Ausgeknockt nach zwei Jahren: Die Ampel hängt in den Seilen – sagen Sie jetzt Ihre Meinung!

Vor zwei Jahren, am 8. Dezember 2021, wurde die Ampelregierung vom Bundestag vereidigt. Es sollte ein Zukunftsprojekt werden. Inzwischen sind die Umfragewerte der Ampel im Keller. Zeit für eine Halbzeitbilanz.
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Bilder aus besseren Tagen: Am 7. Dezember 2021 unterzeichnen SPD, Grüne und FDP ihren Koalitionsvertrag. Eine Fortschrittskoalition wollten sie sein. Viel ist davon nicht geblieben.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 9. Dezember 2023

Am 8. Dezember 2021 wurde die erste Regierung aus SPD, Grüne und FDP vereidigt. Die Ziele, die sich die Ampel-Koalition damals setzte, waren groß. „Mehr Fortschritt wagen“, so lautete das Motto, unter dem der Koalitionsvertrag aller drei Parteien steht. Für die anstehende Transformation wollte das frisch gebackene Regierungsbündnis damals ein klares Signal setzen, die „Lust auf Zukunft“ und „Mut zur Veränderung“ machen sollte.

Die Koalition startete mit dem Anspruch, den Staat zu modernisieren und dafür zu sorgen, dass umfassende öffentliche und private Investitionen in die Modernisierung des Landes getätigt werden können. Es sollten öffentliche Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung getätigt sowie Anreize für private Investitionen gesetzt und Raum für unternehmerisches Wagnis gegeben werden. Zwei Jahre später herrscht nun Katerstimmung.


 

Vertrauen der Bürger ist dahin

Gerade erst hat der  „ARD-Deutschlandtrend“ 1.364 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Einstellung zur jetzigen Politik der Bundesregierung befragt. Das Ergebnis ist ein Schlag in die Magengrube für die Ampel: Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, momentan zufrieden mit der Arbeit der Regierung zu sein. Ein ähnlich schlechtes Ergebnis erhielt eine Bundesregierung zuletzt im Jahr 2020 – damals regierten die CDU/CSU mit der FDP.

Nur 27 Prozent der Befragten glauben, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Amt gewachsen ist. 23 Prozent sehen in ihm derzeit einen guten Krisenmanager und nur zwölf Prozent sind der Meinung, dass der Kanzler überzeugend kommuniziere. Insgesamt sind nur zwei von zehn Befragten mit der Arbeit des Kanzlers zufrieden. Das alles ist keine überzeugende Halbzeitbilanz. Trotzdem gehen die Meinungen darüber, was die Ampel bisher erreicht hat, weit auseinander.

Mehr als die Hälfte der Versprechen schon umgesetzt

Der Sozialwissenschaftler Robert Vehrkamp, Berater bei der Bertelsmann Stiftung, veröffentlichte im September eine Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Trier. Vehrkamp attestiert der Ampelkoalition, dass sich selten eine Regierung so viel vorgenommen habe. Von den geplanten Projekten seien inzwischen mehr als die Hälfte umgesetzt worden.

Insgesamt 453 „echte“ Regierungsversprechen machte der Senior Advisor im Programm „Demokratie und Zusammenhalt“ der Bertelsmann Stiftung im Koalitionsvertrag fest. Dabei berücksichtigte der Forscher ausschließlich Versprechen, deren Erfüllung anhand klarer Kriterien gemessen werden kann. „Eine insgesamt sehr vielversprechende Halbzeitbilanz, die aber überschattet und geprägt ist von öffentlich inszeniertem Koalitionsstreit und vielen offenen Baustellen“, kommentiert Vehrkamp das Ergebnis der Studie.

Ampel hat „umfassend versagt“

Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt der Politikwissenschaftler und Publizist Albrecht von Lucke gegenüber dem „Bayerischen Rundfunk“. Nur der Wille zur Macht und die Angst vor einem katastrophalen Abschneiden bei Neuwahlen halte die Ampel noch zusammen. Er wirft der Bundesregierung ein umfassendes Versagen vor.

Der Regierung sei inzwischen die Geschäftsgrundlage abhandengekommen. Die Ursachen liegen laut von Lucke im Ukraine-Krieg und der dadurch ausgelösten Energiekrise, aber auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Teile der Haushaltsplanung für verfassungswidrig erklärt hat.

Die Kompromisse zwischen Grünen und FDP seien nicht mehr zu finanzieren und damit gescheitert. Die FDP sperre sich gegen Steuererhöhungen und Subventionen. Die Grünen setzten hauptsächlich auf staatliche Investitionen, um den gesellschaftlichen Umbau Richtung „Klimaneutralität“ zu bewältigen.

