Australien will Nazi-Symbole verbieten – aus Angst vor Erstarken der extremen Rechten

Politisch spielen neonazistische Gruppierungen in Australien keine Rolle. Allerdings steigt Behörden zufolge die Terrorgefahr. Nun sollen Nazi-Symbole verboten werden.
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Flagge von Australien.Foto: rarrarorro/iStock
Von 9. Juni 2023

Die Regierung will in der kommenden Woche ein Gesetz beschließen, das ein öffentliches Zeigen oder den Verkauf nationalsozialistischer Symbole unter Strafandrohung stellt. Geheimdienstchef Mike Burgess hatte zuletzt vor einer steigenden Gewaltbereitschaft rechtsextremistischer und neonazistischer Bestrebungen gewarnt.

Besorgnis über Radikalisierung jüngerer Menschen

Im Bereich der Terrorismusbekämpfung sind dem jüngsten Gefährdungsbericht zufolge rund 30 Prozent der Fälle dem Rechtsextremismus zuzuordnen. Besonders besorgniserregend sei es in diesem Zusammenhang, dass eine Radikalisierung zunehmend auch bei jüngeren Menschen stattfinde. Wie die „Tagesschau“ berichtet, ist mit einer breiten Mehrheit für die geplante Gesetzesänderung zu rechnen.

Ob die Maßnahme mehr als bloße Symbolpolitik darstellen wird, ist ungewiss. Bis dato galt Australien nicht als Hochburg rechtsextremer Bestrebungen. Das traditionelle Einwanderungsland verficht seit Jahren eine restriktive Migrationspolitik, es gibt hohe Hürden für Einbürgerungen.

Auf parlamentarischer Ebene ist der Einfluss weit rechter Parteien seit Ende der 1990er-Jahre weiter zurückgegangen. Die als „rechtspopulistisch“ geltende Partei „One Nation“ von Pauline Hanson hat im Vorjahr bei den Parlamentswahlen Stimmen eingebüßt. Im Senat ist sie mit nur noch zwei statt zuvor vier Sitzen vertreten.
Einen Sitz im Repräsentantenhaus konnte die gemäßigtere „Australian Party“ von Bob Katter halten. Der mehrfach durch islamophobe Aussagen in Erscheinung getretene Fraser Anning verlor bereits 2019 seinen Sitz im Senat.

„Islamkritik“ wurde zum Hauptagitationsfeld

Die extreme Rechte ist zudem von internen Konflikten und permanenten Abspaltungen gekennzeichnet. Im außerparlamentarischen Bereich hatten, wie der „Sydney Morning Herald“ 2019 schrieb, Vernetzungen unterschiedlicher Akteure über soziale Medien stattgefunden. Auf diese Weise komme es zu fließenden Übergängen zwischen populistischen und offen extremistischen rechten Bestrebungen.

Im Laufe der 2010er-Jahre sei es zu einem Erstarken „aktivistischer“ Gruppierungen der extremen Rechten in Australien gekommen. Es habe sich dabei ein ähnlicher Trend gezeigt wie in anderen westlichen Ländern. Ältere neonazistische Gruppierungen wie die „Southern Cross Hammerskins“ oder die „Soldiers of Odin“ verloren an Bedeutung.

Demgegenüber gewannen sogenannte islamkritische Bewegungen an Terrain. Ihre Agitationsthemen waren eine angeblich drohende „Islamisierung“ und mögliche Folgen zunehmender Einwanderung aus islamischen Ländern. Einige Gruppen wie die „Antipodean Resistance“ versuchten auch, Islamfeindlichkeit mit Antisemitismus und Agitation gegen die Rechte von Ureinwohnern zu kombinieren.

Mehr als 100 rechtsextreme Kleingruppen in Australien

Zu den bekannteren Vereinigungen aus diesem Spektrum zählen „Reclaim Australia“. Ein Jahr nach deren Gründung im Jahr 2015 spaltete sich davon die „United Patriots Front“ ab, ein weiterer Faktor wurde die „True Blue Crew“.

Insgesamt soll die Anzahl rechtsextremer Kleingruppierungen in Australien mehr als 100 betragen. Die wenigen Wahlantritte aus diesem Spektrum endeten allerdings im Null-Komma-Bereich. Die „One Nation“-Partei griff dennoch einige Positionen der militant islamophoben Gruppierungen auf.

Die tatsächliche Gefahr von ultrarechts wird in Australien weiterhin weniger von organisierten Zusammenschlüssen mit parlamentarischen Ambitionen ausgehen. Vielmehr drohen sogenannte Lone-Wolf-Attacken von Einzeltätern, wie sie sich 2019 im neuseeländischen Christchurch ereignet hatten.

Rechtsterrorismus bleibt größte Gefahr aus diesem Spektrum

Ähnlich wie die entsprechende Szene im Deutschland der späten 90er greifen Neonazis auch in Australien das Konzept des „führerlosen Widerstandes“ auf. Dieses formulierte der mittlerweile verstorbene US-Neonaziführer William Pierce in seinen „Turner Diaries“.

Es beinhaltet auch terroristische Akte durch Einzelpersonen und politisch motivierte Straftaten, deren rassistische Motivation nicht auf Anhieb erkennbar ist. Auf diese Weise agierte beispielsweise der „Nationalsozialistische Untergrund“ in Deutschland.

Eine weitere Gefahr bleibt die ausländische Einmischung mit dem Ziel, Bevölkerungsgruppen in Australien gegeneinander aufzubringen. Im Jahr 2020 nannte Australiens damaliger Migrationsminister Alan Tudge die Kommunistische Partei Chinas als wesentlichen Faktor in diesem Bereich. Der Geheimdienst des Landes teilte diese Einschätzung.

Inwiefern das geplante Gesetz zum Verbot von Nazi-Symbolen einen Effekt auf diese Bedrohungen haben wird, bleibt abzuwarten.



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