Deutsches Duett: Merkel präsentiert Scholz auf der Weltbühne

G20 in Rom dürfte der letzte internationale Gipfel für die Kanzlerin gewesen sein. Angela Merkel nutzt das Treffen als Vorstellungsrunde für ihren möglichen Nachfolger Olaf Scholz.
Titelbild
Emmanuel Macron (l-r), Präsident von Frankreich, begrüßt Angela Merkel (CDU), geschäftsführende Bundeskanzlerin, und Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat, vor einem Treffen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union in der französischen Botschaft.Foto: LUDOVIC MARIN/AFP via Getty Images
Epoch Times31. Oktober 2021

Angela Merkel nimmt nach 16 Jahren Abschied von der Weltbühne – die Kanzlerin hat sich entschieden, dies beim G20-Gipfel in Rom mit einer ungewöhnlichen Geste zu tun.

Ob beim kurzen Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande der Arbeitssitzungen, den Gesprächen zum Atomstreit mit dem Iran oder den Beratungen mit einem so schwierigen Partner wie dem Türken Recep Tayyip Erdogan: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist beim Gipfel der großen Industrieländer (G20) in Rom am Wochenende immer an ihrer Seite. Doch nicht überall scheint sein Name schon wirklich geläufig zu sein.

Dass der Finanzminister die Kanzlerin zu G20-Beratungen begleitet, ist Usus. Scholz war mit der CDU-Politikerin zu dieser Gelegenheit etwa 2019 beim damaligen US-Präsidenten Donald Trump und ein anderes Mal auch schon bei Erdogan.

Doch die Zeiten sind nicht normal: Der SPD-Mann dürfte bald Merkels Nachfolger im Kanzleramt werden. Zu Hause in Berlin verhandelt Scholz mit Grünen und FDP über eine Ampel-Regierung. Gut möglich, dass er wie geplant schon in der Nikolaus-Woche Anfang Dezember im Bundestag zum nächsten Kanzler gewählt wird.

Kaum noch Zweifel

Beim wichtigsten bilateralen Treffen von Merkel und Scholz, dem mit US-Präsident Joe Biden, sitzen alle drei auf Augenhöhe. Die Bildsprache dürfte nicht zufällig gewählt sein: Biden und Scholz sitzen sich im Vordergrund links und rechts am Tisch gegenüber, sie sind die auch in Zukunft handelnden Akteure. Die scheidende Kanzlerin ist leicht zurückgesetzt in der Mitte am Kopfende platziert.

Schon eine Woche vor dem Gipfel hatte sie in einem großen Interview der „Süddeutschen Zeitung“ deutlich gemacht, sie sehe dem Machtwechsel im Kanzleramt entspannt und selbstbewusst entgegen. „Ich weiß, was wir geschafft haben in den Regierungen, die ich geführt habe.“

Auf die Frage, ob sie überhaupt ruhig schlafen könne bei der Vorstellung, dass künftig wieder ein Sozialdemokrat dieses Land regiere, sagt sie „Ja“. Und damit das auch jeder versteht, ergänzte sie noch: „Es wird politische Unterschiede geben, das ist ja ganz selbstverständlich. Aber ich kann ruhig schlafen.“

Scholz stellte Merkel-Raute nach

Merkel und Scholz wirken vom Typ her nicht unähnlich, bei allen politischen Unterschieden, die es zwischen der Christdemokratin und dem Sozialdemokraten nicht nur in puncto gemeinsamer EU-Schulden tatsächlich gibt.

Bei dem Duett in Rom wirkt es so, als habe Scholz nicht nur aus Wahlkampfkalkül auf einem Foto für das „SZ“-Magazin die zur weltbekannten Merkel-Raute geformten Hände nachgestellt. Merkel nickt Scholz bei dessen Analysen häufig zu. Der SPD-Mann tut es mindestens genauso oft umgekehrt, wenn die Kanzlerin sich äußert.

Eine der Hauptbotschaften von Merkel und Scholz an die Partner dieser Welt und wohl auch an die Menschen Zuhause soll es sein, Kontinuität zu demonstrieren. Wie deutlich das dann aber tatsächlich passierte, darf schon als Überraschung gelten.

Merkel lobt die zuletzt lange federführend von Scholz vorangetriebene Einigung auf eine globale Unternehmenssteuer als großen Verdienst ihres Finanzministers. Weltweite Corona-Bekämpfung, Klimaschutz, Wirtschaft – natürlich gibt es Unterschiede zwischen beiden. Aber auch viel Gemeinsames.

Ihren Segen habe Scholz für die künftigen Aufgaben nicht nötig, bemerkt Merkel irgendwann am Rande in Rom. Schließlich habe man viele Jahre gut zusammengearbeitet.

Dass Scholz in der US-Administration noch nicht ganz so bekannt zu sein scheint, dürfte der SPD-Kanzlerkandidat ganz gut verschmerzen können. In einer Mitteilung des Weißen Hauses zum Treffen über die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran am Samstag taucht er als Olaf Schulz statt Scholz auf – bis die Amerikaner den Schreibfehler entdecken und zweieinhalb Stunden später nüchtern korrigieren. (dpa/dl)

Oliver Weiken

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