Argentinien: Milei will Ernst machen mit dem Aus für die Zentralbank – und dem Dollar

Der neu gewählte Präsident von Argentinien, Javier Milei, will schon 2024 die Landeswährung Peso durch den US-Dollar ersetzen. Der Schritt ist nicht unkompliziert, aber möglich. Und er hat historische Vorbilder.
Javier Milei feiert mit seiner Schwester Karina Milei.
Javier Milei feiert mit seiner Schwester Karina Milei.Foto: Natacha Pisarenko/AP/dpa
Von 29. November 2023

In Argentinien steht der neu gewählte libertäre Präsident Javier Milei schon bald vor einer Bewährungsprobe. Er hatte nicht nur im Wahlkampf versprochen, die Zentralbank abzuschaffen und den US-Dollar als Währung im Land zu verankern, sondern auch noch nach seiner Wahl deutlich gemacht, kein Präsident eines „Gradualismus“ sein zu wollen.

Die Abschaffung der Zentralbank hat er als „unverhandelbar“ bezeichnet. Schon am 11. Dezember, dem Tag nach seinem Amtsantritt, plant er ein umfangreiches Reformprogramm vorzulegen.

Milei hat keine eigene Mehrheit

Für die Einführung des Dollars und die Abschaffung des Peso, der derzeitigen Landeswährung, gibt es durchaus plausible Gründe. Argentinien kämpft zurzeit mit einer Inflation von 140 Prozent. Die Folge ist bereits jetzt, dass die Bürger den Peso als Landeswährung nicht mehr akzeptieren. Sie versuchen, seinen Gebrauch im täglichen Geschäftsleben zu vermeiden – und vor allem wichtige Geschäfte in US-Dollar abzuwickeln.

Daniel Lacalle, Chefökonom bei der in Madrid ansässigen Investmentberatung Tressis, hält die Dollarisierung Argentiniens für „durchaus denkbar“. Gegenüber der englischsprachigen Epoch Times erklärte er, die Bevölkerung habe den Schritt gleichsam schon vorvollzogen.

Milei hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt überraschend deutlich gegen den amtierenden Wirtschaftsminister Sergio Massa gewonnen. Ein Problem für ihn könnte jedoch werden, dass er über keine eigene Mehrheit unter den Kongressabgeordneten und den Provinzgouverneuren verfügt.

In vielen Ländern mit hoher Inflation ein Erfolgsrezept

Ökonom Peter St. Onge von der Heritage Foundation macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Dollarisierung historisch kein neues Konzept sei. In vielen Fällen, vor allem in inflationsgeplagten Ländern oder solchen mit sehr weicher Währung, hätte sie sich als Erfolgsrezept erwiesen.

In Israel war der US-Dollar vor der Einführung des Neuen Israelischen Schekel (NIS) in den 1980er-Jahren eine willkommene Alternative zum Pfund und zum alten Schekel. Eine vollständige Dollarisierung haben um die Jahrtausendwende Montenegro, Ecuador und El Salvador erlebt.

St. Onge spricht von einer „großen Verbesserung für die Menschen“, die dieser Schritt mit sich gebracht habe. Eine solche wäre auch für Argentinien zu erwarten, würde das Land diesen Weg gehen.

Vor dem Ende von Bretton Woods gab es einige Länder ohne Zentralbank

In vielen Entwicklungsländern habe es in den 1950er- und 1960er-Jahren auch keine Zentralbanken gegeben. Die meisten davon waren Inselstaaten wie Mikronesien oder Kiribati, aber auch Monaco und Panama. Zentralbanken seien erst im Post-Bretton-Woods-System zum Standard geworden. Wo es solche – und dazu eine freie Wirtschaft – gab, war ein freies Bankwesen die Regel.

Die Konzepte dazu waren unterschiedlich. Einige Regierungen räumten bestimmten Banken Monopolprivilegien zur Herausgabe von Banknoten ein. In anderen Ländern überwachte die Regierung diese Geldinstitute. Wirtschaftswissenschaftler weisen darauf hin, dass die Inflation in jenen Ländern, in denen der Einfluss der Regierung gering war, deutlich niedriger gewesen sei.

Wo der private Sektor und dessen Institutionen die Geldpolitik und den Zugang zur Druckerpresse kontrollierten, sei die Disziplin im Umgang damit deutlich höher gewesen. Lacalle erklärte, Milei könne Liquidität aus internen und externen Quellen sichern, wenn er einen ähnlichen Weg gehen und zudem die Haushaltspolitik stabilisieren würde.

Dollarisierung für Argentinien günstiger als Rettung des Peso

Ökonom Nicolas Cachanosky geht davon aus, dass eine Dollarisierung des Landes einen günstigen und effektiven Weg zur Bekämpfung der Inflation darstellen würde. Eine Garantie für eine effektive Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Regierung sei sie jedoch nicht. Kosten seien kein Argument dagegen, da sich der Dollar im Geschäftsverkehr ohnehin bereits etabliert habe. Cachanosky macht auch deutlich:

„Wenn Argentinien nicht über die Mittel für die Dollarisierung verfügt, hat es ganz sicher auch nicht die Mittel, den Peso zu retten.“

Ein wesentlicher Faktor bei der Umsetzung des Vorhabens von Milei könnte dessen derzeitige Besuchsreise in den USA sein. Er will sich dabei mit Vertretern der US-Regierung, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank treffen. Argentinien ist das größte Schuldnerland des IWF und schuldet der globalen Institution rund 46 Milliarden US-Dollar.

Milei bezeichnet Verhinderung einer Hyperinflation als dringlichstes Ziel

Für Milei könnte es zur Herausforderung werden, dass 30 Prozent der Bevölkerung in staatlichen Einrichtungen beschäftigt sind und weitere 30 Prozent Sozialhilfe beziehen. Beide Gruppen haben kein Interesse daran, die Staatsausgaben zu reduzieren. Dennoch hatte Milei genau mit diesem Versprechen die Wahlen gewonnen.

Es wird, so betonen die Ökonomen, darauf ankommen, dass es dem Präsidenten gelingt, den Zusammenhang zwischen Staatsausgaben und Inflation aufzuzeigen. Möglicherweise wird dies zum Wettlauf mit der Zeit, bis die Linke sich von ihrem Schock erholt und ihre Mobilisierungsfähigkeit zurückgewonnen hat.

Derzeit ist jedoch die galoppierende Inflation die mit Abstand größte Sorge der Bevölkerung – vor allem der Ärmeren. Solange diese besteht, wird die Bereitschaft, Schritte zu ihrer Bekämpfung mitzutragen, hoch bleiben.



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