Ursachen für den Einbruch an der Börse in China

„Rette sich jeder aus dem chinesischen Aktienmarkt solange er kann“
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(AP Photo/Eugene Hoshiko)

Der chinesische Aktienmarkt stürzte am 18. August erneut in einen schwarzen Montag. Der als Richtwert geltende Shanghai Composite Index schloss mit 2.319,87 Punkte n. Verglichen mit dem Höchststand bei 6.124,04 im Jahr 2007, verloren die Aktien mit 63% mehr als die Hälfte ihres Handelswertes. Der Shenzhen Composite Index schloss bei 7.833,09, ein Verlust von 60% verglichen mit seinem Höchststand von 19.600,03 in 2007.

Inzwischen stand der Shanghai Composite Index zwischenzeitlich noch tiefer bei 2,276.45 Punkten (update 3. 9. 2008) und der Shenzhen Composite Index schloss am 2. 9. mit 7.578,36 Punkten.

Ein vergleichbarer Abfall innerhalb von 10 Monaten ist auf der ganzen Welt selten zu beobachten. Gemäss den Marktanalysten zeichnete sich ein Rekordtief beim Handelsvolumen an den zwei chinesischen Aktienbörsen in Shanghai und Shenzhen ab; Vorsicht und Pessimismus beherrschen den Markt.

Die technischen und grundsätzlichen Kriterien können nicht mehr verwertbaren Vorhersagen für die Entwicklung des Börsenindexes liefern. Wenn dies sich bestätigt, sollte die aktuelle Situation an den Aktienmärkten Chinas eingehend analysiert werden.

Offizielle Erklärung für den Absturz

Viele Wirtschaftsberichte in den staatlichen Zeitungen zitierten die US-Immobilienkrise und die steigenden Ölpreise als die Hauptursache für den starken Rückgang der Aktienkurse an den Börsen in China. Ähnlich klingen die Behauptungen des Nationalen Amtes für Statistik in China in einem aktuellen Wirtschaftsbericht, der plötzliche Anstieg auf dem Weltmarkt wäre die zentrale Treibkraft für die Inflation in China. Es scheint, dass die Probleme auf dem chinesischen Aktienmarkt bei der heutigen Globalisierung der Wirtschaft in enger Beziehung mit der Weltwirtschaft zu sehen sind.

In den USA, dem Ausgangspunkt der US-Immobilienkrise, brach der Standard & Poors-Index um 11% ein, während die chinesische Börse die weltweit grössten Verluste an Aktienmarktwert verbuchte. Hat die US-Immobilienkrise den chinesischen Markt am stärksten beeinträchtigt?

Als die Ölpreise gestiegen sind, sank der Aktienmarkt in Ländern, die stark vom Öl abhängig sind. In Europa und in den USA jedoch überschritten die Verluste nie die 11%-Marke bei den Aktienwerten. Hat der Ölpreis also ebenfalls die stärksten Auswirkungen auf den chinesischen Markt? Außerdem haben die Ölpreise aktuell bereits angefangen zu sinken. Der chinesische Aktienmarkt ist dennoch weiter am Abfallen. Wie ist das zu erklären?

Es ist allgemein anerkannt, dass die verschärfte Finanzpolitik der chinesischen Zentralbank zur Verhinderung von Inflation ein innenpolitischer Faktor ist, der einen starken Einbruch in dem chinesischen Aktienmarkt verursacht hat. Nichtsdestotrotz bewegt sich die Zinsrate für die Ersparnisse der Privatleute trotz zahlreicher Erhöhungen der Zinsraten nach wie vor im roten Bereich im Vergleich mit der Inflationsrate. Unter solchen Bedingungen sollte das Kapital in den Aktienmarkt investiert werden, solange der Markt stabil bleibt. Zudem liegt die Kaptialverwertung im Binnenkapitalmarkt immer noch hoch.

Fehlendes Vertrauen

Kürzlich bemerkte dies anscheinend auch die chinesische Regierung und betonte wiederholt, dass der Aktienmarkt wegen des fehlenden Vertrauens der Investoren eingeknickt sei.

