Unsichtbare Folgen: Wie COVID-19 unsere Kommunikationsfähigkeiten beeinträchtigt hat

Eine stille Pandemie hat sich gleichzeitig mit der globalen Gesundheitskrise entwickelt: Unser Vermögen zur persönlichen Kommunikation bröckelt, während wir bei direkten Begegnungen zunehmend verunsichert wirken.
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Blick in eine verborgene Krise: Wie sich die Pandemie in unseren persönlichen Gesprächen widerspiegelt.Foto: iStock
Von 20. Juli 2023

In unserer Nach-COVID-19-Welt klafft eine alarmierende Lücke: Unsere sozialen Fähigkeiten scheinen in bedenklichem Ausmaß abzunehmen. Während wir in den vergangenen Jahren Meister in digitaler Kommunikation geworden sind, zeigt sich eine wachsende Unbehaglichkeit bei persönlichen Gesprächen von Angesicht zu Angesicht.

Aber die Pandemie allein kann nicht als Sündenbock herhalten. Studien weisen darauf hin, dass ein Rückgang der persönlichen Begegnungen schon seit Jahren im Gleichschritt mit einer stetigen Zunahme von Online-Kommunikation erfolgt.

Folgen der Corona-Maßnahmen

Die Pandemie hat diesen Trend durch erzwungene Isolation und den abrupten Umstieg auf Online-Arbeit und -Schule noch verstärkt. Unsere sozialen Kompetenzen, die durch ständige Praxis geschärft bleiben müssen, haben stark darunter gelitten. Eine in Tokio ansässige Forschungseinrichtung befragte tausende Studenten zwischen 2019 und 2021 und verglich ihre sozialen Kompetenzen vom ersten bis zum dritten Studienjahr. Sie stellten fest, dass die Fähigkeit der Studenten, stabile Beziehungen zu pflegen, mit anderen zu kooperieren und Geduld zu üben, während dieser Zeit stark abnahm.

Soziale Fähigkeiten sind entscheidend für Wohlergehen und Lebensfreude, sowohl für Einzelne als auch für die Gesellschaft. Im Kern sind wir soziale Wesen. Kommunikation ist ein Dialog aus Reden und Zuhören, wobei letzteres oft vernachlässigt und selten gelehrt wird. Die Verbesserung unserer Fähigkeit, hinzuhören, ist ein effektiver und sanfter Weg, Kommunikationsfähigkeiten zu erweitern und unsere Fähigkeit, tiefgreifende Verbindungen zu anderen aufzubauen, zu stärken.

Die Bedeutung dessen kann kaum überschätzt werden. Wenige Dinge im Leben sind so erfüllend wie das Gefühl, wirklich gehört zu werden. Das bedeutet, dass wir, wenn wir gut zuhören können, den Menschen ein Geschenk von unschätzbarem Wert machen können.

Leider konzentrieren sich die meisten von uns auf das, was wir sagen wollen, und nehmen das Zuhören als gegeben hin. Fast alle überschätzen zudem ihre Fähigkeiten in diesem Bereich. Scott D. Williams, Professor für Betriebswirtschaft an der Wright State University, weist in einem Brief an seine Studenten darauf hin: „Fast jeder glaubt aufrichtig, er höre gut zu. Daher denken nur wenige Menschen, sie müssten ihre Zuhörfähigkeiten verbessern. Aber in Wahrheit ist effektives Zuhören eine Kunst, die nur sehr wenige von uns wirklich beherrschen.“

Die Macht guten Zuhörens

Aufmerksames Zuhören ist der Grundstein jeglicher fruchtbaren Beziehung. Mit ein wenig Hingabe kann es jede Begegnung, sei es mit unserem Partner, unseren Kindern oder Arbeitskollegen, intensivieren. Es ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, gehört zu werden. Eine in der Ausgabe von September 2015 der Fachzeitschrift „Social Neuroscience“ veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass aktives Zuhören sogar die Belohnungszentren im Gehirn aktiviert. Die Teilnehmer der Studie bewerteten ihre Gesprächspartner und die Interaktionen mit ihnen positiver, wenn diese aktives Zuhören praktizierten.

