Gewerkschafts-Chef: Ohne Windkraftkonzept drohen Deindustrialisierung und soziale Verwerfungen

Einerseits gibt es den Wunsch nach dem Ausbau erneuerbarer Energien. Andererseits wurden im vergangenen Jahr kaum noch neue Windräder gebaut, auch weil es zahlreiche Klagen gibt. Neue Stromleitungen sind ebenfalls umstritten. Wie soll es weitergehen?
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Windkraftanlagen in der Nähe der Nordseeküste bei Büsum in Schleswig-Holstein.Foto: Carsten Rehder/dpa
Epoch Times28. Januar 2020

Die Gewerkschaft IG BCE hat für mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien einen „Energie-Pakt“ vorgeschlagen und sieht auch Umweltverbände und Grüne am Zug.

„Sie können nicht in den Talkshows ein schnelles Abschalten bestehender Energieträger fordern und den mangelnden Ausbau der Erneuerbaren beklagen – und dann gleichzeitig vor Ort neue Bauprojekte für Windräder oder Leitungen blockieren“, sagte der Vorsitzende der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, der Deutschen Presse-Agentur. Bürgerinitiativen beklagten, ihnen werde zu wenig zugehört.

Vassiliadis sagte, die erneuerbaren Energien müssten dringend deutlich schneller ausgebaut werden. „Dabei spielt die Windkraft als alternativer Energieträger mit großem Potenzial eine zentrale Rolle. Das allein wird aber nicht reichen.“ Deutschland müsse auch beim Ausbau der Netze und bei Zukunftstechnologien wie „grünem“ Wasserstoff vorankommen. Andernfalls seien alle Ausstiegspläne aus konventioneller Stromerzeugung wie der Kohle schnell Makulatur.

Branchenverbände stellen am Dienstagvormittag die offiziellen Ausbauzahlen der Windenergie an Land für das vergangene Jahr vor. Nach vorläufigen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land wurden nur 276 neue Anlagen in Betrieb genommen. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen.

Ohne Konzept droht die Deindustrialisierung

Die Gewerkschaft schlägt nun einen „umfassenden Energie-Pakt“ vor, in dem sich die Politik gemeinsam mit allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen auf einen Pfad für eine erfolgreiche „Energiewende 2.0“ verständigen solle. „Ohne geeintes Konzept drohen nicht weniger als Deindustrialisierung und soziale Verwerfungen“, sagte Vassiliadis. Der Stromkonzern RWE hatte zuvor einen runden Tisch Windenergie angeregt, um den Bau von Windrädern an Land wieder in Gang zu bringen.

Vassiliadis sagte, Klimaneutralität 2050 bedeute eine Vervielfachung des Strombedarfs. Allein die Chemiebranche werde dann mehr Strom benötigen als die ganze Republik heute. Niemand habe bislang ein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie das alles aus Erneuerbaren gedeckt werden solle.

„Wir müssen deshalb jetzt schnellstens vom Abschalten ins Gestalten kommen. Das heißt aber auch: Die Regularien für Windkraft müssen mit dem Ziel der Ausbau-Beschleunigung geändert werden. „Umweltverbände und Grüne müssen sich endlich entscheiden, was sie wollen.“ Es seien nun Konzepte gefragt. „Je erfolgreicher wir dabei sind, desto schneller kann auch die Kohle vom Netz.“

Streit in schwarz-roter Koalition

In der schwarz-roten Koalition gibt es seit Monaten Streit über den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Diesen sehen Politik und Wirtschaft als notwendig an, weil Deutschland bis Ende 2022 aus der Atomkraft aussteigt und bis spätestens 2038 schrittweise aus der klimaschädlichen Kohleverstromung.

Debattiert wird nun darüber, Genehmigungsverfahren zu verkürzen. Außerdem geht es darum, wie die Akzeptanz in der Bevölkerung für Windparks erhöht werden kann – etwa durch einen Mindestabstand von 1000 Metern von Windrädern zur Wohnbebauung.

Vor Ort gibt es viele Bürgerinitiativen gegen Windparks an Land, wie auch gegen neue Stromleitungen. Rainer Ebeling von der Bürgerinitiative Vernunftkraft sagte der dpa, die Genehmigungsverfahren dürften nicht zu Lasten von Umweltbelangen vereinfacht werden. Die Initiative hatte einen 1000-Meter-Mindestabstand bereits als viel zu gering bezeichnet. Sie warnte außerdem vor Gesundheitsgefahren durch Windräder.

Ebeling sagte, man sei grundsätzlich bereit, sich an einem runden Tisch zur Windkraft zu beteiligen – „um mal auf den Tisch zu hauen, denn so kann es nicht weitergehen“. Die Bürgerinitiativen hätten den Eindruck, dass man ihnen nicht richtig zuhöre.

