Das Öl-Embargo der EU verpufft wirkungslos

Ausnahmen und Umwege sorgen für Möglichkeiten, das Erdöl auch in Deutschland zu verkaufen. Russland steigerte allein im Frühjahr seinen Absatz um 50 Prozent.
Ein Öltanker liegt im Hafen von Noworossiysk.
Ein Öltanker liegt im Hafen von Noworossiysk. Bis nach Istanbul sind es lediglich 835 Kilometer über das Schwarze Meer.Foto: ---/AP/dpa
Von 2. Oktober 2023

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Ein Embargo ohne Kontrollen ist kein Embargo und daher wirkungslos. Zu diesem Schluss kommt das Portal „Finanzmarktwelt“ bei näherer Betrachtung des Umgangs mit den Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen Russland.

So sei das verhängte Öl-Embargo, das die Einnahmen des Kriegsgegners der Ukraine mindern soll, „reine Symbolpolitik“. Es werde nämlich offensichtlich nicht untersucht, ob es sich bei Ölimporten um russisches Öl handelt – oder nicht.

Die Handlungsfähigkeit Russlands einschränken

Vor zehn Monaten, am 3. Dezember 2022, verkündete Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, einen Beschluss, der Russland finanzielle Einbußen bringen sollte.

Abgesegnet hatten diesen Beschluss alle G7-Staaten und EU-Mitgliedstaaten mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit der Russen im Konflikt mit dem Nachbarn einzuschränken.

„Er wird uns auch dabei helfen, die globalen Energiepreise zu stabilisieren, was weltweit Ländern zugutekommt, die derzeit mit einem hohen Ölpreis konfrontiert sind. Das Einfuhrverbot der EU für russisches Rohöl und russische Erdölerzeugnisse, die auf dem Seeweg befördert werden, wird in vollem Umfang beibehalten. Gleichzeitig ermöglicht es der Preisdeckel europäischen Wirtschaftsbeteiligten, russisches Öl in Drittländer zu befördern oder damit verbundene Dienstleistungen zu erbringen, sofern sein Ölpreis strikt unter der festgelegten Obergrenze von 60 USD/Barrel bleibt“, zitiert „Finanzmarktwelt“ von der Leyen.

Im Februar 2023 reagierte Russland auf das Öl-Embargo mit einem „Gegen-Embargo“ und verbot den Ölexport in Länder, die einen Preis-Deckel anwenden.

Ausnahmen für einige EU-Länder

Doch was sieht das EU-Embargo genau vor? Welche Ausnahmen gibt es? Verboten ist der Transport von Öl aus Russland in die EU auf dem Seeweg. Die EU und die G7-Staaten haben mit Inkrafttreten des Embargos am 5. Dezember 2022 Banken, Versicherungen und Häfen untersagt, den An- und Verkauf von russischem Öl zu finanzieren.

Verboten ist auch die Versicherung von Schiffsladungen sowie das Löschen der Ladungen, falls das Öl an Bord eines Tankers zu höheren Preisen gehandelt wird als von der EU festgesetzt.

Eine weitreichende Ausnahme hat sich EU-Mitgliedsland Bulgarien erstritten. Es darf bis Ende 2024 Rohöl über den Seeweg von Russland einführen. Das Land zahlt dabei den Marktpreis, der Preis-Deckel gilt für Bulgarien nicht.

Ausnahmen gibt es auch für Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Die drei Staaten beziehen weiterhin russisches Öl aus der Druschba-Pipeline. Tschechien steigerte trotz EU-Sanktionen seine Importe im ersten Halbjahr 2023 deutlich. Der Anteil des russischen Öls betrug 65 Prozent seiner Importe. Damit war der Anteil so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr.

Verkauf an Türkei und Indien weiter erlaubt

Erlaubt ist auch, dass zum Beispiel griechische Reeder das russische Erdöl in Länder wie Indien oder die Türkei transportieren dürfen. Diese Länder liefern wiederum das Öl legal, für sie gelten die Sanktionen ja nicht.

So hat die Türkei laut „Finanzmarktwelt“ die Menge der Importe russischen Öls verdoppelt. Das Land ist dabei, das Drehkreuz für Öl- und Gashandel in Europa zu werden. Die Entfernung vom Hafen in Istanbul nach Noworossiysk beträgt lediglich 835 Kilometer.

Derzeit importiert die Türkei täglich russisches Öl im Wert von 20 Millionen Dollar, pro Jahr wären das mehr als sieben Milliarden Dollar.

Woher das Öl stammt, das an deutsche Raffinerien geliefert wird, ist unklar. Über Kontrollen hat sich bei der EU bislang niemand Gedanken gemacht, heißt es auf dem Portal weiter. Dabei sei eine Analyse zur Herkunft des Öls durchaus möglich, teilte ein international tätiges Mineralölunternehmen auf Anfrage von „Finanzmarktwelt“ mit.

Jedes Land, das Rohöl fördert, habe seinen eigenen „Fingerabdruck“. Schwieriger werde die Analyse, wenn man einen Mix aus Rohöl habe. Ein Öl-Embargo würde also nur dann Wirkung zeigen, wenn sich die EU ernsthaft für die Herkunft des Energieträgers interessieren würde. Dann wäre es beispielsweise möglich, einen Tanker in die Türkei zurückzuschicken, wenn der russisches Öl geladen hätte.

Russisches Öl für Deutschland von Drittanbietern?

Ganz ließe sich das Embargo ohnehin nicht durchsetzen. Indien könnte zum Beispiel sein eigenes Öl verkaufen und sich selbst mit günstigerem russischem Öl versorgen. Wenn die EU sich aber nicht für die Herkunft interessiert, dann könnte Deutschland auch gleich direkt aus Russland Öl beziehen. Das wäre deutlich günstiger und würde eventuell den Ölpreis sinken lassen.

So aber kauft Deutschland wahrscheinlich Öl aus Russland über Drittanbieter, die damit das große Geschäft machen – während Deutschland die Zeche dafür zahlt, schlussfolgert „Finanzmarktwelt“.

Damit wäre der Boykott gegen Russland wirkungslos. Und auch der Ölpreis-Deckel gegen russisches Öl funktioniert nicht, der Preis für die Sorte Urals liegt bereits weit über dem festgelegten von 60 Dollar. Im August kostete ein Barrel 71,12 Dollar.

Allein im Frühjahr sind Russlands Ölexporte um 50 Prozent gestiegen. Drei Viertel des Handels läuft über den Seeweg. Damit sei das Versprechen von Ursula von der Leyen“, wonach ein Embargo Russlands „Fähigkeit, Krieg in der Ukraine zu führen, einschränken wird“, reines Wunschdenken.

 



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