Kriege und Krisen: Zahl der Binnenflüchtlinge stieg 2022 auf weltweit 71,1 Millionen

Bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen ließen die Zahl der Binnenflüchtlinge weltweit auf 71,1 Millionen ansteigen. Die Zahl könnte 2023 weiter wachsen.
Kinder vor einem Zelt im Lager Dharawan für Binnenflüchtlinge in der Nähe von Sanaa.
Kinder vor einem Zelt im Lager Dharawan für Binnenflüchtlinge in der Nähe von Sanaa.Foto: Mohammed Mohammed/XinHua/dpa
Von 12. Mai 2023

Die Zahl der im eigenen Land vertriebenen Menschen ist im Jahr 2022 deutlich angestiegen. Dies gab die Beobachtungsstelle für intern Vertriebene (IDMC) am Donnerstag, 11. Mai, in Genf bekannt. Mittlerweile geht die Organisation weltweit von 71,1 Millionen Binnenflüchtlingen aus. Die IDMC zählt dabei Schutzsuchende infolge von Krieg und bewaffneten Konflikten ebenso mit wie Menschen, die vor Naturkatastrophen fliehen.

Viele Binnenflüchtlinge bereits zum wiederholten Mal vertrieben

Damit habe sich, so die Beobachtungsstelle, die Zahl der Binnenflüchtlinge gegenüber 2021 um 20 Prozent erhöht. Die Zahl der Menschen, die infolge von Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen mussten, stieg dem Bericht zufolge um 40 Prozent. Innerhalb von zwölf Monaten mussten 60,9 Millionen Menschen fliehen – viele von ihnen zum wiederholten Mal.

Insgesamt 28,3 Millionen Menschen mussten 2022 weltweit infolge von Krieg und Gewalt ihre Heimat verlassen. Der Krieg in der Ukraine war dabei für die meisten Fälle von erzwungener Wanderung verantwortlich. Allein 16,8 Millionen Binnenflüchtlinge führt das IDMC auf diesen zurück. In weiterer Folge gingen viele von ihnen auch ins Ausland.

Aber auch in der Demokratischen Republik Kongo (4,004 Millionen), Äthiopien (2,03 Millionen) und Myanmar (1,006 Millionen) flohen mehr als eine Million Menschen vor Gewalt im eigenen Land.

Gewalt im Sudan sorgt für weitere Binnenflüchtlinge

In Afghanistan hat sich seit der Machtübernahme der Taliban die militärische Lage im Land stabilisiert. Im Jahr 2022 gab es nur noch 32.000 Personen, die durch Kampfhandlungen im eigenen Land vertrieben wurden. Allerdings trug das Erdbeben an der Grenze zu Pakistan zur Zahl von 220.000 Binnenflüchtlingen infolge von Katastrophen bei.

Dort kam es wiederum zu Überschwemmungen. Diese hatten in Pakistan zur Folge, dass sich etwa 8,2 Millionen Menschen im eigenen Land vor deren Folgen in Sicherheit bringen mussten. Auch die Dürre am Horn von Afrika trug zu einer Verschärfung der Lage bei. Insgesamt mussten 32,6 Millionen Menschen infolge von Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen.

Es spricht wenig dafür, dass die Zahl der Binnenflüchtlinge im Jahr 2023 signifikant sinken wird. Die Erdbeben in der Türkei und in Syrien sowie das Wiederaufflammen des Bürgerkriegs im Sudan könnten sie sogar noch anwachsen lassen. Seit Mitte April sind im Sudan, in dem es schon zuvor 3,7 Millionen Binnenvertriebene gegeben hatte, weitere 700.000 Schutzsuchende dazugekommen. Mindestens 150.000 waren bis Anfang der Woche ins Ausland geflüchtet.

Kleiner Hoffnungsschimmer im Jemen

Drei Viertel aller Binnenflüchtlinge weltweit konzentrieren sich auf nur zehn Länder. Der Sudan ist eines davon. In Syrien leben seit Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 bereits mehr als 6,6 Menschen, die im eigenen Land fliehen mussten.

Afghanistan zählt ebenfalls noch eine Vielzahl an Menschen, die im Laufe der Kampfhandlungen der vergangenen Jahre vertrieben wurden. Die weiteren Länder mit den meisten Binnenflüchtlingen sind die Demokratische Republik Kongo, die Ukraine, Kolumbien, Äthiopien, der Jemen, Nigeria und Somalia. Auch in Myanmar sind nach wie vor 1,4 Millionen Menschen Vertriebene im eigenen Land.

In Kolumbien hatte es 2021 bereits 7,7 Millionen Binnenflüchtlinge gegeben. Im Vorjahr kamen 339.000 Bürgerkriegsflüchtlinge und 281.000 Menschen dazu, die sich vor Naturkatastrophen in Sicherheit bringen mussten. Auch in Kongo toben Kämpfe zwischen unterschiedlichen Milizen, die um Ressourcen wie Land, Wasser oder Mineralien kämpfen.

Hoffnung besteht immerhin für den Jemen, wo die Hauptkonfliktparteien einen Waffenstillstand vereinbart und Friedensverhandlungen aufgenommen haben. Das Schicksal der etwa vier Millionen Binnenflüchtlinge dort bleibt dennoch vorerst unklar.

(Mit Material der dpa)



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