Was die Regierung über die Zuversicht der Investoren sagte, war zutreffend. Aber das Fehlen von Vertrauen ist hier eher als „Konsequenz“ und nicht als „Ursache“ zu sehen. Worauf sollte sich denn das Vertrauen gründen? Wie haben die Investoren ihr Vertrauen verloren? Ich denke, die Entwicklung des Aktienmarkts in den vergangenen Jahren sollte für die Investoren deutlich genug gewesen sein. Dementsprechend – sei es wegen der Vorhersage eines starken zukünftigen Marktes durch die Behauptung der führenden Beamten und Medien, oder sei es wegen den Behauptungen selbst vom anerkannten chinesischen Wirtschaftsexperten Wu Jinglian, der die Ansicht vertrat, der chinesische Aktienmarkt würde grosse Verluste erleiden, betonte aber gleichzeitig die Dringlichkeit, den Markt zu retten – reagierte der Aktienmarkt auf keine dieser Aussagen positiv und fiel weiter ab. Über 90 Prozent der Investoren haben bereits Verluste erlitten.

Andere häufig erwähnte Faktoren sind zum Beispiel das Aufheben des Handelsverbots für bisher nicht-handelbare Aktien und die Pläne der Versicherungsgesellschaft Ping An für massive Aktien- und Kreditangebote. Diese sind an erster Stelle keine natürlichen Faktoren. Im Gegenteil sind sie eine direkte Intervention der Verwaltungsmacht, die den Aktienmarkt zum Einknicken gebracht hat. Wer hat diese Pläne gebilligt? Wer hat die Entscheidungen gefällt? Würde die chinesische Versicherung Ping An ihre massiven Angebote im Alleingang ohne den Konsens der Regulationsbehörde für Sicherheit an die Öffentlichkeit bringen? Und diese ungewöhnlich hohen Preisniveaus beim Börsengang von einigen Unternehmen – kann das ohne die Zustimmung der Regulationsbehörde für Sicherheit geschehen sein?

Die Wahrheit über den chinesischen Aktienmarkt

Die Wahrheit über den chinesischen Aktienmarkt ist eigentlich kein Geheimnis und die meisten Investoren waren sich darüber wahrscheinlich längst im Klaren. Gemeint ist, dass der chinesische Aktienmarkt ein Werkzeug der Regierung ist, um den sozialen Wohlstand im grossen Rahmen umzuverteilen und umzuorganisieren, was bedeutet, dass es ein Werkzeug ist, um die Sparkonten der chinesischen Bevölkerung auszuleeren. Die grössten Gewinner bei diesem Prozess sind verständlicherweise die Regierungsbeamten und ihre Verwandten, die über den realen Wert und die Umstrukturierungspläne derjenigen, die den staatlichen Wohlstand kontrollieren, am besten informiert sind; ebenfalls beteiligt sind institutionelle Investoren, die mit ihnen zusammen arbeiten und die sich auf Insidertipps verlassen, um den Aktienmarkt zu kontrollieren. Diese Leute haben während diesem Prozess bereits massive Vermögen angesammelt. Das ist die Wahrheit über den chinesischen Aktienmarkt.

Eigentlich war das Ziel des chinesischen Aktienmarkts nicht rein wirtschaftlich, als es ursprünglich gegründet wurde. Als der ehemalige Premierminister Zhu Rongji die Börse in Shenzhen aufbaute, sagte er, dass der chinesische Akteinmarkt das Ziel hatte, Geld zu bekommen – nämlich um Geld in den Markt zu bekommen und es an Unternehmen zu geben, die nicht in der Lage waren, an Geld zu kommen. Weil diese Unternehmen kein Geld verdienen konnten, waren sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

In westlichen Ländern ist es ein grundlegendes Kriterium bei der Zulassung eines Unternehmens, an die Börse zu gehen, dass das Unternehmen mindestens für die letzten drei Jahre neben weiteren Kriterien eine gute Bilanz vorlegen muss. Das Unternehmen muss sich die Genehmigung von der Regulationsbehörde für Sicherheit einholen, bevor es an die Börse gehen kann. Unter Aufsicht gestellt kann der Börsengang vom Markt auch rückgängig gemacht werden, um die Sicherheit insbesondere von Klein- und Mittelanlegern zu garantieren.

