Metéora: Mitten in den Wolken

Hunderte Meter über dem Meer schweben die Klöster von Metéora wie Adlerhorste hoch im Himmel. Seit über 1.000 Jahren symbolisiert dieser Ort Zuflucht, Stille und Frieden – weit weg von der modernen Zivilisation. Auch wenn James Bond schon dort war.
Die Klöster von Metéora im Himmel
Die Klöster von Metéora liegen mehrere hundert Meter über dem Meeresspiegel und oft mitten in den Wolken.Foto: iStock
Von 12. April 2024

Soll ich alles verkaufen, was ich besitze? Auto, Haus und alle weltlichen Besitztümer? Anschließend das Geld für wohltätige Zwecke spenden und irgendwo auf einem einsamen Berg leben? Wer hat auf der Suche nach innerem Frieden nicht schon einmal daran gedacht, dies zu tun? Nun, einige haben es getan – wie Metéora zeigt.

Die Asketen im Griechenland des 9. Jahrhunderts setzten diese Idee in die Tat um. Sie zogen sich von den Mühen und Freuden des weltlichen Lebens zurück, indem sie auf die hoch aufragenden Klippen des Pindos-Gebirges in Thessalien kletterten, um in Ruhe zu beten und zu meditieren.

Inmitten der hoch aufragenden, säulenartigen Formationen, nur wenige Kilometer nördlich der Stadt Kalambaka, lassen sich noch immer Spuren alter Wohnhöhlen und Reste verschachtelter Holzleitern finden. In mancher Hinsicht muss das Leben dort sehr hart gewesen sein. Andererseits lässt sich der Reiz eines solchen Lebensstils auch gut nachvollziehen.

Die Klöster stehen auf hoch aufragenden Klippen des Pindos-Gebirges in Thessalien, Griechenland. Foto: iStock

Zum einen war und ist der Blick von den Klippen über das Tal des Flusses Pinios vielleicht selbst eine spirituelle Erfahrung, welche die Mönche auf ihrer Suche nach dem Göttlichen inspirierte. Zum anderen war vieles, vor dem sie flohen, unerträglich: Eine Welt geprägt von Mühsal, politischem Streit und Verfolgung.

Einst von Asketen bewohnte Höhlen in Metéora, Griechenland. Foto: iStock

Ein Mönch namens Nilos war es, der diesen eher ungeordneten Haufen von Asketen zusammenbrachte und organisierte. Gemeinsam folgten sie dem Glauben der östlichen orthodoxen Kirche und begannen ein im wahrsten Sinne erhabenes Bauprojekt inmitten der Wolken.

Mit Zeit, Mühe und Geduld

Im 14. Jahrhundert war es für die Mönche eine große Anstrengung, die steilen Säulen des Pindos-Gebirges zu erklimmen, um neue Standorte zu erkunden. Dennoch bauten sie 24 heilige Anlagen, die in den Himmel zu ragen scheinen. Umgeben von Stille war es ihnen so möglich, über Gott und den ewigen Frieden nachsinnen zu können.

Den Anfang machte das Kloster Metamórphosis tou Sotiros, auch Megálo Metéoro genannt. Dieses Kloster war das größte von allen und ist platziert auf dem massivsten Felsen der Gegend – 613 Meter über dem Meeresspiegel. Im Jahr 1344 gründete der geflohene Mönch Athanassios Meteoritis den heiligen Ort zusammen mit weiteren 15 Mönchen.

Kloster Metamórphosis tou Sotiros in Metéora

Blick auf das Kloster Metamórphosis tou Sotiros von Metéora, Griechenland. Foto: iStock

Wenig später kam das zweitgrößte Kloster Varlaám hinzu, benannt nach seinem Erbauer, dem Mönch Varlaám. Von hier lässt sich gut zum vorher entstandenen Kloster Metamórphosis blicken.

Kloster Varlaám in Metéora

Blick auf das Kloster Varlaám, von welchem aus das Kloster Metamórphosis gut gesehen werden kann. Foto: iStock

Ebenfalls aus dieser Zeit stammt vermutlich das Kloster Rousánou, auch Agías Varváras genannt.

Kloster Rousánou in Metéora

Das Kloster Rousánou. Foto: iStock

Immer weitere Klöster entstanden: Agios Nikólaos Anapavsás und Agía Triáda wurden gegen Ende des 14. Jahrhunderts gebaut. Zu jener Zeit war das Kloster Agía Triáda – gewidmet der Heiligen Dreifaltigkeit – der am mühsamsten zu erreichende Ort, aber mit dem schönsten Panoramablick.

