Ex-Polizist Chauvin wegen Tötung Floyds zu mehr als 22 Jahren Haft verurteilt

Wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd ist der frühere US-Polizist Derek Chauvin verurteilt worden. Richter Peter Cahill verkündete in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota das Strafmaß gegen den 45-Jährigen.
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Ex-Polizist Derek Chauvin bei der Verkündung des Strafmaßes.Foto: Screenshot/NTD
Epoch Times26. Juni 2021

Der frühere US-Polizist Derek Chauvin ist wegen Totschlags (second-degree Murder) des Afroamerikaners George Floyd zu 22 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Richter Peter Cahill verhängte am Freitag in Minneapolis ein Strafmaß von 22 Jahre und sechs Monate Haft gegen den 45-Jährigen wegen Mordes zweiten Grades.

Chauvins Anwalt kündigte an das Geschworenenurteil vom April annullieren zu lassen. Das Geschworenengericht allein entscheidet per einfacher Mehrheit über Schuld oder Unschuld. Es plädierte auf „schuldig“. Mit dem Richter zusammen wurde dann das Strafmaß bestimmt.

Mit dem Strafmaß blieb Richter Cahill unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von 30 Jahren. Es lag aber auch weit über dem Antrag der Verteidigung einer Haftentlassung auf Bewährung.

Unmittelbar vor Verkündung des Strafmaßes ergriff Chauvin kurz das Wort. „Ich will der Familie Floyd mein Beileid aussprechen.“ Er hoffe, die Familie werde „Frieden“ finden, sagte der Verurteilte. Mehr könne er wegen „zusätzlicher rechtlicher Angelegenheiten“ nicht sagen.

Richter: Strafmaß fußt nicht auf „Emotionen“, „Empathie“ oder dem Druck der „öffentlichen Meinung“

Der Richter betonte, das Strafmaß fuße nicht auf „Emotionen“, „Empathie“ oder dem Druck der „öffentlichen Meinung“, sondern auf einer „rechtlichen Analyse“ der Tat. Er wolle auch keine „Botschaften“ aussenden, sagte Cahill mit Blick auf das politisch aufgeladene Verfahren.

Die Staatsanwälte argumentierten während der Anhörung, dass Chauvin eine härtere Strafe verdient habe, weil er Floyd während der Festnahme keine Hilfe geleistet habe. „Er hat die Sorgfaltspflicht, an die sich die Beamten halten sollen, missachtet“, sagte ein Staatsanwalt.

Eric Nelson, Chauvins Anwalt, sagte dem Gericht, dass eine schwere Strafe negative Auswirkungen auf die Öffentlichkeit haben würde, und stellte fest, dass er Tausende von E-Mails erhalten habe, die Chauvin unterstützen. Nelson fügte hinzu, dass Chauvins Polizeikollegen in Minneapolis eine positive Meinung von ihm hatten und sagten, er sei „für Tapferkeit dekoriert“, sei „stolz, ein Minneapolis-Polizeibeamter zu sein“ und habe in der US-Armee gedient.

Richter lehnt Antrag auf neues Verfahren ab

Am Freitag zuvor lehnte Richter Cahill Chauvins Antrag auf ein neues Verfahren ab und behauptete, er habe nicht nachgewiesen, dass Minnesotas Staatsanwaltschaft ein Fehlverhalten gesehen hätte. Er erklärte zudem, dass er in der Lage gewesen sei, einen Fall von Fehlverhalten von Geschworenen nachzuweisen, wenn es ein solches gegeben hätte. Chauvin kann 90 Tage nach Verhängung seiner Strafe beim Berufungsgericht von Minnesota Berufung für ein neues Verfahren einlegen.

Nelson behauptete weiter, dass ein Juror bei der Auswahl der Jury nicht offen gewesen sei, weil er seine Teilnahme an einem mit Black Lives Matter verbundenen Marsch zu Ehren von Martin Luther King Jr. nicht erwähnt habe. Die Staatsanwaltschaft bestritt Nelsons Argument und sagte, der Juror wäre nicht befangen gewesen.

