Grüne starten mit #metoo-Affäre in den EU-Wahlkampf – jüngster Abgeordneter zurückgetreten

Heimlich, still und leise hatte der jüngste deutsche EU-Abgeordnete, der Grüne Malte Gallée, Anfang März sein Mandat zurückgelegt. Grund sind sogenannte #metoo-Vorwürfe. Betroffene üben Kritik an Fraktionschefin Reintke – die Wähler scheint es unterdessen nicht zu stören.
Den Politiker Malte Lenz Gallée kennen junge Menschen unter anderem von TikTok.
Den Politiker Malte Lenz Gallée kennen junge Menschen unter anderem von TikTok.Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Von 27. April 2024

Er rühmt sich selbst noch auf seinem X-Account, „jüngstes deutsches Mitglied im Europäischen Parlament“ zu sein. Am Ende sollte er zu den am kürzesten dienenden gehören. Anfang März hatte der grüne Hoffnungsträger Malte Gallée auf seiner Website erklärt, sein erst im Dezember 2021 angetretenes Mandat im EU-Parlament zurückzulegen. Grund dafür seien Presseanfragen, wonach er sich „unangemessen gegenüber Mitarbeitenden verhalten“ habe. Im „Stern“ beklagen sich mutmaßliche Betroffene nun über das Krisenmanagement von Fraktionschefin Terry Reintke.

Dreistellige Anzahl an Grünen-Mitarbeitern unterzeichnete offenen Brief

Im Alter von 28 Jahren war Gallée als Nachrücker für Sven Giegold ins Parlament gekommen. Dieser wechselte als Staatssekretär in die Ampel-Regierung. Gallée hatte unter anderem die Verpackungsverordnung und das „Recht auf Reparatur“ mitverhandelt. Im Parlament inszenierte er sich als wahrer Vertreter der Interessen der Bauern oder Verteidiger Europas gegen den Rechtsruck.

Mitarbeiter und dabei insbesondere Mitarbeiterinnen der Grünen-Fraktion im EU-Parlament haben von dem Hoffnungsträger hingegen einen etwas weniger vorteilhaften Eindruck gewonnen. Dem Magazin zufolge soll es mehrere Fälle unangemessenen Verhaltens vonseiten Gallées gegeben haben. Die Fraktionsspitze soll hingegen nur zögerlich darauf reagiert haben.

Der „Stern“ berichtet über einen offenen Brief, den etwa 100 ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der Grünen-Fraktion unterzeichnet hätten. Darin bezichtigt man die Fraktionsführung einer „Abwiegelung […], die weder dem Ernst der Lage, noch der Führungsverantwortung und der Erfahrungen der Betroffenen gerecht wird“. Man stehe „in unerschütterlicher Solidarität mit den Opfern von Mobbing und ihren Zeugen“.

Vorwürfe lauten auf Grapschen, Antanzen und unverlangte Intimbeichten

Adressiert war das Schreiben an die Vorsitzenden Terry Reintke und Philippe Lamberts, an Generalsekretärin Vula Tsetsi und ihren Stellvertreter Guillaume Sellier. Schon im Sommer 2022 will das Magazin von sexuellen Belästigungen erfahren haben, die bei den Ombudspersonen der Fraktion eingegangen seien.

Über ein Jahr lang habe dies keinerlei Veranlassungen vonseiten der Fraktionsführung zur Folge gehabt. Statt Schutzmaßnahmen gegenüber den mutmaßlichen Betroffenen zu treffen, habe man Beschwerden nicht ernst genommen oder diese sogar unter Druck gesetzt, sich nicht zu äußern.

Gallée habe nach Auskunft des „Stern“ Mitarbeiterinnen während einer Fraktionsklausur „wiederholt angefasst“ haben – „am Hintern, an Hüfte und Taille“. Auch habe er Praktikantinnen und Assistentinnen auf Partys „sehr eng angetanzt“. Die Rede ist auch von unerbetenen Berichten aus seinem Intimleben und „sehr privaten“ Fragen.

Vorzeige-Feministin soll Vertuschung ermöglicht haben

Gallée selbst spricht von „unkonkreten Gerüchten“, denen nachzugehen, er selbst von sich aus die Ombudsstelle im Jahr 2022 aktiv gebeten habe. Er sei „davon überzeugt, dass ich mir nichts habe zuschulden kommen lassen“. Zugleich sei er „selbstverständlich jederzeit bereit, aktiv zu einer Klärung beizutragen“. Angesichts des laufenden Ombudsverfahrens wolle er sich jedoch nicht im Detail äußern.

Für Terry Reintke sind die Vorwürfe, in Anbetracht von #metoo-Vorwürfen gegen einen Fraktionskollegen untätig geblieben zu sein, reichlich unwillkommen. Im Jahr 2017 war sie als eine der Frauen hinter der Bewegung zur „Person of the Year“ gewählt worden. Sie hatte damals von übergriffigen Verhaltensweisen innerhalb der EU-Institutionen berichtet, den Hashtag #metooeu initiiert und eine Richtlinie gegen Gewalt gegen Frauen gefordert.

Laut taz soll Reintke eine formelle Untersuchung durch Experten abgelehnt haben. Man könne „nicht auf bloße Gerüchte hin“ tätig werden. Erst eine Intervention seines eigenen bayerischen Landesverbandes soll zur Folge gehabt haben, dass Malte Gallée auf eine erneute Kandidatur für das EU-Parlament verzichtete.

Entschlossenheit von Grünen-Anhängern ungebrochen

Den Grünen scheint die Affäre jedoch nicht zu schaden. Jüngste Umfragen zur EU-Wahl attestieren ihnen nach einem zwischenzeitlichen Absturz einen rasanten Wiederaufstieg. Der „Forschungsgruppe Wahlen“ zufolge haben sie sogar wieder die AfD überholt und liegen bei 17 Prozent – mit deutlichem Aufwärtstrend. Das ZDF-„Politbarometer“ hatte die Umfrage in Auftrag gegeben.

Ob der Grund dafür eine neu erwachte Begeisterung für ambitionierte Klimapolitik und eine entschlossenere Unterstützung der Ukraine ist, oder ob Gegner ihrer Politik vermehrt der Wahl fernbleiben wollen, ist ungewiss. Die jüngsten Enthüllungen über die China-Connections der AfD könnten dazu beitragen – ebenso wie ein deutlich schärferer Ton in Leitmedien gegenüber dem BSW.



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