LNG-Boom droht einzubrechen – USA denken über Exportstopp nach

Eine Entscheidung aus den USA wirft die Pläne der deutschen Industrie und der Energiepolitik durcheinander. Es geht um die LNG-Exporte. Die will US-Präsident Biden womöglich beenden.
LNG
Die USA beliefern Deutschland mit Flüssiggas.Foto: iStock
Von 29. Januar 2024


Deutschland bezieht seit Ende 2022 auch Flüssigerdgas (LNG) und will die Importmenge mit dem Bau weiterer Terminals schrittweise erhöhen. Die USA sind dabei mit Abstand der größte Lieferant. Doch der deutsche LNG-Boom könnte schon bald einbrechen.

Denn US-Präsident Joe Biden hat den Ausbau der LNG-Exportinfrastruktur grundsätzlich infrage gestellt. Eine erste Maßnahme ist bereits ergriffen: Am Freitag, 26. Januar, ordnete er an, die Bauprojekte für neue Terminals an den US-Küsten vorerst auf Eis zu legen.

USA wollen Umweltfaktoren prüfen

Es gehe nach Ansicht von Biden darum, die Klimakrise als das anzuerkennen, was sie sei: „eine existenzielle Bedrohung“. Die USA hatten die Förderung von Schiefergas in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Deshalb sind die Vereinigten Staaten heute der weltweit größte Exporteur von LNG. Sieben Exportterminals sind in Betrieb, weitere in Planung, um die Exportkapazitäten weiter auszubauen. Deutschland ist ein bedeutender Kunde.

Der CO₂-Ausstoß bei der Verbrennung von Gas zur Energiegewinnung ist bedeutend geringer als etwa bei Kohle. Dennoch ist Erdgas ein fossiler Brennstoff, bei dessen Verwendung nachhaltig im Erdboden eingelagertes CO₂ freigesetzt wird. Die Bundesregierung sieht Gas vor allem als Übergangsenergiequelle auf dem Weg zur Klimaneutralität.

„Wir müssen die Exportanträge im Lichte der neuesten Analysen in Bezug auf Wirtschaft, Umwelt und nationale Sicherheit prüfen“, sagte Energieministerin Jennifer Granholm. Ziel sei es, „die Bedürfnisse des Marktes, die langfristige Nachfrage und das Angebot sowie die Umweltfaktoren besser zu verstehen“. Bis dahin würden keine neuen Exportlizenzen erteilt.

Neben den Umweltfaktoren will sich die US-Regierung auch eingehend mit den Folgen der LNG-Exporte auf die Energiekosten auseinandersetzen, wie „energate messenger“ berichtet.

Importmenge nach Herkunftsländern im August 2023. Die USA sind bis heute unser mit Abstand größter Flüssiggaszulieferer. Foto: Statista / CC BY-ND 3.0

Deutsche Planung gerät durcheinander

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) legte große Hoffnungen auf die LNG-Lieferungen aus den USA. In den vergangenen Monaten warb er aktiv um den Brennstoff, der mit riesigen Tankern angeliefert wird. Der Vizekanzler reiste dafür persönlich nach Washington. Mit neuen Terminals, die im Norden teils in Rekordzeit entstehen, bereitete er das Land auf größere Lieferungen vor.

Die Hoffnungen auf eine Steigerung der Importmenge schwinden nun erst einmal. Der plötzliche LNG-Stopp sorgt jetzt für Chaos in der deutschen Planung. Denn deutsche Konzerne haben milliardenschwere Lieferverträge geschlossen, zuletzt etwa BASF und RWE, wie die „Welt“ berichtet.

Die deutsche Industrie betrachtet die Entscheidung aus den USA mit Sorge. Der Gasversorger SEFE (ehemals Gazprom Germania) sagte dem „Handelsblatt“:

Das von der US-Regierung einseitig beschlossene Moratorium betrifft uns als Unternehmen und generell die Stabilität und Versorgungssicherheit der europäischen Energiemärkte.“

Der Versorger wolle jetzt gemeinsam mit den entsprechenden Handelspartnern in den USA über die möglichen Folgen diskutieren.

An den offiziellen Zahlen wird deutlich, wie wichtig die USA für Deutschland beim LNG ist. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezog Deutschland seit Anfang 2023 rund 83 Prozent des Flüssiggases aus den Vereinigten Staaten. Der LNG-Anteil an allen Gasimporten Deutschlands ist mit sieben Prozent allerdings noch relativ niedrig. Erdgas erhält Deutschland primär von Norwegen, Belgien und den Niederlanden.

Bis zum Sommer 2022 war Russland noch Deutschlands stärkster Gasversorger. Aber mit der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Moskau und Berlin nach Beginn des Ukraine-Kriegs sank die Liefermenge noch im selben Jahr auf null.

Eine Wahlkampfentscheidung?

Direkt betroffen von der Anordnung des US-Präsidenten sind nach Angaben von US-Regierungsvertretern vier Terminal-Projekte in den USA. Für diese wurde schon ein Antrag eingereicht. Für andere, bereits laufende Projekte könne vorerst keine Exportlizenz beantragt werden. Bereits erteilte Genehmigungen bleiben bestehen.

Vertreter der US-Energiewirtschaft hatten sich am Donnerstag in einem Schreiben an Ministerin Granholm gewandt. Sie argumentierten mit Arbeitsplätzen, welche die Erdgasindustrie in den USA sichere. Ebenso wiesen sie auf die Versorgungssicherheit Europas hin, das seit dem Ukraine-Krieg bedeutend weniger Gas aus Russland bezieht. Eine Ausnahme bildet Österreich. Aufgrund eines langfristigen Vertrags wird der Alpenstaat von Russland-Gas überschwemmt.

Bidens Ankündigung ist im Licht des anstehenden Präsidentschaftswahlkampfs zu sehen. Nach aktueller Lage läuft es bei der Wahl im November auf einen erneuten Zweikampf zwischen dem Demokraten und seinem republikanischen Vorgänger im Amt, Donald Trump, hinaus.

Umweltorganisationen begrüßen Entscheidung

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte die Ankündigung. „Zum ersten Mal werden die LNG-Exportterminals in den USA sowohl auf ihre Klima- und Umweltauswirkungen als auch auf ihre Menschenrechtsverletzungen hin untersucht“, erklärte der Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Die DUH geht seit Monaten gegen den Bau weiterer LNG-Importterminals an den deutschen Küsten vor.

„US-Präsident Biden setzt ein klares Signal gegen fossiles Gas“, erklärte auch Petter Lydén von der Organisation Germanwatch. „Deutschland und die EU müssen einen realistischen Blick auf die sich verändernde globale Energielandschaft werfen, in der die Entscheidung der letzten Weltklimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen bereits Wirkung zeigt“, und ihre Abhängigkeit von Gas schnell reduzieren.

(Mit Material von AFP)



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