Der chinesische Aktienmarkt wurde gegründet, um wie ein Geldautomat für die gelisteten Unternehmen zu operieren. Für den Grossteil der gelisteten Unternehmen bedeuten Wirtschaftsreformen nichts anderes als einen Mechanismus, um Geld abzufangen. Viele hoch verschuldete staatliche Unternehmen wurden an der Börse aufgenommen, nachdem sie unter einer neuen Aufmachung vorgestellt wurden. Schlagartig wurden sie zu den „neuen Stars“ auf dem Markt mit unkomplizierten Anleihen und Finanzierungen. Chen Yea-Mow, Professor für Finanzwesen an der staatlichen Universität von San Francisco, berichtet: „Die Profile der gelisteten chinesischen Unternehmen sind fragwürdig. In der Tat bleiben die wirklich starken und leistungsfähigen Unternehmen eine Seltenheit auf dem chinesischen Aktienmarkt“. Das Fundament eines Aktienmarktes liegt in der Auswahl der gelisteten Unternehmen. Wie können hohe Aktienpreise bei einem schwachen Fundament finanziell tragbar sein? Die Deflation der Aktienpreise ist folglich nicht zu vermeiden.“

Zusätzlich zur Tatsache, dass die gelisteten Unternehmen von der schwachen Struktur des chinesischen Aktienmarktes profitieren, sind die wahren „Gewinner“ dieser gekünstelten Struktur die „Interessengruppen“, die von dem Börsengang eines gelisteten Unternehmens und dem nachfolgendem Handel profitieren. Was die Investoren betrifft, so bietet der chinesische Aktienmarkt ihnen mentale „Unterhaltung und Training“. Es bezieht die Investoren viel stärker in das Geschehen mit ein als jedes intellektuelle Spiel erhoffen könnte.

Nach dem mehrtägigen Sinkflug der Märkte vor den Olympischen Spielen brachte der Wirtschaftsexperte Tang Min die Sache auf den Punkt: „Kein Wirtschaftsexperte kann in dem chinesischen Aktienmarkt einen Sinn erkennen“.

„Ich würde den Investoren empfehlen, die Illusion aufzugeben, dass die Regierung den Aktienmarkt wiederherstellen wird oder dass sich der Markt erholen wird. Rette sich jeder aus dem chinesischen Aktienmarkt solange er kann. Wenn Sie jedoch darauf bestehen wollen, aus dem Markt Profit zu schlagen, fahren Sie fort. Sie sollten sich jedoch nicht beschweren, wenn Sie nachher leergefegt werden.“

Einige sagen, dass der Eintritt in den chinesischen Aktienmarkt wie Glücksspiel sei. Das wäre eine Überschätzung der Kapazitäten des chinesischen Aktienmarktes. Glücksspiel hängt vom Glück ab, und manchmal von der richtigen Strategie – es gibt immer noch einen gewissen Grad an Fairness. Der chinesische Aktienmarkt ist jedoch ein manipulierter und systematischer Schwarzmarkt. Die Mehrheit der chinesischen Investoren scheint sich dessen bewusst geworden zu sein. Das könnte ein Hinweis für ein baldiges Ende dieser massiven Räuberei sein.

Kann der chinesische Aktienmarkt von der Regierung unabhängig sein?

