC-Präsident Thomas Bach, Adidas-Boss Herbert Hainer und zahlreichen Fußball-Funktionären wie dem damaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach. Auch Radmann schritt über den Roten Teppich zum Kongresszentrum K3 in dem österreichischen Nobel-Skiort.

Der 71-Jährige saß einst im Organisationskomitee für die WM 2006 und begleitete Beckenbauer auf seiner Welcome-Tour über 132 276 Flugkilometer durch 31 Länder. Wegen Interessenskonflikten gab Radmann 2003 sein Amt als Vize-Chef des WM-OK an Theo Zwanziger ab.

Radmann gehörte schon 1972 zu den Olympia-Organisatoren von München. Er arbeitete später als Berater unter anderem für Adidas und die Kirch-Gruppe und kämpfte mit den Bewerbern in Salzburg (für die Winterspiele 2014) und Australien (für die Fußball-WM 2022). Kurz: Er zählt zu den größten Strippenziehern im Weltsport und weiß, wie man Lobbyarbeit betreibt.

Inzwischen muss sich Radmann ebenso wie Beckenbauer des Vorwurfs erwehren, einen Bestechungsversuch zumindest geplant zu haben. Die Interimsspitze des Deutschen Fußball-Bundes hat den Fund des Dokuments bestätigt, in dem vier Tage vor der Abstimmung zur WM-Vergabe dem inzwischen wegen Korruption gesperrten FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner „diverse Leistungen“ zugesagt werden.

Unterschrieben hat demzufolge das Papier Beckenbauer, den Entwurf paraphiert Radmann. Dieser hatte noch vor wenigen Wochen in der Wochenzeitung „Die Zeit“ gesagt: „Ich könnte beim Leben meiner sechs Kinder beschwören, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass nicht ein Mensch von uns bestochen wurde.“

So sehr Radmann bei seinem Aufstieg von der Nähe zu Beckenbauer profitierte, so untrennbar verbunden ist er nun in der (Erklärungs-)Not mit dem Weltmeister-Spieler von 1974 und -Trainer von 1990. Bei Höfl wiederum hängt ein Großteil seines Geschäftsmodells an der Person Beckenbauer: Der Kommunikationsexperte kam einst über Beckenbauer-Freund Dietrich Mateschitz und Red Bull als Assistent zum Kaiser und vermarktet Beckenbauer seit über zehn Jahren. Die „Entscheidungskraft und Perfektion“ von Beckenbauers verstorbenem Berater Robert Schwan, sagte Höfl einmal, seien sein Vorbild.

Über seinen Mentor und Klienten Beckenbauer sagte Höfl, der auch bekanntgeworden ist durch die Hochzeit mit der ebenfalls von ihm vermarkteten Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch, im ARD-Film zu Beckenbauers 70. Geburtstag: „Ich glaube, dass diese Intuition die größte Fähigkeit ist, die er hat. Er hat immer dieses Gespür gehabt, die richtigen Leute um sich herum zu sammeln.“

Krisenmanagement haben Beckenbauer und seine Berater bereits im vergangenen Jahr betreiben müssen, als das Fußball-Idol von der Ethikkommission der FIFA 90 Tage für sämtliche Tätigkeiten im Fußball gesperrt worden war. Er hatte, so die Begründung damals, bei den Ermittlungen zu den Bestechungsvorwürfen im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar nicht kooperiert.

„Völlig unterschätzt“, räumte Höfl später ein, habe man diese Sache. Das wird bei der Dimension der WM-Affäre kaum passieren. Diesmal kann sich der „Firlefranz“, wie bereits vor 18 Jahren das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ mal ein Porträt über Beckenbauer überschrieb und damit dieses Pseudonym prägte, nicht herausreden.

„Womöglich saß Franz Beckenbauer (70) in diesen Tagen in seinem Haus in Salzburg und dachte sich genervt: Geh, lasst’s mich doch in Ruh’ mit euerm Schmarrn. Vielleicht denkt er es immer noch. Für Beckenbauer gab es ja selten ein Problem, und wenn, dann hat er es weggefranzelt…“, schrieben am Mittwoch die „Vorarlberger Nachrichten“. „Nun aber könnte der Kaiser bald ohne Kleider dastehen und jeder sehen: Die Lichtgestalt hat eine dunkle Seite.“

(dpa)


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