Die Klöster Rousánou und Agios Nikólaos Anapavsás mit Blick über das Tal. Foto: iStock

Kloster Agía Triáda in Metéora

Das Kloster Agía Triáda ist der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet. Foto: iStock

Das Kloster Agios Stéphanos hingegen ist mit seiner kleinen Brücke, die zwei Klippen miteinander verbindet, am leichtesten zugänglich.

Kloster Agios Stéphanos in Metéora

Das Kloster Agios Stéphanos mit seiner kleinen steinernen Brücke (links). Foto: iStock

Meeresboden in luftiger Höhe

Die Stufen schlugen die Mönche direkt in den natürlichen Felsen. Obwohl der Weg immer noch tückisch und steil war und oft mehr als 460 Meter in die Höhe führte, war er nun zumindest für mutige oder entschlossene Pilger passierbar.

Im Laufe der Zeit wuchs die Zahl der Klöster auf insgesamt 24 und diese krönten auch auf der anderen Seite des Tals die Felssäulen. Zusammen bildeten sie Metéora, was aus dem Griechischen übersetzt so viel wie „in der Luft schwebend“ heißt.

Die schwebenden Klöster von Metéora

„Metéora“ – „in der Luft schwebend“ bedeutet im übertragenen Sinn „Himmelserscheinung“. Foto: iStock

Diese einzigartige Landschaft, die selbst ein Wunder ist, entstand im Laufe von Millionen Jahren. Nachdem sich Sediment ablagert hatte und zu festem Gestein wurde, zersplitterten Erdbewegungen den einstigen Meeresboden und hoben ihn an. Langsam, aber sicher stieg die Oberfläche hunderte Meter empor. Die Verwitterung trug über die Jahrtausende Überreste des Meeresbodens ab und schuf einzigartige Formationen.

Auf diesen Felstürmen scheinen die beeindruckenden Klosterbauten mit dem Felsen verschmolzen und erinnern daran, was für ein raues Leben dies für die Mönche bedeutet haben muss; vielmehr immer noch bedeutet, denn auch heute nennen eine Handvoll Mönche und Nonnen Metéora ihr Zuhause.

Die Mönche, die am Bau des Klosters beteiligt waren, errichteten Türme mit Seilwinden, die immer noch zu sehen sind. Mithilfe dieser Seilzüge beförderten sie Baumaterialien, Waren und auch Menschen nach oben. Außerdem gab es Leitern, die die Bewohner im Falle einer Invasion hochziehen konnten, sodass sie unangreifbar waren.

Mit einem Windenturm und Seilen brachten die Mönche benötigte Materialien nach oben. Foto: iStock

Metéora in guten und schlechten Zeiten

Die Bauarbeiten müssen sehr langwierig gewesen sein, denn oft wurde in die Höhe gebaut, um den begrenzten Platz am Boden auszugleichen. Doch die mühsame Arbeit zahlte sich aus: Unter der Herrschaft griechisch-serbischer Könige wurde das Megálo Metéoro vergrößert – und mit dem Zustrom der Pilger kamen auch Reichtum und Prestige.

Die Abgeschiedenheit des Heiligtums zahlte sich auch in anderer Hinsicht aus. Als das türkische Osmanische Reich im 15. Jahrhundert expandierte und die Region besetzte, fanden die Mönche sowie verfolgte Griechen und Katholiken in den Mauern von Metéora einen sicheren Zufluchtsort. Auch allen Reisenden wurde Zuflucht gewährt, denn eine Verweigerung dessen war nicht mit dem Glauben vereinbar und wurde als eine der größten Gotteslästerungen betrachtet.

Da Metéora von den Muslimen unangetastet blieb, blühte es in den darauffolgenden Jahrhunderten auf und wurde im 16. Jahrhundert mit lebhaften Wandmalereien ausgestattet. Noch heute sind die Porträts der Gründer und Heiligen in den Fresken zu sehen.

Die bemerkenswertesten Gemälde im Inneren des Klosters des Heiligen Nikolaus von Anapafsas schuf 1527 Theophanes der Kreter.

