Historische Erweiterung: BRICS-Gipfel in Johannesburg begrüßt sechs neue Mitglieder

Der BRICS-Gipfel in Johannesburg endet mit einer historischen Erweiterung. Sechs neue Länder wurden in das Bündnis aufgenommen. Während Chinas Präsident Xi Jinping von einer strahlenden Zukunft spricht, werden jedoch immer wieder Spannungen zwischen den Mitgliedern deutlich.
Luiz Inacio Lula da Silva, Xi Jinping, Cyril Ramaphosa, Narendra Modi und Sergej Lawrow posieren für ein Gruppenfoto während des BRICS-Gipfels.
Luiz Inacio Lula da Silva, Xi Jinping, Cyril Ramaphosa, Narendra Modi und Sergej Lawrow posieren für ein Gruppenfoto während des Brics-Gipfels.Foto: Gianluigi Guercia/Pool AFP/AP/dpa
Von 25. August 2023

Von Dienstag bis Donnerstag trafen sich die sogenannten BRICS-Staaten im südafrikanischen Johannesburg. Mit Spannung war schon Wochen vorher auf diesen Gipfel geschaut worden. Unter dem Namen BRICS haben sich die Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammengeschlossen, um ihre Kräfte zu bündeln und damit unabhängiger von den Institutionen des Westens zu werden. Im Mittelpunkt des dreitägigen Gipfels stand die Frage, wie es zukünftig mit dem Bündnis weitergehen soll.

Gegenpol zu den G7-Staaten?

Die BRICS-Länder werden oft als Gegenpol zu den G7-Staaten gesehen. Auch wenn die im BRICS-Bündnis zusammengeschlossenen Staaten im Moment einen geringeren Lebensstandard als die westlichen Staaten aufweisen und auch im Bereich der neuen Technologien nicht mit der westlichen Konkurrenz mithalten können, sollte man den Zusammenschluss nicht unterschätzen. Allein die schiere Größe der zusammengeschlossenen Schwellenländer könnte in Zukunft ein Bündnis schmieden, das es mit den G7-Staaten aufnehmen kann.

Mit China und Indien sind die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde BRICS-Mitglieder. Zusammen haben sie fast doppelt so viele Einwohner wie das gesamte G7-Bündnis. Insgesamt leben 3,27 Milliarden Menschen im BRICS-Bündnis und damit rund 42 Prozent der Weltbevölkerung oder auch mehr als viermal so viele Menschen wie in den G7-Staaten.

Beim Thema Wirtschaftskraft hinken die BRICS-Staaten allerdings noch dem Westen hinterher. Allein das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA ist größer als das von Indien, China und Russland zusammen. Liegt es bei den USA 2023 laut „Statista“ bei 26.855 Milliarden US-Dollar, kommen Indien mit 3.737 Milliarden US-Dollar, Russland mit 2.063 Milliarden US-Dollar und China mit 19.374 Milliarden US-Dollar zusammen auf 25.174 Milliarden US-Dollar.

In den kommenden Jahren wird sich das wirtschaftliche Kräfteverhältnis leicht zugunsten der BRICS-Staaten verschieben. Derzeit ist das G7-BIP noch knapp 1,7 Mal größer als das der BRICS-Staaten. Innerhalb von fünf Jahren wird dieser Faktor auf 1,4 schrumpfen, hauptsächlich aufgrund des starken Wachstums von China und Indien. Gemäß den Prognosen des IWF wird Indien in dieser Zeit zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen, vor Deutschland und Japan.

Diskussion um Beitrittskandidaten

Auch wenn das BRICS-Bündnis im Moment noch den G7-Ländern hinterherhinkt, übt es offenbar eine Faszination auf andere Länder aus. So war schon im Vorfeld bekannt geworden, dass über 40 Länder ihr Interesse an einem Beitritt bekundet haben. 20 Staaten davon sollen konkret um einen Beitritt gebeten haben.

Zu diesem Kreis zählen Algerien, Kuwait, Bangladesch, Indonesien, Thailand und Venezuela. Die Beitrittskriterien dafür wurden bisher nicht öffentlich verkündet. Während China und Russland auf die Aufnahme neuer Mitglieder drängten, haben andere Mitglieder erst vor Kurzem zugestimmt. Das dürfte nicht ganz reibungslos abgelaufen sein, da sich das Bündnis über den Weg hinter den Kulissen doch nicht so einig gewesen zu sein scheint.

Die BRICS-Staaten müssen einstimmig für einen Beitrittskandidaten stimmen. Hier scheinen nicht alle Staaten an einem Strang gezogen zu haben. Ein Beitritt von Saudi-Arabien galt schon im Vorfeld als sehr wahrscheinlich. Dafür sprach auch die Tatsache, dass Saudi-Arabiens Außenminister nach offiziellen Angaben auf der Plattform X für den Gipfel angereist ist, wenn auch neben vielen anderen Gästen. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat sich öffentlich für Argentinien als weiteres Mitglied starkgemacht, Südafrika favorisierte angeblich Algerien.

