Kindermord in Pragsdorf: „Überleben nicht möglich“, bestätigte Chef-Ermittler

Im Mordfall an einem kleinen Jungen in Pragsdorf gehen die Ermittlungen weiter. Die Familie des Tatverdächtigen wurde mittlerweile von der Polizei aus dem Dorf gebracht. In einer Pressekonferenz wurden weitere Details genannt.
Titelbild
Neubrandenburgs Polizeipräsident Thomas Dabel (Bild), Chefermittler Olaf Hildebrandt und Oberstaatsanwalt Tim Wischmann gaben eine Pressekonferenz zum Tod eines kleinen Jungen in Pragsdorf.Foto: Screenshot Youtube/Welt und Bernd Wüstneck/dpa
Von 29. September 2023

Im Fall des in Pragsdorf getöteten kleinen Jungen (6) gaben die Ermittler weitere Details bekannt. Außerdem geht es um die Frage, was mit dem tatverdächtigen 14-Jährigen passiert. Für seine Familie hat der Tatverdacht jedoch bereits jetzt Konsequenzen.

„Vorbeugende Gefahrenabwehr“

Die Familie hat das Dorf, in das sie erst vor zwei Jahren in ein Mehrfamilienhaus zugezogen war, wieder verlassen müssen. Der Stiefvater und die Mutter des Jugendlichen sowie dessen Bruder wurden von der Polizei an einen unbekannten Ort gebracht, wie die „Ostseezeitung“ aus Rostock in dem Fall berichtete.

Die „Bild“ erfuhr von einem Polizeigewerkschafter, dass, je kleiner die Gemeinde sei, desto größer das Risiko für die Eltern eines Täters wären. Deshalb würden die direkten Angehörigen „im Rahmen einer vorbeugenden Gefahrenabwehr aus ihrem gewohnten Umfeld geholt“, erklärte Bodo Pfalzgraf von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dann schicke man in der Regel „Mediatoren und Psychologen in das Dorf oder den Ort“, so der Polizeiexperte.

Ein schreckliches Verbrechen

Am 14. September kam der 6-Jährige vom Spielen nicht wieder nach Hause. Die Eltern meldeten ihn als vermisst. Am Abend der Tat war der Junge noch mit seinen beiden Geschwistern und dem Tatverdächtigen im Dorf unterwegs, erklärte Olaf Hildebrandt, Erster Kriminalhauptkommissar der Polizei Neubrandenburg und Chef-Ermittler im Fall Pragsdorf auf einer Pressekonferenz zu dem Fall.

Die beiden Geschwister des Jungen machten sich demnach schon früher auf den Heimweg und der 6-Jährige ging noch mit dem 14-Jährigen zum Fußballplatz. Später fand man den Jungen während einer großen Suchaktion von Polizei, Freiwilliger Feuerwehr und Anwohnern in der Nähe in einem Gebüsch. Die Reanimationsmaßnahmen blieben erfolglos, das Kind verstarb kurz darauf im Krankenhaus. Die Polizei geht davon aus, dass der Auffindeort auch der Tatort ist. Der Tatverdächtige wurde am 26. September festgenommen.

Kriminalhauptkommissar Hildebrandt sagte auf der Pressekonferenz zu den anwesenden Journalisten, dass das Verbrechen mit großer Brutalität und Grausamkeit ausgeführt worden sei. „Zum Zeitpunkt des Auffindens wies […] Joel bereits derart schwere Verletzungen auf, dass ein Überleben nicht mehr möglich war“, schilderte der leitende Polizeibeamte.

Bei einer Hausdurchsuchung noch in derselben Nacht bei dem mutmaßlich Tatverdächtigen wurden allerdings keine Auffälligkeiten festgestellt. Die Ermittler behielten den 14-Jährigen jedoch im Blick. Am Folgetag fanden die Einsatzkräfte nach umfangreichen Suchmaßnahmen ein Messer mit Spuren. Es wurde zur Untersuchung ins Landeskriminalamt gebracht. Auf den Polizeibeamten lag unterdessen die große Erwartung der Dorfbewohner, was, Hildebrandt zufolge, Motivation und Druck zugleich gewesen waren. Als dann die Bestätigung des LKA kam, dass die ausgewerteten Spuren, wie erwartet, übereinstimmten, habe man bei der Polizei „sehr große Erleichterung“ verspürt, so der Chef-Ermittler.

Tatverdacht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit

Nach Auskunft des anwesenden Oberstaatsanwalts Tim Wischmann von der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg fand man auf der Messerklinge Blutspuren des Jungen, was zusammen mit den Faserspuren (laut Hildebrandt der Oberbekleidung des Jungen) den Verdacht erhärtete, dass es sich dabei um die Tatwaffe handeln musste. Auf dem Messergriff fanden die Experten bei der Untersuchung eine Mischspur – die DNA des Jungen und auch des 14-Jährigen. So zumindest soll es nach sehr hoher Wahrscheinlichkeit sein, wie Wischmann erklärte.

Von sehr hoher Wahrscheinlichkeit sprach auch Chef-Ermittler Hildebrandt, dass der Tatverdächtige auch tatsächlich der Täter sein kann. Oberstaatsanwalt Wischmann ergänzte, dass zwar die „Unschuldsvermutung“ gelte, es sei aber „eine so hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir den Richtigen haben“, dass man damit an die Öffentlichkeit und auch zum Haftrichter gegangen sei.

Nach Angaben von KHK Hildebrandt fand man im Verlauf der Ermittlungen heraus, dass der Tatverdächtige häufig durch aggressives Verhalten gegenüber anderen Kindern aufgefallen sei, es „offensichtlich eine gewisse Affinität zu aggressivem Verhalten“ gegeben habe. Man glaube, dass dies im Zusammenhang mit der Tat stehen könnte. Polizeilich aufgefallen sei er damit jedoch noch nicht, ergänzte später dazu Thomas Dabel, der Polizeipräsident von Neubrandenburg.

Laut Hildebrandt lebte der 14-Jährige im selben Dorf wie das Opfer und besuchte eine Förderschule in der Gegend. Mehr Details wollten weder er noch der anwesende Vertreter der Staatsanwaltschaft aufgrund des Alters des Tatverdächtigen machen.

Die Ermittlungen gehen dennoch weiter

Mit seinen 14 Jahren ist der Tatverdächtige bedingt strafmündig. Im Fall einer Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags drohen dem 14-Jährigen bis zu 10 Jahre Haft. Derzeit sitzt er den Behördenangaben zufolge in der JVA Neustrelitz.

Dennoch gehen die Ermittlungen weiter. Der Tatverdächtige ist nicht geständig. Er schweigt auf Anraten seines Pflichtverteidigers. Oberstaatsanwalt Wischmann erklärte die weitere Vorgehensweise ganz allgemein. Wenn man einen Tatverdächtigen habe, suche man auch nach dem Motiv und den Hintergründen. Insbesondere bei schweren Gewaltverbrechen gebe es auch die Frage nach „psychiatrischen Besonderheiten“. In aller Regel finde daher eine Begutachtung des Beschuldigten statt.

Allerdings gehe auch die Tätersuche insofern weiter, indem man die vorhandenen Beweise auswerte und schaue, ob sich noch andere Besonderheiten ergeben. Man schaue auch, ob sich der vorhandene Tatverdacht noch durch andere Beweismittel bestärken lasse – „was ich für sehr wahrscheinlich halte“, so Oberstaatsanwalt Wischmann.



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