Besuch in Ankara: Faeser sagt Türkei Unterstützung gegen Terror zu

Bundesinnenministerin Faeser ist zu einem bilateralen Treffen mit ihrem Amtskollegen Soylu in die Türkei gereist. Hauptthema war der Kampf gegen Terror.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser trifft den türkischen Innenminister Süleyman Soylu in Ankara.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser trifft den türkischen Innenminister Süleyman Soylu in Ankara.Foto: Anne Pollmann/dpa
Von 22. November 2022

Am Dienstag (22.11.) ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu bilateralen Gesprächen in der Türkei eingetroffen. Auf dem Programm standen unter anderem Beratungen mit ihrem türkischen Amtskollegen Süleyman Soylu sowie der Besuch eines Jugendzentrums in Ankara. Dieses ist vor allem Anlaufstelle für minderjährige Flüchtlinge in der Türkei. Das Land beherbergt seit dem Beginn der Kampfhandlungen in Syrien mehr als vier Millionen Schutzsuchende.

Faeser äußert Anteilnahme für Opfer des İstiklal-Terrors

Wie die Nachrichtenplattform „Memurlar“ berichtet, war auch der stellvertretende Innenminister İsmail Çataklı bei den Gesprächen anwesend. Schwerpunktthema war dabei der Kampf gegen den Terror. Nach Beendigung des Treffens gaben Soylu und Faeser eine gemeinsame Presseerklärung ab.

Faeser sprach der Türkei dabei ihre Solidarität und Anteilnahme aus. Vor knapp zwei Wochen hatte eine mutmaßlich der terroristischen PKK zuzuordnende Attentäterin in Istanbuls bekannter Flaniermeile İstiklal Caddesi einen Sprengsatz gezündet. Dabei starben sechs Menschen, 81 erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Die deutsche Bundesinnenministerin erklärte dazu:

Ich habe unsere Trauer und unser Beileid zum Ausdruck gebracht. Ich habe erklärt, dass wir in diesem Kampf weiterhin solidarisch mit der Türkei sein werden.“

Faeser bedankte sich zudem für den Einblick, den sie in die Arbeit des türkischen Innenministeriums gewinnen konnte. Zwischen beiden Ländern gebe es viele zentrale Bereiche der Zusammenarbeit. Diese reichten von innerer Sicherheit über die Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität bis hin zu Fragen der Migration. All dies sei Thema der bilateralen Gespräche gewesen.

Erdoğan hält Bodenoffensive in Nordsyrien für denkbar

Am Wochenende haben die türkischen Streitkräfte in Reaktion auf den jüngsten Anschlag eine umfangreiche Anti-Terror-Offensive im Nordirak und im Norden Syriens gestartet. Ziel sind Stellungen der terroristischen PKK, die seit den 1980er Jahren einen blutigen Krieg gegen den türkischen Staat führt, sowie ihres syrischen Ablegers YPG. Erst gestern forderte ein Raketeneinschlag der YPG in einer Grenzstadt in der Provinz Gaziantep drei Todesopfer, wie „Hürriyet“ berichtet.

Vor allem die Region Kobane und ländliche Gebieten östlich von Aleppo sind Schwerpunkte der Offensive. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat auch die Möglichkeit einer Bodenoffensive nicht ausgeschlossen. Im Rahmen mehrerer bisheriger Operationen agierten die türkischen Streitkräfte dabei gemeinsam mit verbündeten sunnitischen Milizen der syrischen Opposition.

Faser erklärte in diesem Zusammenhang, die deutsche Regierung habe in Anbetracht der Situation „ein großes Verständnis für die Bemühungen und Initiativen der Türkei im Kampf gegen den Terrorismus“.

Der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge mahnte sie allerdings auch die „die Verhältnismäßigkeit der ergriffenen Maßnahmen und der Schritte“ zu berücksichtigen. Vor allem sollten „Zivilisten geschützt und die Gewalt nicht eskaliert werden“.

Soylu fordert von Faeser konsequenteren Einsatz gegen PKK

Der türkische Innenminister Soylu betonte, es sei „unsere Verantwortung, unsere Schuld und Pflicht gegenüber unserem Land, unsere Grenzen und unsere Nation zu schützen“ Dies sei auch das legitime Recht jedes Landes und jeder Nation.

Er und Faeser hätten „unsere gemeinsame Sichtweise im Kampf gegen den Terrorismus neu bewertet“. Die türkische Regierung habe der deutschen Kollegin ihre Bewertungen über konkrete Bedrohungen vorgelegt. Soylu nannte in diesem Zusammenhang die PKK, die ebenfalls linksextremistische DHKP-C und den „Islamischen Staat“ – in der Türkei als „DAESH“ bezeichnet.

Soylu forderte Deutschland zu mehr Konsequenz in der Zusammenarbeit gegen die genannten Akteure auf. In der Vergangenheit hatte die Türkei häufig Kritik geäußert, weil PKK-Anhänger in deutschen Städten demonstrierten und Deutschland Auslieferungsgesuchen nicht immer entspräche.

Keine einheitliche Bewertung des Gülen-Netzwerks

Faeser wies darauf hin, dass Deutschland als eines der ersten Länder der EU die PKK als terroristische Organisation eingestuft habe. Zudem arbeite man daran, die Organisation von ihren finanziellen Wurzeln abzuschneiden. In Deutschland unterhält die PKK Erkenntnissen von Sicherheitsbehörden zufolge ein Netz an „Spendensammlern“, die unter anderem Schutzgeld erpressten. Zudem finanziere die PKK ihre Aktivitäten durch grenzüberschreitenden Drogenhandel.

Keine einheitliche Bewertung gibt es jedoch weiterhin bezüglich der Gülen-Bewegung. Die Türkei bezeichnet das Netzwerk des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen als „Fetullahistische Terrororganisation FETÖ“. In Ankara macht man sie für den vereitelten Putschversuch eine Gruppe von Militärs am 15. Juli 2016 verantwortlich. Gülen und Vertreter von seinen Lehren inspirierter Organisationen in mehr als 100 Staaten der Welt weisen die Vorwürfe zurück.

Anders als PKK oder IS stuft kein EU-Staat das Gülen-Netzwerk als extremistisch oder terroristisch ein. Angehörige des als prowestlich geltenden islamisch-konservativen Netzwerks waren in Europa auch bislang in keine bekannten kriminellen Aktivitäten verwickelt. Viele von ihnen sind in gemeinnützigen Einrichtungen oder im Bildungswesen tätig. Deutschland hat bis dato keine Anhänger der Bewegung, die ab 2016 in die EU geflohen waren, an die Türkei ausgeliefert.

Faeser sagte auf die Frage eines Reporters zu, Deutschland werde von der Türkei erhobene Vorwürfe „im Rahmen der rechtsstaatlichen Prinzipien verfolgen“. Die türkischen Behörden und Institutionen werde man informieren, wenn die Ergebnisse vorlägen.



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