Grüner Kolonialismus: Will der Westen durch Klima-Wahn den Süden arm halten?

Die Regierung Norwegens hat im Umfeld der Klimakonferenz COP26 die Weltbank bedrängt, die Finanzierung aller Erdgasprojekte in Afrika ab 2025 einzustellen. In „Foreign Policy“ spricht Vijaya Ramachandran von „grünem Kolonialismus“ gegenüber Entwicklungsländern.
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Eswatinis Premierminister Cleopas Dlamini auf der UN-Klimakonferenz 2021. Symbolbild.Foto: DANIEL LEAL-OLIVAS/AFP via Getty Images
Von 11. November 2021

In einem Beitrag für das US-Magazin „Foreign Policy“ hat die in Kalifornien lebende Direktorin für Energie und Entwicklung am Breakthrough Institute, Vijaya Ramachandran, scharfe Kritik an der Klimapolitik reicher westlicher Staaten geübt.

Sie wirft diesen vor, durch unsinnige Auflagen vor allem die ärmsten Länder der Erde am wirtschaftlichen Aufstieg hindern und sie stattdessen mit Almosen abspeisen zu wollen. Ramachandran spricht in diesem Kontext von „grünem Kolonialismus“.

Nordeuropa betreibt Lobbyismus gegen Entwicklung des Südens

Ausgerechnet ein Land wie Norwegen, das nach der Russischen Föderation der zweitgrößte Erdgasexporteur weltweit sei, habe im Vorfeld der Klimakonferenz COP26 in Glasgow zusammen mit sieben anderen nordischen und baltischen Ländern Lobbyarbeit bei der Weltbank betrieben, um die Finanzierung von Erdgasprojekten in Afrika und anderswo ab 2025 zu stoppen, führt die Thinktank-Mitarbeiterin an. „Foreign Policy“ konnte die entsprechende unveröffentlichte Erklärung einsehen und verifizieren.

Auf der Konferenz selbst seien 20 Länder sogar noch weiter gegangen und hätten sich selbst verpflichtet, ab dem nächsten Jahr alle Finanzierungen von Projekten für fossile Brennstoffe in Übersee einzustellen.

Die beteiligten Länder – hauptsächlich nordeuropäische und baltische Staaten – rieten betroffenen Entwicklungsländern stattdessen dazu, gemeinsam mit der Weltbank „saubere“ Energielösungen zu forcieren – „wie etwa grünen Wasserstoff und intelligente Mikronetze“.

UNO erklärt Umstieg auf Kochgas für sinnvoll

Ramachandran hält es für völlig unrealistisch, dass ausgerechnet die ärmsten Länder in der Lage sein würden, in absehbarer Zeit den Auf- und Ausbau der genannten Energielösungen stemmen zu können. Grüner Wasserstoff sei jetzt schon die „wahrscheinlich komplexeste und teuerste Energietechnologie“, die es gebe. Für einen zeitnahen Aufbau „intelligenter Mikronetze“ fehle es ebenfalls an Infrastruktur. Selbst ein schneller Ausbau von Solar- und Windenergie würde den ärmeren Staaten kurzfristig kaum helfen.

Erdgas sei von allen fossilen Energieträgern der sauberste, und gerade für Subsahara-Afrika ist es ein Hoffnungsträger. Zahlreiche arme Länder verfügten dort über erhebliche Gasfelder vor ihren Küsten.

Ein Verbot der Finanzierung von Erschließungsprojekten würde „praktisch das Ende der Unterstützung für die kritische Energieinfrastruktur bedeuten, die für die wirtschaftliche Entwicklung und die Anhebung des Lebensstandards notwendig ist“.

Haushalte, Schule und Fabriken müssten ein Ende ihrer Versorgung mit Elektrizität, industrieller Wärme, Kunstdünger, Flüssiggas für Transporte und Brennstoffen fürchten. Die einzige schnell verfügbare Alternative dazu wären Holz, Holzkohle und Tierdung, deren Verwertung zu Zwecken der Energiegewinnung allerdings mit der Emission gesundheitsschädlicher Rauchgase verbunden wäre.

Auch vor diesem Hintergrund habe sogar die UNO Erdgas zu den sauberen Energiequellen gezählt und die Umstellung auf Kochgas im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung als förderungswürdig anerkannt.

Neuer Kolonialismus hält Afrika arm und abhängig

Mit ihrem Lobbyismus gegen Erdgasprojekte, so die Think-Tank-Leiterin, würden Norwegen und seine Verbündeten eine klare Ansage an Afrika richten, die laute:

Wir bleiben reich, halten euch von der Entwicklung ab und schicken euch ein paar Almosen, solange ihr eure Emissionen niedrig haltet.“

Damit treibe man „die grüne Version des Kolonialismus voran“. Die nordischen und baltischen Staaten seien diesbezüglich nicht die einzigen Vertreter der reichen Welt, die den globalen Süden unter dem Banner der „Abwendung der Klimakatastrophe“ an der Entwicklung hindern und ihn abhängig halten wolle.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni warnte ebenfalls in einem Gastbeitrag für das „Wall Street Journal“: Der beschleunigte Übergang zu erneuerbaren Energien, der Afrika von den Industrieländern und ihren Hilfsorganisationen aufgezwungen werde, „wird Afrikas Versuche, sich aus der Armut zu befreien, zunichtemachen“.

Effekt afrikanischen Erdgasverbrauchs auf das Klima minimal

Die etwas mehr als eine Milliarde Menschen in 48 afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind für weniger als ein Prozent der kumulierten globalen Kohlenstoffemissionen verantwortlich, macht Ramachandran deutlich:

Selbst wenn diese Länder die Stromerzeugung ausschließlich mit Erdgas verdreifachen würden – was angesichts der erneuerbaren Ressourcen Afrikas wie z. B. der Wasserkraft unwahrscheinlich ist –, würden die globalen Emissionen nur um etwa ein Prozent steigen.“

Verweigere man diesen Menschen hingegen den Zugang zu mehr Elektrizität und halte sie dadurch künstlich arm, halte man sie erst recht auch hilflos gegen die Folgen des Klimawandels, gegen die sich zu schützen die reichen Länder schon jetzt wesentlich mehr Mittel zur Verfügung hätten.



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