Windkraft-Zubau 2019 auf niedrigstem Stand seit dem Jahr 2000

Der Bau neuer Windkraftanlagen an Land ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 gefallen. Wie die Branchenverbände BWE und VDMA am Dienstag mitteilten, gingen 2019 lediglich 325 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1078 Megawatt ans Netz. Dies waren demnach 55 Prozent weniger als 2018 und 80 Prozent weniger als 2017.

Der Nettozubau war 2019 demnach mit nur 243 Anlagen sogar noch geringer, da zugleich 82 alte Windkraftanlagen abgebaut wurden. Für 50 Bestandsanlagen gab es ein sogenanntes Repowering, also eine Nachrüstung auf in der Regel eine höhere Leistung. Insgesamt ergab sich daraus ein Zuwachs der Nettoleistung für Onshore-Wind von gerade einmal 981 Megawatt, wie der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Fachverband Power Systems des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) weiter mitteilten.

Die Verbände verwiesen auf Schätzungen, wonach der jährliche Zubau durchschnittlich rund 5000 Megawatt betragen müsse, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Dies werde bei Weitem verfehlt. Für 2020 erwarten BWE und VDMA zwar wieder einen leichten Zuwachs, der aber mit schätzungsweise 1400 bis 1800 Megawatt ebenfalls bei Weitem für das Erreichen der Klima- und Energieziele nicht ausreiche.

„Um die Ausschreibungsvolumina mit Projekten zu füllen sowie die Ausbau- und Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die identifizierten und seit Langem bekannten Genehmigungshemmnisse schnellstmöglich beseitigt und mehr Flächen für Windenergieanlagen ausgewiesen werden“, forderte BWE-Präsident Hermann Albers in Berlin.

Neue Hindernisse etwa durch pauschale Abstandsregeln von Wohnbebauung sollten dagegen vermieden werden, verlangten die Verbände weiter. Andernfalls drohe „der Verlust von rund 40 Prozent der potenziellen Windflächen in Deutschland“.

SPD sieht Altmaier als „Problembär“

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Arbeit von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei der Energiewende kritisiert. „Da ist der Wirtschaftsminister eher bisher so ein bisschen der Problembär als der Löser“, sagte Carsten Schneider, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, der RTL/n-tv-Redaktion. Sein Augenmerk liege im nächsten halben Jahr auf der Frage, ob die Energiewende gelinge.

Schneider forderte einen Ausbau der erneuerbaren Energien. „Wenn wir die Kohle abschalten, Atomkraft abschalten, brauchen wir irgendwo eine Grundlast her.“ Bisher nehme er die Union so wahr, dass sie nicht die Verstärkung der Solarenergie oder Windenergie wolle, sondern „ich weiß nicht was“. So könne man nicht Politik machen.

Zudem will der SPD-Politiker etwa eine Abschaffung der Deckelung des Ausbaus der Solarenergie und „richtig Vollgas“ im Bereich der On- und Offshore-Windenergie sowie den „zügigen“ Ausbau der Stromnetze. Schließlich werde der Strombedarf künftig noch größer.

„Ich wünschte mir, der Energieminister macht sich das mal zur Hauptaufgabe anstatt sich um Kassenbons zu kümmern“, sagte Schneider in Anspielung auf die umstrittene Bonpflicht. Vom Koalitionsausschuss am Mittwoch forderte er Signale für eine Stärkung der Konjunktur in Deutschland.

„Ich erwarte mir insbesondere, dass wir bei der Frage der Stimulierung der Wirtschaft – wir haben nur relativ geringes Wachstum in Deutschland – zusätzlich vorankommen“, so der SPD-Politiker weiter. „Das ist eine Frage von Investitionen und Entlastungen.“ Das müssten die Parteivorsitzenden der Koalition aus CDU/CSU und SPD beherzigen.

SPD lehnt Unternehmensteuerreform weiter ab

Eine von Unions-Politikern geforderte Unternehmensteuerreform lehnt Schneider ab. „Wir wollen, dass sich in Deutschland die Kaufkraft erhöht.“ Die Binnennachfrage sei im vergangenen Jahr der entscheidende Schub gewesen. Dies sei insbesondere durch die Senkung von Steuern und Abgaben bei unteren und mittleren Einkommen erreicht worden.

„Bei den Unternehmen sehe ich den Bedarf nicht“, sagte der SPD-Politiker. „Sie haben Rekordgewinne, die genutzt werden, um die Verschuldung runterzufahren oder sie schütten Dividenden aus. Das steuerlich zu fördern, dafür gibt es für mich keinen Anlass.“

Es könne nicht sein, „dass wir ein paar Brosamen haben für Leute mit 20.000 Brutto Jahreseinkommen, und für die ab 200.000 gibt es die dicke Torte“, so Schneider. Eine Entlastung von Familien, von kleineren und mittleren Einkommen, gehe „direkt in die Binnennachfrage und stärkt in Deutschland den Konsum“. Dagegen hätten Steuersenkungen im Unternehmensbereich keine volkswirtschaftliche Wirkung. (dpa/nh)



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