Noch am Mittwoch war eine ursprünglich angesetzte gemeinsame Pressekonferenz abgesagt worden. Offiziell wurde nicht gesagt, warum. Wie die „Tagesschau“ schreibt, es sei heftig darüber diskutiert worden, warum mit Äthiopien ein zweites afrikanisches Land in das Bündnis aufgenommen werden solle. Es gab Stimmen, die lieber Indonesien ins Rennen geschickt hätten. Am Ende konnte sich aber der südafrikanische Präsident, Matamela Cyril Ramaphosa, durchsetzen. Es könne nicht sein, soll er argumentiert haben, dass die Erweiterung auf einem Gipfel in Südafrika beschlossen werde, und dann sei kein einziges schwarzafrikanisches Land dabei. Ägypten liegt zwar geografisch in Afrika, gilt aber als arabisches Land. Dann also: Äthiopien. Offiziell bestätigt ist diese Auseinandersetzung allerdings nicht.

Sechs Ländern wurde am Ende dann konkret die Tür geöffnet. Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Ägypten und Äthiopien werden zum 1. Januar 2024 aufgenommen.

Chinas Präsident Xi Jinping sprach von einer „historischen Erweiterung“. Die BRICS-Länder erwarte eine „strahlende Zukunft“. Es gelte nun, die Ordnung der Welt gerechter und ausgewogener zu gestalten. Anders als die bisherigen Bündnisse und Institutionen wollten die BRICS-Staaten wahren Multikulturalismus praktizieren.

Immer wieder Sand im Getriebe

Wie sehr es aber im Moment hinter den Kulissen des Bündnisses kracht, das wurde während des Gipfels immer wieder deutlich. Viel Aufmerksamkeit richtete sich beispielsweise auf den Umgang zwischen Chinas Staatspräsident Xi Jinping und Indiens Premierminister Narendra Modi. Das Verhältnis zwischen Indien und China gilt schon länger als angespannt. China und Indien rüsten gegeneinander auf und können sich seit Jahrzehnten nicht auf einen Grenzverlauf im Himalaja einigen.

Am Dienstag landete Modi in Johannesburg, doch anstatt aus dem Flugzeug auszusteigen, verharrte er zunächst an Bord. Der Grund: Sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping war zuvor von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa persönlich am Flughafen begrüßt worden. Im Gegensatz dazu sollte Modi lediglich von einem Minister empfangen werden.

Eilig wurde der südafrikanische Vizepräsident zum Flughafen gefahren, um den indischen Premier letztlich am Flughafen zu begrüßen. Doch die Verwirrung setzte sich fort. Am Nachmittag desselben Tages fehlte Xi Jinping überraschend beim Wirtschaftsforum, dem öffentlichen Gipfelauftakt. Ohne eine offizielle Erklärung schickte er stattdessen seinen Handelsminister, um ihn zu vertreten.

Schließlich zeigte sich sowohl Xi Jinping als auch Narendra Modi zum Abendessen, das hinter verschlossenen Türen stattfand.

Über Ankündigungen nicht hinaus gekommen

Der gesamte Gipfel brachte, über die Aufnahme der sechs Länder hinaus, nicht viele konkrete Ergebnisse. Es war eher ein Ankündigungsgipfel. So kündigten die Mitgliedsländer Kooperationen in zahlreichen Bereichen an: von der Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz über Klimaschutz, Energie, Handel und Landwirtschaft bis zum Schutz von Wildkatzen und Lagerstätten für traditionelle Medizin. Putin wiederholte den Wunsch, gemeinsam neue Transportkorridore zu schaffen, insbesondere von Norden nach Süden. Mit Transport und Logistik solle sich eine eigene Kommission der BRICS befassen. Er kündigte außerdem ein Großereignis mit mehr als 200 Veranstaltungen in mehreren Städten an, wenn Russland im kommenden Jahr den BRICS-Vorsitz übernimmt.

Ein Thema kam offensichtlich überhaupt nicht voran, obwohl es seit Monaten heiß in der Öffentlichkeit diskutiert wurde: Eine BRICS-Goldwährung wird es vorerst einmal nicht geben. Die BRICS-Mitglieder haben sich laut Bloomberg darauf geeinigt, weitere Gespräche dahingehend zu führen, wie sie ihre Abhängigkeit vom US-Dollar verringern können. Wie das Onlineportal „Finanzmarktwelt“ in Berufung auf die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ schreibt, gehöre laut Ramaphosa dazu auch die Förderung der direkten Verwendung ihrer eigenen Währungen im Handel. „Wir werden die Gespräche über praktische Maßnahmen zur Erleichterung des Handels und der Investitionsströme durch die verstärkte Verwendung lokaler Währungen fortsetzen“, sagte Ramaphosa. Und weiter: „Dies ist ein Thema, das unserer Meinung nach weiter diskutiert werden muss, insbesondere zwischen unseren Finanzministern.“

Das nächste BRICS-Treffen soll in Russland stattfinden, das nun die Präsidentschaft übernimmt. Putin lud dazu für Oktober 2024 nach Kasan ein. Nach Johannesburg war er nur per Video zugeschaltet, da gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorliegt. Die südafrikanische Justiz hätte ihn also festnehmen müssen, wenn er eingereist wäre.



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