Gemälde in Metéora

In einem Fresko aus dem Jahr 1527 verewigte ein Mönch und Maler namens Theophanes der Kreter die Gründer und Heiligen von Metéora. Foto: iStock

Im Inneren des Klosters Agios Stéphanos – zum heiligen Stefan. Foto: iStock

Die guten Zeiten konnten nicht ewig andauern. Alles, was die Mönche jedoch wollten, war, in Ruhe zu beten und ihre Klöster zu pflegen und zu erhalten. Aber das sollte nicht sein. Im 20. Jahrhundert wurden die majestätischen Klosteranlagen von zahlreichen Schwierigkeiten heimgesucht und dadurch stark dezimiert. Die Zahl der aktiven Klöster schrumpfte von 24 auf die oben genannten sechs.

Die Gegend wurde von Erdbeben und Erdrutschen heimgesucht, die Straßen und Gebäude zum Einsturz brachten. Auch von den Verwüstungen des Krieges blieb Metéora nicht verschont. Bomben und Vibrationen der deutschen Tiefflieger forderten während des Zweiten Weltkriegs ihren Tribut.

Kloster Ypapantí von Metéora

Das aufgegebene Kloster Ypapantí von Metéora. Foto: iStock

Heiligtum wird Filmkulisse

Später wurden Anstrengungen unternommen, die heilige Stätte zu erhalten. Metéora wurde 1972 unter Denkmalschutz gestellt und 1988 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Dank dieser Bemühungen haben die Klöster durch Restaurierungen überlebt.

Im Laufe der Jahrhunderte hat Metéora also Verfolgung, Invasion, Erdbeben und Krieg überstanden. Doch jetzt ist es mit einer neuen Art von Invasion konfrontiert: dem Tourismus.

Wie in der Vergangenheit bleiben auch in unserem Zeitalter der Unterhaltung die Tore von Metéora offen und empfangen jährlich Scharen von Besuchern und sogar Filmemacher.

So wurde 1981 der James-Bond-Spionagefilm „In tödlicher Mission“ mit Roger Moore in der Hauptrolle und Genehmigung des griechischen Kulturministeriums vor Ort im Kloster der Heiligen Dreifaltigkeit gedreht. Doch nicht alle waren damit zufrieden.

Das Kloster Agía Triáda diente als Schauplatz für den James-Bond-Film „In tödlicher Mission“ aus dem Jahr 1981. Foto: iStock

„Die Mönche von Metéora wehrten sich vehement gegen diese Entscheidung“, heißt es auf der Website „Visit Meteora“.

„Schließlich zwangen die Mönche die Produzenten, das Kloster nur von außen zu filmen. Die Szenen im Inneren des Klosters mussten auf einer nahe gelegenen Klippe in einer dem Kloster nachempfundenen Kulisse gedreht werden.“

Kloster Varlaám in Metéora

Blick auf das Kloster Varlaám von oben. Foto: iStock

Alte Tradition in Metéora

Jeden Sommer verwandelt sich Metéora in einen Touristen-Hotspot. Zwar können Besucher auch heute noch hinaufwandern, doch ermöglichen Straßen jetzt einen bequemen Aufstieg. Es gibt zahlreiche junge Reisende, die laut ihre Begeisterung kundtun und entlang der Aussicht Selfies machen. Dazwischen gibt es vermutlich auch jene Urlauber, die spirituelle Inspiration suchen.

Zwar sind die Tore von Metéora offen, doch gelten noch immer die alten Regeln des Respekts und der Bescheidenheit. Weibliche Touristen sollten der Tradition nach bodenlange, schulter- und armbedeckende Kleidung tragen. Andernfalls könnte ihnen der Einlass in die Klöster verwehrt werden. Auch Männern ist der Eintritt in kurzen Hosen nicht gestattet.

Die große Hoffnung für Metéora ist es nach wie vor, dass seine Bewohner den Frieden finden, den sie suchen und dass Besucher – trotz des Besucheransturms – etwas von diesem Frieden mit nach Hause nehmen können: ein Gefühl der Stille und der Ruhe. Und sich im besten Falle an dieses Gefühl der Abgeschiedenheit in den Bergen überall wieder erinnern können – ganz ohne den Verkauf des Autos.

Manche Klöster sind durch steinerne Treppen erreichbar. Foto: iStock

Das Kloster Varlaám, Teil des Klosterkomplexes Metéora, am 18. September 2022. Foto: iStock

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Monks Built ‘Floating’ Cliff Monasteries on Rock Pillars in the Clouds 700 Years Ago—Here’s Why“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion