Französische Präsidentschaftswahl: Emmanuel Macron präsentiert sich als Anti-System-Kandidat

Der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron bewirbt sich als Anti-System-Kandidat für die französische Präsidentschaftswahl 2017. In Umfragen liegt er klar vor dem unbeliebten derzeitigen Präsidenten Hollande.
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Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron trat zurück, damit er sich als Präsident für die Wahl 2017 bewerben kann.Foto: Etienne Laurent/Archiv/dpa
Epoch Times16. November 2016

Knapp ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich bekommt Staatschef François Hollande einen neuen Konkurrenten: Sein früherer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron verkündete am Mittwoch seine Kandidatur für das höchste Staatsamt. Frankreich wählt am 23. April und 7. Mai 2017 einen neuen Präsidenten.

Der parteilose Polit-Jungstar präsentierte sich als Anti-System-Kandidat und versprach, Frankreich von seinen „Blockaden“ zu befreien. Die Kandidatur des 38-Jährigen schmälert Hollandes ohnehin sehr geringe Chancen auf eine Wiederwahl.

Der sozialliberale Reformpolitiker war im August als Wirtschaftsminister zurückgetreten. Schon da war klar, dass der einstige Shootingstar in Hollandes Regierung eine Präsidentschaftskandidatur anstrebt.

Einige Monate zuvor hatte er seine eigene politische Bewegung „En marche!“ (etwa: „Vorwärts!“) gegründet, die nach Macrons Worten „weder links noch rechts“ ist. Immer wieder deutete er seitdem eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2015 an – nun verkündete er sie offiziell.

Macron präsentiert sich als Anti-System-Kandidat

„Frankreich ist vom Weg des Fortschritts abgekommen, der Zweifel hat sich eingenistet“, sagte der frühere Investmentbanker am Mittwoch in einem Berufsbildungszentrum im nördlich von Paris gelegenen Bobigny. Das von Massenarbeitslosigkeit geplagte Frankreich sei „blockiert“. Bei der Präsidentschaftswahl im April und Mai 2017 könnten die Franzosen gegen den Status quo und für den Fortschritt stimmen. Er wolle „ein Frankreich, das an seine Chancen glaubt, das Risiken eingeht, das Hoffnung hegt“.

Zugleich kritisierte Macron das politische System in Frankreich. Auf die Herausforderungen und Umwälzungen des 21. Jahrhunderts könne Frankreich nicht mit den immer „gleichen Männern und gleichen Ideen“ reagieren. Konkrete Reformvorschläge machte der Ex-Minister am Mittwoch nicht.

Für viele Franzosen ist der charismatische Politiker ein Hoffnungsträger, der das unter hoher Arbeitslosigkeit und schwachem Wirtschaftswachstum leidende Land nach vorne bringen könnte. In Umfragen liegt er vor dem unbeliebten Hollande, der ihn lange gefördert und im Sommer 2014 völlig überraschend zum Wirtschaftsminister gemacht hatte.

Allerdings stößt der frühere Mitarbeiter der Investmentbank Rothschild wegen seiner wirtschaftsfreundlichen Haltung bei vielen Sozialisten auf Ablehnung, er hat keinen Parteiapparat hinter sich und ist noch nie in ein Amt gewählt worden. Meinungsforscher sind deswegen sehr vorsichtig, was die Chancen des 38-Jährigen bei der Präsidentschaftswahl angeht. Kritiker bezeichnen ihn als „Kandidaten der Medien“ ohne wirkliche Wählerbasis.

Für Hollande ist Macrons Kandidatur eine schlechte Nachricht: Sollte der Präsident zur Wiederwahl antreten, dürfte der Ex-Minister ihm Wählerstimmen wegnehmen. Schon jetzt sagen Meinungsforscher dem unpopulären Sozialisten so gut wie keine Chancen für eine Wiederwahl voraus. Hollande will erst im Dezember bekanntgeben, ob er erneut antritt.

Kritik von allen Seiten: Mangelnde Erfahrung und „Politische Niedertracht“

Die Sozialisten kritisierten Macron für seine Kandidatur scharf. Premierminister Manuel Valls warf dem 38-Jährigen am Mittwoch mangelnde Erfahrung und einen „Alleingang“ vor. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis bezeichnete Macrons Kandidatur als „sehr ärgerlich“, weil sie zur Zerstückelung des linken Lagers beitrage.

Auch die Konservativen griffen den früheren Minister an: Ex-Premierminister und Präsidentschaftsanwärter Alain Juppé sagte, Macron sei mitverantwortlich für die „verheerende Wirtschaftspolitik“ der Sozialisten seit Hollandes Wahlsieg 2012.

Er warf ihm auch politische Niedertracht vor: Macron habe Hollande „verraten“ und ihm von hinten „in den Rücken gestochen“. Die rechtsextreme Parteichefin Marine Le Pen bezeichnete Macron als „ultraliberalen Kandidaten der Banken“.

Haushoher Favorit dürfte dann der konservative Kandidat sein. Die Republikaner bestimmen ihren Kandidaten bei einer Vorwahl an den beiden kommenden Sonntagen. Favoriten sind Juppé und Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy. Zuletzt holte zudem Ex-Premier François Fillon in Umfragen auf. (afp)



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