Unesco: Erfurt hat nun Welterbe-Status

In Riad hat die Unesco über die Aufnahme weiterer Welterbe-Stätten entschieden. Auch Erfurt hatte sich beworben. Bedeutsam sind vor allem die Alte Synagoge, die Mikwe – das rituelle jüdische Bad – und das Steinerne Haus, die nun in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen wurden.
Informationsmaterial zu den Stätten Jüdischen Lebens in Erfurt ist ausgestellt.
Informationsmaterial zu den Stätten Jüdischen Lebens in Erfurt.Foto: Martin Schutt/dpa
Epoch Times17. September 2023

Das jüdisch-mittelalterliche Erbe von Erfurt wurde an diesem Sonntag in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen. Die UN-Kulturorganisation Unesco hat in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad darüber entscheiden. Die 45. Sitzung des Welterbekomitees sollte eigentlich im Juni 2022 in Russland stattfinden. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde sie jedoch verschoben und wird nun in Riad nachgeholt.

Konkret ging es bei Erfurt unter anderem um mehrere Bauten der Altstadt, darunter ein vor rund 16 Jahren durch Zufall entdecktes mittelalterliches Ritualbad (Mikwe) sowie Erfurts Alte Synagoge.

Alte Synagoge

Nach einem Pogrom in der Stadt im Jahr 1349, bei dem quasi die gesamte jüdische Gemeinde ausgelöscht wurde, wurde die Synagoge zunächst zu einem Lagerhaus umfunktioniert und später als Gaststätte sowie Tanzsaal genutzt. Die Stadt vermutet, dass das Gebäude aus diesem Grund vor der Zerstörung durch die Nazis bewahrt wurde. Das ursprüngliche Aussehen der Synagoge war kaum mehr erkennbar, was wohl vor allem während der NS-Zeit ihre Rettung war. 1998 kaufte die Stadt Erfurt das Haus und sanierte es.

Mittelalterliches jüdisches Leben

Heute befindet sich in der Alten Synagoge, deren älteste Bauspuren um 1094 datiert werden, ein Museum. Ausgestellt werden Zeugnisse des jüdischen Lebens im mittelalterlichen Erfurt, zu denen mehrere Tausend Silbermünzen und -barren sowie Gold- und Silberschmiedearbeiten aus dem 13. und 14. Jahrhundert gehören. Forscher vermuten, dass dieser sogenannte Erfurter Schatz während des Pogroms 1349 vergraben wurde.

Der Schatz wurde 1998 kurz vor Abschluss archäologischer Untersuchungen auf einem Grundstück in der Altstadt gefunden – wo sich einst das jüdische Viertel befand. Fast 30 Kilogramm wiegt der unter anderem aus Silbermünzen, Geschirr und Stücken der Goldschmiedekunst aus dem 13. und 14. Jahrhundert bestehende Schatz.

Die Wissenschaft vermutet, dass er während des Pogroms von 1349 von seinem jüdischen Besitzer versteckt worden war. Während dieser gezielten Verfolgung der Juden wurden nahezu alle der etwa 1000 Mitglieder der jüdischen Gemeinde getötet, das jüdische Viertel um die Synagoge wurde in Brand gesetzt.

Auch vor diesem Hintergrund sind noch heute erhaltene Zeugnisse des mittelalterlichen jüdischen Lebens in Erfurt ein Glücksfall. „Dass der Schatz gefunden wurde, war reiner Zufall, es war ein privates Versteck, das kannte niemand“, sagt Maria Stürzebecher, die für Thüringens Hauptstadt jahrelang die nötigen Vorbereitungen getroffen und schließlich auch am Antrag für die Aufnahme gefeilt hat. Als besondere Kostbarkeit des Schatzes gilt ein jüdischer Hochzeitsring.

Zwei weitere wichtige Stätten

In die Liste des Unesco-Weltkulturerbes wurden auch die Erfurter Mikwe und das Steinerne Haus aufgenommen.

Die direkt am Ufer des Flusses Gera gelegene Erfurter Mikwe gehört zu den wenigen erhaltenen Beispielen mittelalterlicher Gemeinde-Mikwen. Die Form des Baus unterscheidet sich von den sonst erhaltenen Schacht- oder Kellermikwen etwa in Köln und Speyer. Die jüdische Gemeinde besaß wohl schon im zwölften Jahrhundert eine Mikwe an der Gera. Die Nutzung des rituellen Bades endete spätestens 1453 beziehungsweise 1454, als der Stadtrat die Abwanderung der Juden erzwang.

Das um 1250 errichtete Steinerne Haus ist ein Profanbau und hat weder eine rituelle noch religiöse Bedeutung. Die gut erhaltenen Strukturen in dem Gebäude mit Portalen, Lichtnische und farbig gefasster Holzbalkendecke bezeugen das jüdische Leben im Hochmittelalter. Seit dem 15. Jahrhundert wurde das Gebäude als Lagerhaus genutzt. Das Steinerne Haus muss restauriert werden und ist noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Zu den bisher 1157 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern zählen das Great Barrier Reef in Australien, der Nationalpark Serengeti in Tansania, die Inka-Stadt Machu Picchu in Peru sowie die Pyramiden von Gizeh in Ägypten. In Deutschland gibt es bislang 51 Welterbe-Stätten, darunter der Aachener Dom (seit 1978) und die Mathildenhöhe Darmstadt (2021). (dpa/red)



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