Niederlande wollen Sterbehilfe für Kinder im Alter von ein bis zwölf Jahren legalisieren

Bereits jetzt können Kinder, die älter als zwölf Jahre sind, in den Niederlanden Sterbehilfe beantragen – mit Zustimmung der Eltern. Jetzt will die Regierung die Regelung ausweiten. Einige Ärzte sehen darin einen gefährlichen Präzedenzfall.
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Der niederländische Minister für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport, Ernst Kuipers, während einer Debatte über die Akutversorgung in der Abgeordnetenkammer in Den Haag am 9. November 2022.Foto: Phil Nijhuis/ANP/AFP via Getty Images
Von 17. April 2023

Die Niederlande haben angekündigt, dass sie ihre Euthanasievorschriften erweitern werden. Sie wollen Ärzten die Möglichkeit geben, das Leben von sterbenskranken Kindern zwischen ein und zwölf Jahren zu beenden.

Es handelt sich dabei um eine Anpassung eines bestehenden Gesetzes, für die keine parlamentarische Genehmigung erforderlich ist. Nach Angaben der Regierung soll die Neuregelung noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.

Vorausgegangen waren jahrelange Forderungen einiger niederländischer Ärzte, das Mindestalter von zwölf Jahren bei aktiver Sterbehilfe herabzusetzen, sowie eine Debatte im Kabinett.

Entscheidung nach intensiven Beratungen

„Dies ist ein sehr komplexes Thema, bei dem es um erschütternde Situationen geht, die man niemandem wünschen würde“, sagte der niederländische Gesundheitsminister Ernst Kuipers. Er freue sich, dass „wir nach intensiven Beratungen mit allen Parteien zu einer Lösung gekommen sind“.

Die Verordnung würde für sterbenskranke Kinder gelten, die aufgrund ihrer Krankheit unerträgliche Schmerzen hätten und bei denen eine palliative Versorgung keine Linderung bringen könne. Nach Angaben des niederländischen Gesundheitsministeriums würde dies auf „eine kleine Gruppe von etwa fünf bis zehn Kindern“ pro Jahr zutreffen.

„Die Beendigung des Lebens für diese Gruppe ist die einzige vernünftige Alternative zum unerträglichen und hoffnungslosen Leiden eines Kindes“, teilte die niederländische Regierung am vergangenen Freitag mit.

„Wenn das Kind nicht mehr in der Lage ist, seine Zustimmung zu geben, kann die Euthanasie immer noch mit der Erlaubnis der Eltern und in Absprache mit einem Arzt erfolgen“, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Axel Dees, gegenüber AFP.

Der Weltärztebund hat 1987 eine Erklärung zur Sterbehilfe abgegeben, die 2005 bekräftigt wurde. „Euthanasie, das heißt die absichtliche Beendigung des Lebens eines Patienten, auch auf dessen eigenen Wunsch oder auf Wunsch naher Angehöriger, ist unethisch“, heißt es darin. „Der Arzt kann jedoch den Wunsch des Patienten respektieren, dem natürlichen Sterbeprozess in der Endphase der Krankheit seinen Lauf zu lassen.“

Ärzte äußern Bedenken: „Gefährlicher Präzedenzfall“

Viele Menschen lehnen Sterbehilfe aus ethischen oder religiösen Gründen ab. Sie sind der Meinung, dass Euthanasie eine Verletzung der Unantastbarkeit des Lebens darstellt, weil das Leben einen unschätzbaren Wert besitzt und nicht absichtlich beendet werden sollte – auch nicht im Leid. Einige haben die Sorge geäußert, dass Euthanasie zu einer Desensibilisierung gegenüber dem Wert des menschlichen Lebens führen könnte.

Wieder andere erklärten, dass die Euthanasie in der Praxis „den Ärzten nur mehr Macht und eine Lizenz zum Töten gibt“. „Sobald den Ärzten die Befugnis zum Töten übertragen wird, wird die Beziehung zwischen Arzt und Patient in Mitleidenschaft gezogen. Ein Patient kann nicht mehr sicher sein, welche Rolle der Arzt spielen wird – Heiler oder Mörder“, so der Patients Rights Council, eine Interessengruppe in den Vereinigten Staaten.