Seit dem Knick auf dem chinesischen Aktienmarkt wurden die Investoren von der Regierung stark enttäuscht, als die Regierung nicht eingeschritten ist, um den Markt zu retten. Einige Investoren haben sich beschwert, dass die US-Regierung 200 Milliarden Dollar investiert hat, um den Markt zu retten, als der US-Aktienmarkt um 10 Prozent gefallen war. Der chinesische Aktienmarkt ist jedoch um nahezu 50 Prozent gefallen und die chinesische Regierung ist trotzdem nicht eingeschritten. Nach einem chinesischen Finanzmagazin „kann der chinesische Aktienmarkt nicht, konnte nicht und sollte nicht gerettet werden“. Diese Meinung stimmt mit den Ansichten von vielen Experten und Wirtschaftswissenschaftlern überein. Das heisst, es ist für die Regierung besser, nicht in den Markt einzugreifen. Kann der chinesische Aktienmarkt jedoch wirklich als Markt unabhängig von der Politik und den Regierungsbehörden sein?

Das ist für das aktuelle System eine Herausforderung. Als Erstes sind die ausschlaggebenden und starken Spieler der gelisteten Unternehmen in dem chinesischen Aktienmarkt die sogenannten staatlichen Unternehmen. Nach der chinesischen Gesetzgebung ist der Nationalrat die höchste Vertretung des staatlichen Besitzes. Jedoch sind die chinesische Regulationsbehörde für Sicherheit wie auch die chinesische Regulationsbehörde für das Bankwesen beide unter der Schirmherrschaft des Nationalrates. Das ist in etwa so wie bei einem Fussballspiel, in dem die Regierung der Schiedsrichter und zugleich die Spieler ist. Zusätzlich bestimmt und modifiziert die Regierung auch die Regeln. Wer würde glauben, dass die Unabhängigkeit oder die Gerechtigkeit für diesen Aktienmarkt jemals existieren wird?

Darüber hinaus sind die einflussreichen Wirtschaftsexperten Chinas auch gleichzeitig die Firmenchefs von vielen der gelisteten Unternehmen; einige sind sogar finanziell mit den Unternehmen verbunden. Viele Vorstandschefs der relevanten gelisteten Unternehmen und Geldmittel sind auch Mitglied in der Sicherheitskommission, der Handelskommission und anderen Regierungsbehörden. Wie könnte der chinesische Aktienmarkt von diesen verworrenen und komplexen Beziehungen und zielgerichtetem Insider-Handel, von gedrückten Aktienpreisen und administrativen Manipulationen des Systems unbeeinträchtigt bleiben?

Zudem ist ein bedeutsamer Faktor eines Kapitalmarktes seine Fairness, die vom freien Fluss der Informationen sichergestellt wird und auf Medienfreiheit beruht. Beim chinesischen Aktienmarkt sind die Analysten, die für die Medien arbeiten, diejenigen, die die offizielle Eignungsprüfung überstehen. Diejenigen, die nicht „gehorchen“, werden Schwierigkeiten haben, eine solche Prüfung zu bestehen. Vielmehr gibt es für die chinesischen Medien Regeln, die zu befolgen sind. Die Analysten müssen sich an diese Regeln halten. Wurde die Wirtschaftsreportage des Fernsehsenders CCTV nicht etwa wegen einiger „ehrlicher“ Worte arretiert? Die Mehrheit der Aktienbesitzer kann nichts anderes machen als den Regeln zu folgen. Es grenzte an ein Wunder, wenn die Anleger am Ende nicht Geld verlieren würden.

Shi Hanbin, ein Finanzexperte aus Shanghai, sagte: „Trotz allem hoffte ich, dass der Eröffnungstag der Olympischen Spiele am 8. August den Markt retten würde. Ich habe bereits zuvor gesagt: Man soll immer nach den wahren Zinsraten analysieren, alle Erwartungen verwerfen und stets komplett kaltblütig bleiben, um einen klaren Kopf zu bewahren. Offensichtlich konnte ich selbst diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Ich habe einen Schlüsselfaktor ignoriert: Der atheistische Kader kennt keine Grenzen“.

Shis Stellungsnahme könnte die grundlegendste Antwort auf die aktuelle Marktlage sein.

(AP Photo/Eugene Hoshiko)
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