Vom Reformbündnis zur Streitkoalition

Sosehr die Bewertung der Halbzeit der Ampelregierung auseinandergeht, unbestritten bleibt: Wohl kaum eine Regierung ist so turbulent in die Amtszeit gestartet wie die von Bundeskanzler Scholz.

Man wollte sich als Reformbündnis präsentieren. Nach über 16 Jahren Stillstand unter Angela Merkel sollte Deutschland nun zu neuen Ufern aufbrechen. Genau 82 Tage dauerte diese Aufbruchphase der Ampel an. Dann wurde sie von einer neuen Realität eingeholt. Russland griff die Ukraine an.

Am 27. Februar 2022 vollzog Bundeskanzler Scholz in seiner Zeitenwende-Rede im Bundestag einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik, brach mit den Waffenlieferungen in einen laufenden Krieg ein Tabu und kündigte eine massive Aufrüstung der Bundeswehr an. Bisher hatte sich vor allem die SPD als Juniorpartner der Union gegen Erhöhungen des Wehretats in den Jahren davor gesperrt.

Die Einigkeit der Koalition hielt in dieser Zeit gut. Die Krise schweißte offenbar zusammen. Entgegen mancher Befürchtung gelang es der Ampel, Engpässe bei der Energieversorgung abzuwenden. Deutschland schaffte es am Ende relativ gut durch den Winter.

Die Koalition schaute sehr zufrieden auf ihre Bilanz. Im März gab der Bundeskanzler dann seine Regierungserklärung zum anstehenden EU-Gipfel im Bundestag ab. Er rief zu Zuversicht und Zusammenhalt auf. Gleichzeitig machte er deutlich, dass seine Regierung mehr gestalten möchte. „Jetzt geht es darum, dass wir gemeinsam aufbrechen und anpacken, damit eine gute neue Zeit möglich wird“, so Scholz damals. Raus aus dem Krisenmodus, hinein in den Gestaltungsmodus – das entpuppte sich im Nachgang als die Schwachstelle der Ampelkoalition.

Es knirschte und krachte plötzlich im Gebälk. Das lässt sich am Heizungsgesetz festmachen. Das Gesetz ist das Symbol für Uneinigkeit und Indiskretion. Die Einigkeit in der Koalition war plötzlich dahin – das Vertrauen in die Ampel bei der Bevölkerung auch. Die Umfragewerte rutschten in den Keller. Die Koalition entfernte sich immer weiter von der Möglichkeit, nach 2025 wieder gemeinsam eine Bundesregierung zu stellen. Die Ampel ist nur noch die „Streitkoalition“. Der öffentliche Umgang der Regierungsparteien untereinander trägt nicht dazu bei, verspieltes Vertrauen in der Bevölkerung wieder herzustellen.

Im August brachte es Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf den Punkt: „Wir versauen es uns permanent selbst. Und das ist natürlich auf Dauer kein Erfolgsgeheimnis.“ Das war kurz vor der Kabinettsklausur auf Schloss Merseburg. Diese Klausur sollte wieder alles ins Lot bringen. Bundeskanzler Scholz verordnete seiner Regierung nun „das Regieren mit Schalldämpfer“. Lange hielt das allerdings nicht an.

Zweite Halbzeit wird nicht ruhiger, aber entscheidend

Am 15. November dann der nächste Tiefschlag für die Regierung: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte Teile des Nachtragshaushalts 2021 nachträglich für verfassungswidrig.  Plötzlich fehlten der Ampelregierung 60 Milliarden Euro. Für den Haushalt 2024 bedeutet das eine Lücke von 17 Milliarden im regulären Haushalt und 13 Milliarden Euro im Klimafonds. Seit Vorgestern, 7. Dezember 2023, ist klar, dass der Haushalt 2024 in diesem Jahr nicht mehr verabschiedet wird. Wieder einmal sind die Vorstellungen der Koalitionspartner zu weit auseinander.

Die zweite Hälfte der Wahlperiode dürfte daher für die Ampel nicht ruhiger werden. Die Herausforderungen, die klar auf dem Tisch liegen, sind klar: die Bewältigung der Wirtschaftskrise, die Befreiung des Landes von einer lähmenden Bürokratie und eine Lösung der Probleme der Migration und Integration.

Es wird eine entscheidende Hälfte für die Ampelkoalition. Ihr Schicksal wird sich genau daran entscheiden, wie sie sich nun auf den genannten Feldern schlagen wird. Bleibt die Ampel in den Seilen hängen oder rappelt sie sich noch einmal auf?

 



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