Macron: „Höhepunkt der Unruhen vorbei“ – Le Pen warnt vor Anarchie

Laut Frankreichs Präsident Macron ist der „Höhepunkt“ der Unruhen mittlerweile vorbei. „Vorsicht“ sei jedoch weiterhin geboten. Die rechtsgerichtete Marine Le Pen arbeitet derweil an ihren Beliebtheitswerten und richtet eine Ansprache an die Nation.
Titelbild
Die Fraktionsvorsitzende der Partei Rassemblement National, Marine Le Pen, am 6. Oktober 2022 in Paris.Foto: Alain Jocard/AFP via Getty Images
Von 4. Juli 2023

Frankreich wird seit dem Tod des 17-jährigen Nahel durch eine Polizeikugel bei einer Verkehrskontrolle von schweren Krawallen erschüttert. Regierungsangaben zufolge wurden seit dem 27. Juni über 3.400 Menschen bei Ausschreitungen festgenommen. 684 Polizisten und Feuerwehrleute seien verletzt worden.

Größere Ausschreitungen blieben in der Nacht zum Dienstag aus. In Nanterre bei Paris, wo der 17 Jahre alte Jugendliche vergangene Woche von einem Polizisten erschossen worden war, blieb es trotz einzelner Sachbeschädigungen ruhig, wie BFMTV berichtete. Im Großraum Paris kam es zu 17 Festnahmen. Erneut waren landesweit rund 45.000 Polizeikräfte im Einsatz, um für Ruhe zu sorgen.

Doch während sich die Lage langsam stabilisiert, rücken die politischen Konsequenzen in den Fokus. Präsident Emmanuel Macron empfing heute in Paris 200 bis 300 Bürgermeister aus Städten und Gemeinden, in denen die Ausschreitungen besonders heftig waren. Macron sagte den Bürgermeistern, dass der „Höhepunkt“ der Unruhen vorbei sei, wie AFP berichtete. Er bleibe aber „vorsichtig“ mit der Aussage, ob bereits alles vorbei sei.

Zuvor hatte Macron als Reaktion auf die bürgerkriegsähnlichen Unruhen des Landes die strikte Zensur der sozialen Medien angeordnet. Nach Angaben des Präsidenten seien die Randalierer „durch Videospiele vergiftet“ und wiederholten einfach ihre Geschichten.

Marine Le Pen richtet Worte an Nation

Doch nicht nur der französische Präsident versucht, die Lage in den Griff zu bekommen. Auch Marine Le Pen, Macrons Konkurrentin bei den Präsidentschaftswahlen 2022, nutzte die Gunst der Stunde, um eine Rede an die Nation zu halten. Das Video veröffentlichte sie in einem Twitter-Beitrag.

Darin warnt die Politikerin der Partei Rassemblement National vor dem Aufkommen einer Anarchie, was in einer Republik, die sich selbst respektiere, nicht legitim sei – sei das Ereignis noch so „dramatisch oder der Grund noch so emotional“. Dabei lobt sie die Polizei, die herausragende Arbeit leiste, auch in Momenten sinnloser Gewalt.

Sie ruft die Bürger auf, die „republikfeindlichen und extremistischen Kräfte in die Schranken zu weisen, die mit provokanten Aktionen zur Spaltung des Landes beitragen und es in schreckliches Chaos führen“ würden. Laut Le Pen sei „jede noch so kleine Kommune, jede Stadt und auch das Herz von Paris in Gefahr“.

Krawalle laut Le Pen Zeichen für gescheiterte Integrationspolitik

Sie nimmt Bezug auf das Thema Migration und prangert die Regierung Frankreichs an, in den vergangenen Jahren nicht genug gegen die aufkommenden Missstände getan zu haben. Demnach seien die Krawalle die unmittelbare Folge einer gescheiterten Integrationspolitik.

Zugleich prognostiziert Le Pen, dass die politische Linke sich eines Tages einer „Abrechnung mit der Nation und der Geschichte“ stellen müsse. Den Sicherheitsleuten sichert sie ihre volle Unterstützung zu, um die Ausschreitungen zu beenden.

Bereits seit Macrons Durchdrücken der Rentenreform im April zeigt sich, dass Marine Le Pens Anhängerschaft steigt. So geht zum Beispiel aus einer Umfrage vom Mai hervor, dass Le Pen derzeit klar gegen Macron gewinnen würde, wenn es zur zweiten Runde der Präsidentschaftswahl kommen würde. Demnach würde sie im direkten Vergleich derzeit 55 Prozent der Stimmen erreichen.

Und auf einer Veranstaltung wurden einige Jugendliche gefragt, ob sie eher für Marine Le Pen oder den Jean-Luc Mélenchon, den Kandidaten der politischen Linken, stimmen würden. Die Antworten sind in einem Video auf Twitter zu sehen – sie waren überwiegend für Le Pen.

„Parteiübergreifende Hilflosigkeit“

Frankreichs derzeitige Lage bleibt aber auch außerhalb der Grenzen nicht unkommentiert. Der deutsche Autor und Finanzexperte Ernst Wolff führt die Ursache der Unruhen Frankreichs auf die soziale Ungleichheit und die „parteiübergreifende Hilflosigkeit“ angesichts dieses „größten Problems, das Frankreich in den vergangenen Jahren in besonderer Weise betroffen hat“, zurück.

In einem Kommentar schreibt er: „Symbolisch für diese Entwicklung stehen auf der einen Seite der Vermögenszuwachs des zurzeit reichsten Mannes der Welt und auf der anderen Seite die um sich greifende Jugendarbeitslosigkeit insbesondere in den französischen Vorstädten“, so Wolff.

Schäden über eine Milliarde Euro

Der wirtschaftliche Schaden durch die anhaltenden Unruhen in Frankreich ist nach Einschätzung der Arbeitgebervereinigung Medef gewaltig.

„Es ist noch zu früh, um eine genaue Zahl zu nennen, aber wir liegen bei über einer Milliarde Euro, ohne die Schäden für den Tourismus zu berücksichtigen“, sagte Medef-Chef Geoffroy Roux de Bézieux der Zeitung „Le Parisien“. Über 200 Geschäfte seien vollständig geplündert, 300 Bankfilialen zerstört und 250 Kioske in Mitleidenschaft gezogen worden.

„Die Videos der Unruhen, die in der ganzen Welt kursierten, beschädigen das Image Frankreichs“, sagte der Arbeitgeberchef. „Es ist immer schwer zu sagen, ob die Auswirkungen dauerhaft sind, aber es wird sicherlich einen Rückgang der Buchungen in diesem Sommer geben, obwohl die Saison vielversprechend war.“ Einige Touristen hätten ihre Aufenthalte bereits storniert.

(mit Material der Nachrichtenagenturen)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion