Europareise des US-Präsidenten: Biden und Johnson bemühen sich um gute Stimmung

Seine erste Auslandsreise als US-Präsident führt Joe Biden diese Woche nach Europa. Als Erstes triff er in Großbritannien auf Premierminister Boris Johnson, den Gastgeber des am folgenden Tag startenden G7-Gipfels.
Titelbild
Joe Biden und Boris Johnson. (Komposition Epoch Times)Foto: Getty Images | Al Drago | Peter Summers
Epoch Times7. Juni 2021

Das Verhältnis zwischen Joe Biden und Boris Johnson, die sich am Donnerstag zum Auftakt der Europareise des US-Präsidenten treffen, ist nicht gerade unkompliziert. Biden bezeichnete den britischen Premierminister einmal als „physischen und emotionalen Klon“ des damaligen US-Präsidenten Donald Trump und sieht Johnsons Brexit-Politik kritisch. Doch beide Politiker haben auch ein Interesse, die historische Partnerschaft ihrer Länder zu vertiefen.

Nach Bidens Amtsantritt im Januar war Johnson der erste europäische Regierungschef, den der neue US-Präsident anrief. Biden wolle „die besonderen Beziehungen zwischen unseren Ländern stärken und die transatlantischen Bindungen neu beleben“, erklärte das Weiße Haus im Anschluss. Johnson wiederum veröffentlichte ein Foto von sich lachend und mit hochgekrempelten Hemdsärmeln am Telefon und schrieb dazu: „Großartig, heute Abend mit Präsident Joe Biden zu sprechen.“

Misstöne in der Vergangenheit

Der US-Demokrat und der konservative Tory-Politiker waren sichtlich bemüht um gute Stimmung, denn in der Vergangenheit gab es einige Misstöne. Biden und sein Lager sahen Johnson mit einiger Skepsis. Dem Premier hängt bis heute an, dass er 2016 dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama wegen seines „teilweise kenianischen“ Hintergrunds eine „angeborene Abneigung gegen das britische Imperium“ attestierte. Biden war damals Obamas Stellvertreter.

Ende 2019 sorgte Biden als Präsidentschaftsbewerber dann für Aufsehen, als er Johnson nach dem Tory-Sieg bei der Parlamentswahl in Großbritannien als „physischen und emotionalen Klon“ Trumps bezeichnete. Vergleiche zwischen Trump und dem ebenfalls in New York geborenen Johnson hatte es viele gegeben, nicht nur wegen ihrer ähnlichen Haare, sondern wegen ihrer Politik und ihres Politikstils. Es heißt, Johnson sei gewieft wie Trump. Bidens Vorgänger war zudem ein großer Fan von Johnsons Brexit-Politik – ganz im Gegensatz zu Biden.

Der neue US-Präsident, der immer wieder stolz und leidenschaftlich auf seine irischen Wurzeln verweist, mahnt eine Einhaltung des Karfreitagsabkommens an, mit dem 1998 der Nordirland-Konflikt beigelegt worden war. Im vergangenen Herbst warnte Biden unmissverständlich, zwischen Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland dürfe keine harte Grenze entstehen. Sonst gebe es keinerlei Aussichten auf das von Johnson erhoffte Freihandelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien.

Trump hatte Johnson ein solches Abkommen nach dem Brexit versprochen – die Biden-Regierung scheint es bei dem Thema aber nicht besonders eilig zu haben.

Johnson will ganze Welt impfen

Besser scheint die Zusammenarbeit bei Themen wie Klimaschutz und Corona zu klappen. Biden wie Johnson sehen den Kampf gegen die „Erderwärmung“ als dringliche Aufgaben an und setzen, wie auch beim Kampf gegen die Corona-Pandemie, auf internationale Kooperation.

Johnson will die Staats- und Regierungschefs beim G7-Gipfel kommende Woche auffordern, die gesamte Weltbevölkerung bis Ende 2022 gegen das Coronavirus zu impfen. Die G7-Staaten sollten dazu konkrete Verpflichtungen eingehen, erklärte Downing Street am Samstag. Großbritannien ist ab dem 11. Juni Gastgeber des G7-Treffens in Cornwall im Südwesten Englands, an dem die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien, den USA, Kanada und Japan teilnehmen.

„Die Welt bis zum Ende des nächsten Jahres zu impfen, wäre die größte Leistung in der Geschichte der Medizin“, wurde der Premierminister in einer Erklärung zitiert. „Die Welt schaut auf uns, um sich der größten Herausforderung der Nachkriegszeit zu stellen: Covid-19 zu besiegen und einen globalen Aufschwung anzuführen, der von unseren gemeinsamen Werten angetrieben wird“.

Biden und Johnson scheinen sich einig zu sein

Johnson begrüßte bei seinem Telefonat mit Biden im Januar die Rückkehr der USA zum Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 und zur Weltgesundheitsorganisation, denen Trump den Rücken zugekehrt hatte. Auch mit Blick auf das von Trump häufig attackierte Verteidigungsbündnis Nato dürfte die Zusammenarbeit zwischen London und Washington fortan wieder besser laufen.

Biden dürfte zudem nicht entgangen sein, wie scharf und deutlich Johnson Trump nach der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar kritisierte. „Ich verurteile es vorbehaltlos, Menschen zu einem so schändlichen Verhalten wie im Kapitol anzustiften“, sagte Johnson damals. Dass der Kongress Bidens Sieg bei der „freien und fairen“ Präsidentschaftswahl vom 3. November nach der Kapitol-Erstürmung noch bestätigt habe, sei ein „Sieg der Demokratie“.

Und so dürfte das Treffen zwischen Biden und Johnson am Vortag des G7-Gipfels in der südwestenglischen Region Cornwall weitgehend harmonisch verlaufen – allen früheren Misstönen zum Trotz.

Gipfelmarathon für Biden

Seine erste Auslandsreise als US-Präsident führt Joe Biden diese Woche nach Europa – und den 78-Jährigen erwartet ein vollgepackter Terminkalender. Auf dem Programm stehen eine Reihe von Gipfeln, bilateralen Gesprächen und royalen Begegnungen. Ein Überblick:

Donnerstag, 10. Juni

Biden trifft in Großbritannien Premierminister Boris Johnson, den Gastgeber des am folgenden Tag startenden G7-Gipfels.

Freitag, 11. Juni

In Carbis Bay in Cornwall nimmt Biden am G7-Gipfel teil. Die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen beraten im Südwesten Englands drei Tage lang über eine Reihe von Themen wie die Corona-Pandemie.

Samstag, 12. Juni

Zweiter Tag des G7-Gipfels.

Sonntag, 13. Juni

Im Anschluss an den G7-Gipfel werden Biden und seine Ehefrau Jill auf Schloss Windsor von der britischen Königin Elizabeth II. empfangen.

Montag, 14. Juni

In der belgischen Hauptstadt Brüssel nimmt Biden am Nato-Gipfel teil. Geplant ist dabei auch ein bilaterales Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Dienstag, 15. Juni

Ebenfalls in Brüssel nimmt Biden an einem EU-USA-Gipfel teil. Er trifft außerdem den belgischen König Philippe.

Mittwoch, 16. Juni

Das vermutlich schwierigste Gespräch steht Biden am Ende seiner Europareise bevor: In Genf in der Schweiz trifft der US-Präsident den russischen Staatschef Wladimir Putin.

(afp/nmc)



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