Hamas-Anführer Nummer zwei Al-Aruri in Beirut ums Leben gekommen

Wurde der Hamas-Anführer in der libanesischen Hauptstadt gezielt getötet? Die Sorge vor einer Eskalation des Konflikt Israels mit der Hisbollah inmitten des Gaza-Kriegs steigt.
Der stellvertretende Leiter des Politbüros der islamistischen Hamas, Saleh al-Aruri, soll in Beirut ums Leben gekommen sein.
Der stellvertretende Leiter des Politbüros der islamistischen Hamas, Saleh al-Aruri, soll in Beirut ums Leben gekommen sein.Foto: Nariman El-Mofty/AP/dpa
Epoch Times2. Januar 2024

Bei einer Explosion in Beirut soll der stellvertretende Leiter des Politbüros der islamistischen Hamas, Saleh al-Aruri, ums Leben gekommen sein. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen der Hisbollah-Miliz. Auch der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Manar berichtete, dass Al-Aruri tot sei. Insgesamt wurden mindestens drei Menschen getötet, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete.

Die Explosion ereignete sich vor einem Büro der Hamas und Polizeikreisen zufolge in einem südlichen Stadtteil Beiruts, in dem die Hisbollah stark vertreten ist. Die genauen Hintergründe der Explosion blieben zunächst unklar. Die Hamas gab Israel die Schuld an der mutmaßlichen Tötung. Saleh al-Aruri sei bei einer Attacke „der zionistischen Besatzung“ ums Leben gekommen, teilte die Islamistenorganisation mit. Der Angriff beweist nach Darstellung der Hamas das „katastrophale Versagen“ Israel, seine Kriegsziele im Gazastreifen zu erreichen. Israels Militär wollte die Berichte auf Anfrage nicht kommentieren.

Der libanesische Militärexperte und frühere General Chalil Hilo bezeichnete die Situation unterdessen als „sehr gefährlich“. Die Hisbollah werde einen „Angriff in ihrer Hochburg in Beirut nicht tolerieren“.

Al-Aruri, den Israel als Drahtzieher von Anschlägen im Westjordanland sah, galt schon länger als mögliches Ziel für einen Anschlag. Er soll für die Aktivitäten des militärischen Hamas-Arms im Westjordanland zuständig gewesen sein. Israel und die Hamas hatten im Sommer – schon vor Beginn ihres laufenden Kriegs – Drohungen ausgetauscht. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte dabei, Al-Aruri wisse „sehr genau, warum er und seine Freunde sich versteckt halten“.

Ein brennendes Auto und heulende Sirenen

Augenzeugen sagten, zunächst sei ein Gebäude vom Angriff einer Drohne getroffen worden und dann ein Auto, aus dem Zivilschützer nach dem Brand eine verkohlte Leiche zogen. Libanesische Medien berichteten, Al-Aruri sei in einer Wohnung getötet worden. Aus Hamas-Quellen hieß es, in der Gegend habe eine Palästinensergruppe am Abend ein Treffen abgehalten.

Videos nach der Explosion in Beirut zeigten mindestens ein brennendes Auto nahe einer belebten Straße. Auch Sirenen von Krankenwagen waren zu hören. Über der Gegend stieg weißer Rauch auf, auf der Straße lagen Glassplitter. Bald darauf versammelten sich Hunderte Anhänger der Hisbollah in der Gegend.

Likud-Parteimitglied gratuliert

Der bewaffnete Arm der Fatah-Partei des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas im Westjordanland teilte mit, die Al-Aksa-Brigaden trauerten um den Getöteten. Sie drohten, auf „alle Verbrechen des Feindes gegen unser Volk zu reagieren“ – ohne Israel namentlich zu erwähnen. Aus Kreisen der Hamas hieß es, es habe in Beirut ein Treffen der palästinensischen Fraktionen gegeben.

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje verurteilte „die Ermordung Aruris“. Sie sei ein Verbrechen und werde Konsequenzen haben. Schtaje hatte kürzlich in einem Interview der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt, in dem von ihm bevorzugten Szenario werde die Hamas nach Ende des Gaza-Kriegs Juniorpartner der von der Palästinenserorganisation Fatah dominierte Palästinensische Autonomiebehörde (PA). Die USA wollen, dass die PA nach Ende des Kriegs wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt.

Danny Danon, ranghohes Mitglied der Likud-Partei, der auch Israels Regierungschef Netanjahu angehört, gratulierte Israels Militär, Geheimdiensten und Sicherheitskräften auf X zur Tötung Al-Aruris in Beirut. Alle am Massaker am 7. Oktober Beteiligten sollten wissen, dass Israel sie erreichen werde, schrieb er. Israelischen Medienberichten zufolge hat der israelische Kabinettssekretär den Ministern untersagt, sich zu dem Vorfall zu äußern. Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich schrieb auf X: „Alle deine Feinde werden umkommen, Israel.“

Der geschäftsführende libanesische Premierminister Nadschib Mikati sprach von einem „israelischen Verbrechen, das den Libanon auf jeden Fall in eine neue Phase der Konfrontationen führen will“. Zwischen Israels Armee und der Hisbollah kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs vor bald drei Monaten zunehmend zu mitunter tödlichen Konfrontationen nahe der gemeinsamen Grenze.

Irans Außenamtssprecher Nasser Kanaani machte Israel für den Tod des Hamas-Vertreters verantwortlich und verurteilte die mutmaßliche Attacke. Sie sei „Ergebnis der Verzweiflung und einer schweren und irreparablen Niederlage gegen palästinensische Widerstandsgruppen“, sagte Kanaani laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Kanaani forderte zudem eine Reaktion durch den UN-Sicherheitsrat.

Al-Aruri war Gesprächspartner von Hisbollah-Chef

Al-Aruri war Berichten zufolge 58 Jahre alt und verbrachte insgesamt zwölf Jahre in israelischen Gefängnissen vor seiner Freilassung 2010. Er genoss Privilegien als Gesprächspartner von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, der sich kaum öffentlich zeigt. Al-Aruri soll auch einer der Unterhändler gewesen sein für die Freilassung von Geiseln aus Gewalt der Hamas vergangenen Monat. Israels Armee hatte Al-Aruris Haus im Westjordanland Ende Oktober zerstört.

Die Explosion ereignete sich am Abend vor dem 3. Jahrestag der Tötung von General Ghassem Soleimani der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Kürzlich war zudem der ranghohe iranische General Sejed-Rasi Mussawi bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien getötet worden. Zu dem Jahrestag war für Mittwoch eine Rede Nasrallahs angekündigt.

In Al-Aruris Heimatdorf Arura nördlich von Ramallah sowie in Ramallah selbst gab es am Abend Demonstrationen. Im Westjordanland wurde zudem zu einem Generalstreik aufgerufen. (dpa)



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