Auf der anderen Seite nehmen die meisten Menschen – darunter auch Kinder – sehr schnell wahr, wenn ihr Gegenüber tatsächlich abgelenkt ist, beispielsweise durch die neueste Benachrichtigung auf dem Smartphone. Mit „aktivem Zuhören“ ist gemeint, dass man seinem Gesprächspartner voll und ganz Aufmerksamkeit schenkt und zeigt, dass man an seinen Worten interessiert ist. Dadurch fühlt sich der Andere geschätzt und wahrgenommen. Dies ist eine wichtige Kompetenz, nicht nur für Therapeuten und Berater, sondern für jeden Einzelnen von uns.

Das aktive Zuhören kann jeden Bereich unseres Lebens durchdringen, so Asma Rehman, professionelle Beraterin, Gründerin und Leiterin des Grief Recovery Center in Houston.

„Indem wir aktiv zuhören, signalisieren wir anderen, dass wir ihre Gedanken schätzen. Dies stärkt unsere Beziehungen und schafft Vertrauen. Außerdem erweitert das Verständnis für die Perspektiven anderer unsere kommunikativen Fähigkeiten und führt zu ertragreicheren Gesprächen“, erklärte sie gegenüber Epoch Times.

Bewusste Kommunikation in einer schnelllebigen Welt

In einer Studie aus dem Jahr 2016 wurden die Online-Aktivitäten von 40 Informationsarbeitern über zwei Wochen verfolgt. Das Ergebnis: Der durchschnittliche Erwachsene behielt seinen Fokus auf eine Online-Tätigkeit lediglich 40 Sekunden bei, bevor die Aufmerksamkeit auf etwas anderes umschwenkte.

Eine britische Studie beobachtete 200 Personen über den Zeitraum von einer Stunde am Abend und ihre Online-Aktivitäten. Das Ergebnis: Die Probanden wechselten durchschnittlich 21 Mal innerhalb der 60 Minuten zwischen verschiedenen Geräten wie Handys, Tablets und Computern.

In einer Welt, die uns mit Ablenkungen überflutet, erfordert es bewusste Anstrengung, sich auf unser Gegenüber zu konzentrieren. Doch mit Übung lässt sich diese Fähigkeit des aktiven Zuhörens schärfen.

„Es beginnt damit, dass wir unsere gesamte Aufmerksamkeit dem Gesprächspartner schenken und Ablenkungen minimieren“, erklärt Rehman.

Ein erster Schritt zu gutem Zuhören besteht darin, während des Gesprächs nicht mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen. Für die meisten von uns bedeutet das, unsere digitalen Geräte vollständig aus dem Blick zu legen. Eine Studie der University of Texas in Austin hat gezeigt, dass schon die bloße Sichtbarkeit und Erreichbarkeit eines Handys – selbst wenn es stumm geschaltet ist – die Leistungsfähigkeit der Teilnehmer in Tests erheblich minderte. Die Forscher schlussfolgerten daraus, dass die pure Präsenz eines Smartphones die Leistung bei aufmerksamkeitsintensiven Aufgaben beeinträchtigt.

Wenn wir tatsächlich ein Gespräch mit voller Konzentration führen möchten, sollten wir unsere digitalen Geräte zur Seite legen.

Rehman gibt weitere Hinweise: „Es ist wichtig, sich auf die Kernpunkte des Gesprächspartners zu konzentrieren und sich nicht in Nebensächlichkeiten zu verlieren. Bei Unklarheiten sollte man nicht zögern, nachzufragen. Eine Zusammenfassung des Gehörten sichert das Verständnis. Zudem ist eine passende Reaktion wichtig – das kann Feedback sein, Unterstützung oder einfach das Anerkennen der Aussagen des Gegenübers.“

Für viele von uns bedeutet dies, das Gesprächstempo zu reduzieren und nicht voreilig eine Antwort zu formulieren, bevor der andere ausgesprochen hat. Die volle Aufmerksamkeit dem Gesprächspartner zu schenken und sich auf das Gesagte einzulassen, verbessert nicht nur die Kommunikation, sondern zeigt auch Wertschätzung und Respekt. Dies bildet den Grundstein jeder gesunden Beziehung.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Deepen Every Relationship With This One Skill“ (Deutsche Bearbeitung kr)



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