Europas bedeutende Kunst als Reisevergnügen

Titelbild
Johannes Vermeer, Öl auf Leinwand. Rijksmuseum in Amsterdam.Foto: public domain
Von 9. November 2022

Großartige Kunst zu erleben, ist ein Vergnügen. Und wenn man sie auf Reisen „in situ“, also vor Ort erlebt, nämlich dort, wo sie ursprünglich zu sehen war, und in ihrem historischen Kontext, ist die Erfahrung noch bereichernder.

Nicht immer war ich ein Fan der Kunstgeschichte. Als Teenager kämpfte ich mich hartnäckig durch Kenneth Clarks mehrteilige Kunstdokumentation Civilisation – Die Kunst des Abendlandes. „Brillante Arbeit“, dachte ich, „aber lasst uns das Ganze mal etwas lockerer angehen“. Ich erinnere mich, wie ich in meiner Studienzeit mit Freunden im Studentenwohnheim ein Vorlesungsverzeichnis durchblätterte und das Spiel „welche ist die langweiligste Vorlesung von allen?“ spielte. Meine Wahl: Kunstgeschichte.

Ein paar inspirierende Professoren sowie mehrere Studienreisen, die mir neue Perspektiven eröffneten – danach hatte ich meine Meinung geändert. Ich habe gelernt, den Wert großer Kunst als Fenster zur Kultur und zu den Menschen zu erkennen, für die wir so weit reisen, um sie zu erleben und zu verstehen. Als Reiseautor und Reiseleiter habe ich die letzten 40 Jahre damit verbracht, Kunstgeschichte in den schönsten Unterrichtsräumen zu vermitteln, die man sich vorstellen kann: in den großen Galerien, Palästen, Kathedralen und Museen Europas.

Besondere Reisen

Wer ein Fresko von Fra Angelico in seinem Kloster in Florenz betrachtet, versteht, warum für diesen Mönchskünstler die Malerei eine Form des Gebets war und dass er kein Kruzifix malen konnte, ohne dabei zu Tränen gerührt zu sein.

Es ist ein großartiges Erlebnis, in der Alten Pinakothek in München ein Selbstporträt von Albrecht Dürer zu betrachten, das vor humanistischem Stolz strotzt, und darüber zu staunen, wie er mit seinen Radierungen und der neumodischen Druckerpresse der erste „meistverkaufte“ Künstler Europas war.

Im Amsterdamer Rijksmuseum vor einem Vermeer-Gemälde zu stehen und sich von ihm die Stille so intim einfangen zu lassen, dass man fast das Tröpfeln der Milch hören kann, wenn die Magd sie einschenkt, – ist eine Reise wert. Einen der ehrwürdigen Musiksäle Europas zu besuchen und festzustellen, dass Barockmusik wie von Bach mit seinen verwobenen Melodien oder Scarlatti mit seinen Trillern „Bernini für die Ohren“ sein kann.

Die Kuppel der Basilica di Santa Maria del Fiore in Florenz. Fresken von Giorgio Vasari und Federico Zuccari. Foto: istockphoto

 

Albrecht Dürer – Selbstbildnis um 1500,
Öl auf Lindenholz. Alte Pinakothek München. Foto: wikipedia

 

Freskenzyklus im Dominikanerkloster
San Marco in Florenz. Szene: Verkündigung. Foto: wikipedia

Architektur und Kunst

Auf den schottischen Orkney Inseln senkte ich meinen Kopf – wie es die Menschen bereits seit 5.000 Jahren tun –, zwängte mich durch einen Tunnel und fand mich schließlich aufrecht stehend in einem steinzeitlichen Grab wieder. Unter dieser Felsdecke wurde ich daran erinnert, dass sich der Fortschritt der westlichen Zivilisation an Kunst und Architektur ablesen lässt – im vorliegenden Fall an der Entwicklung immer größerer Kuppeln.

Dieser Fortschritt begann um 1300 v. Chr. mit einem Grab aus der Bronzezeit, das wie ein steinernes Iglu gebaut war. Die Steine wurden ähnlich wie bei dem „Bienenstock“-Grab, das ich in Mykene, in Griechenland besuchte, aneinandergefügt. In Rom staunte ich dann unter der Kuppel des Pantheons, das etwas mehr als 1.400 Jahre später erbaut worden war und immer noch Reisende mit dem Glanz und der Pracht des antiken Roms zu seiner Blütezeit beeindruckt.

Nur zwei Zugstunden entfernt bestaunte ich Brunelleschis mächtige – weitere rund 1.400 Jahre später erbaute – Domkuppel, die hoch über Florenz aufragt. Sie war bei den Bürgern so beliebt, dass Michelangelo, als er sich an den Bau des Petersdoms in Rom machte, gesagt haben soll, er würde eine Kuppel bauen, die „größer, aber nicht schöner“ werden würde als ihre Schwester in Florenz. Etwa 500 Jahre nach seiner Erbauung stand ich auf der Spitze des Petersdoms, wo die Sonnenstrahlen in die größte Kirche der Christenheit eindrangen, und staunte darüber, wie ein Superstar der Renaissance Gott verherrlichen und gleichzeitig den Humanismus feiern konnte.

Die Kunst versetzt uns in andere Kulturen und andere Zeiten. Sie zeigt uns sowohl unsere Schwächen als auch unser kreatives Potenzial … sie bringt die Kultur einer Gesellschaft zum Strahlen … und natürlich bietet sie uns erlesene Schönheit.

Der Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „The Travel Joys of Europe’s Great Art“.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 67, vom 22. Oktober 2022.



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