Erdbeben als Folge der Erdgasförderung – „Vertrauen in Regierung verloren“

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Erdgaspipeline.Foto: iStock
Epoch Times18. Dezember 2021

Das jüngste Beben überraschte Daan Schoolland im Schlaf. „Das ganze Zimmer wackelte und meine Kinder schrien vor Angst“, erinnert sich der Lehrer aus dem niederländischen Dorf Garrelsweer. Doch es war keine Naturkatastrophe, die Familie Schoolland diesen Schrecken einjagte: Das Beben ist eine Folge der Erdgasförderung in der Provinz Groningen.

„Es war wie eine Welle, wir spürten, wie sie auf uns zukam“, sagt Schoolland. Die Erschütterungen im November erreichten eine Stärke von 3,2; es war das schwerste Erdbeben in der an Deutschland grenzenden Region seit mehr als zwei Jahren.

Garrelsweer liegt in der Nähe des größten Erdgasfeldes in Europa. Durch die Gasförderung werden die Gesteinsschichten porös, die unterschiedliche Dichte lässt den Boden erzittern.

Seit 1986 wurde die Region von immer stärkeren Erdbeben geplagt. Jahrelang protestierte die Bevölkerung deshalb gegen die Gasförderung und jubelte, als die Regierung deren Ende zunächst auf 2030 und dann sogar auf 2022 festsetzte.

Doch die Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Bald nach dem jüngsten Beben warnte der oberste Bergbaubeauftragte, dass die Beben trotz des Stopps weitergehen würden. „Unserer Einschätzung nach wird es noch einige Jahrzehnte dauern, bis sich die weiche Erde unter Groningen endgültig gesetzt hat“, sagt Theodor Kockelkoren, der niederländische Generalinspektor für Bergbau.

Die Regierung hat zwar bereits eine Entschädigungskommission eingesetzt und eine weitere, die Bürger unterstützen soll, ihre Häuser erdbebensicher zu machen. Doch Ansprüche geltend zu machen, ist schwierig.

„Schauen Sie, hier sieht man, wie sich dieses Apartement vom Rest des Hauses löst“, sagt Schoolland und zeigt auf einen Riss in dem 1952 ursprünglich als Schule errichteten Gebäude. „Es ist wirklich albern, dass ein Richter jetzt sagen muss: ‚Zahlt diesen Leuten den Schaden, den die Bergbaufirma verursacht hat‘. Das ist Wahnsinn.“ Mit seiner Wut ist Schoolland nicht allein.

Das Entschädigungsverfahren seien „rechtlich und technisch viel zu komplex“, sagt Coert Fossen von der Groningen Bodem Beweging (GBB), der Bürgerinitiative, die sich für die Entschädigung der Anwohner einsetzt. „Die Menschen haben manchmal Schäden an ihren Häusern von bis zu 100.000 Euro. Dennoch müssen sie um jeden Cent kämpfen.“

Eine weitere Hiobsbotschaft für die Menschen in der Provinz Groningen war die jüngste Ankündigung der Regierung: Um dem gegenwärtigen Anstieg der Energiepreise entgegenzuwirken, könnte 2022 – im Jahr der geplanten Schließung – die Gasförderung vorübergehend sogar noch erhöht werden. „Wenn es wirklich keine andere Option gibt“, fügte Stef Blok hinzu, der Minister für Wirtschaft und Klimaschutz.

27.000 Häuser rund um das Fördergebiet müssen laut offiziellen Angaben aus Sicherheitsgründen auf Schäden untersucht werden. Für neue Prüfverfahren wurden 1,15 Milliarden Euro bereitgestellt.

Außerdem gelte nun das Rechtssystem der „umgekehrten Beweislast“, sagt Jules van de Ven, Sprecher des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Das bedeute, dass davon ausgegangen wird, dass die Schäden durch Erdbeben verursacht wurden – solange Experten nicht das Gegenteil beweisen. Auch fordere der Staat im Namen der Bewohner Schadenersatz von dem Bergbauunternehmen ein.

Lehrer Schoolland sind diese Versprechen kein Trost: „Ich habe das Vertrauen in die Regierung verloren“, sagt er. (afp/oz)



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