„Herr. Chauvin bittet das Gericht, über seine Feststellungen hinaus auf seinen Hintergrund, seinen das Fehlen einer kriminellen Vorgeschichte, seine Bereitschaft zur Bewährung, auf die ungewöhnlichen Umstände dieses Falls und darauf zu achten, dass er Teil eines ‚kaputten‘ Systems ist“, schrieb Nelson in die Gerichtsakte. „Herr. Chauvins Vergehen lässt sich am besten als Fehler beschreiben, der in gutem Glauben begangen wurde und sich auf seine eigene Erfahrung als Polizeibeamter und die Ausbildung, die er erhalten hatte, stützte – nicht die vorsätzliche Begehung einer illegalen Handlung.“

Die Verurteilungsrichtlinie von Minnesota forderte laut der Verurteilung durch das Geschworenengericht 12 1/2 Jahre, da Chauvin keine Vorstrafen hatte. Richter Cahill stimmte jedoch den Staatsanwälten zu, dass es angeblich erschwerende Umstände gab, die eine härtere Strafe rechtfertigen könnten. Die Staatsanwälte argumentierten, Chauvin habe Floyd mit besonderer Grausamkeit behandelt, seine Autoritätsposition als Polizist missbraucht und dies vor Kindern getan.

Bei guter Führung könnte Chauvin auf Bewährung entlassen werden, nachdem er ungefähr zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt ​​hat.

Anwalt von Floyds Familie sieht ein „historisches Urteil“

„22,5 Jahre!“, schrieb der Anwalt der Familie Floyd, Ben Crump, im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Dieses historische Urteil bringt die Familie Floyd und unsere Nation der Heilung einen Schritt näher.“

Chauvins Mutter beteuerte vor Gericht, ihr Sohn sei unschuldig. „Nichts davon ist wahr. Mein Sohn ist ein guter Mann“, sagte Carolyn Pawlenty mit bebender Stimme. „Ich habe immer an deine Unschuld geglaubt und werde dabei nie ins Wanken geraten.“

Präsident Biden betonte, er kenne „nicht alle Umstände“, die bei dem Strafmaß berücksichtigt worden seien. Die Strafe erscheine ihm aber „angemessen“.

Floyds Tod am 25. Mai 2020 hatte international für Empörung gesorgt und in den USA landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Chauvin hatte dem wegen Falschgeldvorwürfen festgenommenen 46-Jährigen in Minneapolis rund neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl der Schwarze wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr.

Unruhen verursachten Schäden in zweistelliger Millionenhöhe

Der Vorfall löste im ganzen Land linke Demonstrationen, Unruhen und Gewalt sowie Aufrufe zur „Abschaffung der Polizei“ aus, von denen einige Kritiker sagten, dass sie in den letzten Monaten zu einem deutlichen Anstieg der Kriminalität in den großen US-Metropolen geführt haben. Minneapolis wurde nach Floyds Tod von wochenlangen Unruhen, Brandanschlägen, Plünderungen und Gewalt besonders hart getroffen. Sie verursachten Schäden in zweistelliger Millionenhöhe.

Chauvin, der während seines Prozesses nicht aussagte, sprach am Freitag nur kurz vor Gericht und sprach der Familie Floyd sein Beileid aus.

In dem Prozess sprach ein Geschworenengericht Chauvin am 20. April in allen Anklagepunkten schuldig: Mord zweiten Grades, was in Deutschland in etwa einem Totschlag in einem schweren Fall entspricht, Mord dritten Grades – eine andere Form des Totschlags – und Totschlag zweiten Grades, in Deutschland etwa fahrlässige Tötung. Auf Mord zweiten Grades steht in Minnesota eine Höchststrafe von 40 Jahren.

Chauvins Anwalt will Schuldspruch vom April annullieren lassen

Die Verkündung des Strafmaßes gegen Chauvin bedeutet kein Ende der juristischen Aufarbeitung von Floyds Tod. Chauvins Anwalt will den Schuldspruch vom April annullieren lassen. Außerdem wurden neben Chauvin auch die drei anderen an Floyds Festnahme beteiligten Polizisten angeklagt, ihr Prozess ist für März geplant. Zu guter Letzt laufen Ermittlungen auf Bundesebene gegen die vier Ex-Polizisten wegen Verletzung von Floyds Bürgerrechten. (afp/er)

Mit Material der Epoch Times USA erstellt.



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