In Bezug auf die Legalisierung der Sterbehilfe bei Kindern haben Ärzte und Aktivisten im Laufe der Jahre Bedenken geäußert, dass dies einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte, der zu weiterem Missbrauch führen könnte.

Es gibt auch Bedenken, ob Kinder in der Lage sind, fundierte Entscheidungen über ihr eigenes Leben zu treffen, und ob sie für Zwang oder Druck seitens der Eltern oder ihrer Ärzte anfällig sein könnten.

Zweites Land, das aktive Sterbehilfe für kleine Kinder zulässt

Im Jahr 2002 waren die Niederlande das erste Land der Welt, das Sterbehilfe legalisierte. Belgien folgte noch im selben Jahr. Auch in Spanien und Luxemburg ist aktive Sterbehilfe erlaubt, allerdings nur bei Volljährigen.

Die geplanten Neuregelungen in den Niederlanden sind nicht ganz neu: Belgien war 2014 bereits das erste Land, das die Sterbehilfe für kleine Kinder mit deren Zustimmung gesetzlich erlaubte.

In den Niederlanden unterliegt die Sterbehilfe bislang folgenden Kriterien: Das Verfahren ist bei Säuglingen unter zwölf Monaten und bei Kindern über zwölf Jahren erlaubt – allerdings nur mit Zustimmung der Eltern, wenn die Kinder unter 16 Jahre alt sind. Bei Minderjährigen zwischen 16 und 18 Jahren müssen die Eltern in die Entscheidung einbezogen werden.

Verfünffachung der Euthanasie-Todesfälle seit Legalisierung

In den Niederlanden müssen alle Fälle von Sterbehilfe den medizinischen Aufsichtsbehörden gemeldet werden. Ärzte, die Sterbehilfe leisten, müssen davon überzeugt sein, dass der Patient, der um Sterbehilfe gebeten hat, dies freiwillig getan hat, dass sein Leiden unerträglich ist und dass es keine Aussicht auf Besserung gibt.

Im Jahr 2022 wurde in den Niederlanden nur ein einziger Fall von Euthanasie für einen Minderjährigen zwischen zwölf und 16 Jahren gemeldet, wie aus den Zahlen der regionalen Euthanasie-Prüfungsstellen hervorgeht.

Insgesamt gab es nach Angaben der Regierung im Jahr 2022 in den Niederlanden mehr als 8.720 Sterbefälle oder 5,1 Prozent aller Todesfälle durch Euthanasie – darunter litt die Mehrheit (57,8 Prozent) an unheilbarem Krebs. Dies ist ein Anstieg um 13,7 Prozent gegenüber den 7.666 gemeldeten Euthanasie-Todesfällen im Jahr 2021.

Seit der Legalisierung der Sterbehilfe hat sich die Zahl der Euthanasie-Todesfälle in den Niederlanden fast verfünffacht (480,44 Prozent). Im Jahr 2003 wurden 1.815 Sterbefälle durch Euthanasie registriert.

Aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe verboten, passive und indirekte Sterbehilfe sind jedoch erlaubt. Passive Sterbehilfe bezeichnet das Unterlassen von lebensverlängernden Maßnahmen wie beispielsweise die Einstellung der Ernährung, Bluttransfusion oder Beatmung.

Die indirekte Sterbehilfe hat in erster Linie das Ziel, Schmerzen zu lindern. In Deutschland ist es erlaubt, dem Patienten in diesem Zusammenhang Medikamente zu verabreichen, die möglicherweise zu einem früheren Tod führen. Diese Form wird als indirekte Sterbehilfe bezeichnet.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Netherlands to Allow Euthanasia for Terminally Ill Children“ (redaktionelle Bearbeitung il)



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