„Explosion der Energiekosten“: Älteste Gießerei Deutschlands meldet Insolvenz an

Die Geschichte der Eisenwerk Erla GmbH geht bis ins Jahr 1380 zurück. Die Gießerei meisterte viele Probleme – jedoch nicht mehr die heutigen. Das älteste Unternehmen von Sachsen meldet die Insolvenz an.
„Explosion der Energiekosten“ – Ältestes Eisenwerk in Sachsen insolvent
Schild der Eisenwerke Erla GmbH. Die hohen Energiepreise führten das traditionsreiche Unternehmen in die Pleite.Foto: Bildschirmfoto YouTube „Trailer Volksflugzeug“
Von 18. März 2023

Als älteste Gießerei Deutschlands meldet nun die Eisenwerk Erla GmbH im sächsischen Schwarzenberg die Insolvenz an. Grund dafür sind vorrangig die in den vergangenen Monaten stark gestiegenen Energiepreise.

Das für den Fall zuständige Amtsgericht Chemnitz hat bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet. Derzeit arbeitet die Geschäftsführung an der Sanierung der Eisenwerk Erla GmbH. Der Sachverwalter, Rechtsanwalt Rüdiger Weiß von der Kanzlei WallnerWeiß, ist beauftragt, den Insolvenzplan zu erstellen.

In den kommenden Wochen wird die Geschäftsleitung gemeinsam mit dem Sachverwalter den Sanierungsplan weiter anpassen. Im Rahmen eines Insolvenzplans wird dieser dann umgesetzt, wie aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervorgeht.

Grundsätzlich läuft das über 600 Jahre alte Gießerei- und Bearbeitungsunternehmen gut. Das Eisenwerk fertigt hochkomplexe Gussteile für Motor- und Antriebsmechanik wie etwa Turboladergehäuse und Abgaskrümmer für die Automobilindustrie her. Zuletzt konnte die Eisenwerk Erla GmbH noch seine Kundenbasis verbreitern und neue Kunden aus den Bereichen Landwirtschaft, Baumaschinen und Elektroinfrastruktur sowie Maschinenbau gewinnen. Der Betrieb mit rund 300 Mitarbeitern war bisher überwiegend als Automobilzulieferer tätig.

Vor der Insolvenz befand sich das Unternehmen bereits seit einiger Zeit unter einem finanziellen Schutzschirm. Wie „Focus“ berichtet, reduzierte sich der Umsatz des Unternehmens dennoch um vier Millionen auf 51,3 Millionen Euro. Der Verlust betrug dabei rund zwei Millionen Euro.

Eisenwerk

Einblick in eine Gießerei. Foto: iStock

Krisen mit neuem Ausmaß

In seiner jahrhundertelangen Geschichte hatte das Unternehmen verschiedenste Krisen wie etwa die beiden Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise von 1929 überstanden. Eine zu große Hürde stellten aber die vielen Krisen der letzten drei Jahre dar. Die Corona-Maßnahmen, der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Lieferkettenprobleme sowie vor allem die Verteuerung von Rohstoffen und die Explosion der Energiekosten waren zu viel in zu kurzer Zeit.

Der jährliche Verbrauch des Eisenwerks für Strom und Gas soll rund 40 Millionen Kilowattstunden betragen, wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet. Die Industriegewerkschaft Metall sieht die Industriestrompreise in Deutschland bereits seit einiger Zeit als kaum mehr finanzierbar. Daher hatten erst am letzten Donnerstag, 9. März, rund 400 Stahlbearbeiter aus sechs Betrieben im sächsischen Riesa demonstriert.

Trotz der Schwierigkeiten will die Eisenwerk Erla GmbH ihren Geschäftsbetrieb uneingeschränkt fortführen. Sämtliche Arbeitsplätze bleiben laut dem Unternehmen erhalten. Auch Neueinstellungen finden derzeit statt und weitere sind geplant.

Die Gespräche mit über 50 Kunden zu Vertrags- und Preisanpassungen sollen bislang erfolgreich verlaufen sein. Somit blickt die Geschäftsführung zuversichtlich in die Zukunft und rechnet mit einer erfolgreichen Sanierung des Unternehmens.

Die Eisenwerk Erla GmbH ist die älteste noch produzierende Gießerei Deutschlands. Eine erste urkundliche Erwähnung des Eisenwerks in Erla stammt bereits aus dem Jahr 1380. Das Traditionsunternehmen ist einer der größten Arbeitgeber in der Region.

Stahlindustrie in herausforderndem Umfeld

Marvin Bender, Pressesprecher der Wirtschaftsvereinigung Stahl, informierte die Epoch Times auf Anfrage über die herausfordernden Bedingungen in der Stahlbranche. Die Bilanz der Stahlmengenkonjunktur in Deutschland fiel 2022 erneut negativ aus. Dabei wird die Abschwächung bereits als Industrierezession betrachtet.

Die Stahlmengenkonjunktur brach insbesondere in den letzten beiden Quartalen des vergangenen Jahres ein. Die Rohstahlerzeugung lag bei 17,3 Millionen Tonnen. Das sind rund 11 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Diese erzeugte Menge ist die niedrigste Halbjahreserzeugung seit der Wiedervereinigung 1989.

Ebenso hatte die Branche im Jahresverlauf deutlich weniger Aufträge. Beim Walzstahl betrug der Rückgang 12,4 Prozent. Die Anzahl der Bestellungen fiel wieder unter das Niveau der Corona-Pandemie.

Doch auch international ging die Stahlmengenkonjunktur zurück, teilte die Wirtschaftsvereinigung mit. So ist die Rohstahlerzeugung im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr weltweit um gut 4 Prozent gesunken. Das ist seit 2015 das erste Minus.

Wie die wirtschaftliche Situation bei den Unternehmen in der Branche aussieht, konnte Bender nicht beantworten. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl vertritt lediglich „die politischen Interessen der stahlerzeugenden Unternehmen in Deutschland“. Marktnahe Informationen erhebe die Wirtschaftsvereinigung nicht.

Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft

In der Europäischen Union ist Deutschland der größte Stahlhersteller. Das Land zählt zu den zehn größten stahlerzeugenden Ländern der Welt. Laut der Wirtschaftsvereinigung Stahl ist die Stahlbranche eine wichtige Basisindustrie für viele Wertschöpfungsketten und gilt zugleich als „das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft“. Mit rund vier Millionen Beschäftigten füllen die stahlverarbeitenden Branchen zwei von drei Industriearbeitsplätzen in Deutschland.

Deutschland ist mit einer jährlichen Produktion von knapp 37 Millionen Tonnen Rohstahl (im Jahr 2022) der achtgrößte Stahlhersteller weltweit. Besonders die hohen Energiepreise sind deshalb wie Gift für die Branche, da hierzulande rund 70 Prozent des Stahls in energieintensiven Hüttenwerken, also Hochöfen, Stahl- und Walzwerken, erschmolzen werden. Die verbleibenden 30 Prozent produziert die Branche über die Elektrostahlroute.

Die Erzeugung von warmgewalzten Stahlerzeugnissen betrug im Jahr 2020 circa 31 Millionen Tonnen. Mit einem Anteil von knapp 40 Prozent ist Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit der größten Stahlerzeugung.



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