Wer bekommt den Friedensnobelpreis in diesem Jahr – oder vielleicht keiner?

Zuletzt wurde 1972 während des Vietnamkrieges kein Preisträger verkündet. Ist es in diesem Jahr – angesichts des Ukrainekrieges wieder so weit? Dennoch: Die Liste der in Frage kommenden Personen und Organisationen ist lang.
Oleksandra Matvitsuk, Jan Ratshinsky  und Natalja Pintschuk als Vertreterin ihres Mannes nahmen im Oslo den Friedensnobelpreis entgegen.
Preisträger im vergangenen Jahr: Oleksandra Matvitsuk, Jan Ratshinsky und Natalja Pintschuk als Vertreterin ihres Mannes nahmen am 10. Dezember 2022 im Oslo den Friedensnobelpreis entgegen.Foto: Javad Parsa/POOL NTB/dpa
Epoch Times28. September 2023

Wenn in der kommenden Woche die diesjährigen Nobelpreisträger verkündet werden, werden in den Wissenschaftskategorien wieder eine Reihe bahnbrechender Entdeckungen gefeiert werden. Anders sieht es beim Friedensnobelpreis aus, der zum Höhepunkt der Nobelpreiswoche am 6. Oktober verkündet wird. Angesichts der zahlreichen bewaffneten Konflikte rund um den Globus fragen sich die Experten, wer in diesem Jahr geehrt werden könnte – oder ob die Ehrung womöglich ausfällt.

Der Ukrainekrieg tobt seit anderthalb Jahren, in mehreren afrikanischen Staaten gab es in jüngster Zeit Militärputsche, die Beziehungen zwischen den Weltmächten sind angespannt – trübe Aussichten für den Frieden in der Welt. Wie um die Spannungen zu illustrieren, lud die Nobelstiftung den russischen Botschafter von den Feiern zur Übergabe der Nobelpreise nach einer erhitzten Debatte um dessen ursprüngliche Einladung wieder aus.

Kein Preis in diesem Jahr?

„In vielerlei Hinsicht wäre es angemessen, wenn das Nobelkomitee in diesem Jahr überhaupt keinen Preis vergeben würde“, sagt der schwedische Professor für internationale Beziehungen, Peter Wallensteen. „Das wäre eine gute Möglichkeit, den Ernst der Lage in der Welt zu demonstrieren, wie es auch schon während der beiden Weltkriege der Fall war.“

Das bislang letzte Mal, dass kein Friedensnobelpreis vergeben wurde, war 1972 während des Vietnamkrieges. Sollte in diesem Jahr unter den Kandidaten niemand für ehrungswürdig befunden werden, dürften viele dies als ein Versagen des weltweiten Bemühens um Frieden sehen. „Es ist sehr schwer vorstellbar, dass dies das Ergebnis sein könnte“, sagt der Sekretär des norwegischen Nobelkomitees, Olav Njölstad. „Aber ich will nicht sagen, dass es ausgeschlossen ist.“

Gleichzeitig ist Njölstad überzeugt, dass der Friedensnobelpreis als Hoffnungsschimmer gebraucht wird: „Die Welt braucht etwas, das in eine gute Richtung weisen könnte. Es ist wirklich wichtig, dass der Friedensnobelpreis auch in diesem Jahr verliehen wird.“

Lange Liste der Kandidaten

Die Liste der Kandidaten ist wie immer geheim. Bekannt ist nur, dass sie 351 Personen oder Organisationen umfasst. Einige Experten sehen die iranischen Frauen, die nach dem Tod der jungen Mahsa Amini nach ihrer Festnahme wegen angeblichen Verstoßes gegen die muslimischen Bekleidungsvorschriften demonstriert haben, als mögliche Kandidatinnen. Ausgezeichnet werden könnten in diesem Fall prominente Aktivistinnen oder die Allianz für Demokratie und Freiheit im Iran.

Ebenfalls als mögliche Laureaten gehandelt werden Organisationen, die Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentieren, oder der Internationale Strafgerichtshof, der nach Kriegsende voraussichtlich über ebendiese Fälle richten wird.

Dan Smith vom Internationalen Friedensforschungsinstitut Sipri in Stockholm hält auch den brasilianischen Indigenenführer Raoni Metuktire, der sich gegen die Abholzung des Regenwaldes und für Indigenenrechte engagiert, für einen möglichen Preisträger.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die russische Menschenrechtsgruppe Memorial, das ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheit und den inhaftierten belarussischen Menschenrechtler Ales Bjaljazki und damit an Menschen aus drei vom Krieg in der Ukraine betroffenen Ländern.

(afp/red)



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