Russen erweisen Michail Gorbatschow die letzte Ehre

Sein Tod hat international Trauer ausgelöst, nun wird Gorbatschow beigesetzt. Hochrangige Politiker aus dem Ausland werden nicht zur Beerdigung erwartet. Auch Kremlchef Putin lässt sich entschuldigen.
Titelbild
Ein Porträt des früheren sowjetischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträgers von 1990, Michail Gorbatschow.
Epoch Times3. September 2022

Russland nimmt Abschied vom ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow, der vor allem im Ausland großes Ansehen genoss. Der Friedensnobelpreisträger, der als einer der Väter der Deutschen Einheit gilt, soll am Samstag in Moskau bestattet werden. Er war am Dienstag nach langer schwerer Krankheit im Alter von 91 Jahren gestorben.

Ein Staatsbegräbnis wird es anders als nach dem Tod des russischen Präsidenten Boris Jelzin (1931-2007) nicht geben. Es werden zudem keine führenden Politiker Europas zu dem Begräbnis erwartet. Hintergrund sind die westlichen Sanktionen gegen Moskau wegen des Ukraine-Kriegs.

Trauerfeier und Teilnehmer

Die Trauerfeier sollte um 9:00 Uhr MESZ beginnen. Der Leichnam Gorbatschows wird zunächst für mehrere Stunden im Haus der Gewerkschaften in Sichtweite des Kreml aufgebahrt. Traditionell wurden dort die Särge der Sowjetführer nach ihrem Tod aufgestellt. Die Trauernden können sich dann von Gorbatschow verabschieden. Danach soll er auf dem Moskauer Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster bestattet werden – neben seiner Frau Raissa.

Russlands Präsident Wladimir Putin wird nicht teilnehmen. Sein Sprecher Dmitri Peskow begründete dies mit Terminproblemen. Putin hatte Gorbatschow an dessen Sarg am Donnerstag die letzte Ehre erwiesen. Gorbatschow kritisierte als Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ unter anderem Beschränkungen der Pressefreiheit und andere autoritäre Machtzüge unter Putin.

Deutschland wird durch den Geschäftsträger der Botschaft in Moskau vertreten sein. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begründete seinen Verzicht auf eine Teilnahme damit, dass es keine Einladung gebe. In mehreren Bundesländern wurde eine Trauerbeflaggung angeordnet.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat eine Reise nach Moskau angekündigt. Dort will er an der Trauerfeier für den verstorbenen sowjetischen Ex-Präsidenten Michail Gorbatschow teilnehmen. Orban wolle Gorbatschow „die letzte Ehre erweisen“, teilte das Außenministerium am Samstag auf Twitter mit. Der Kreml betonte umgehend, dass kein Treffen zwischen Orban und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geplant sei.

Orban wird von seinen Kritikern eine starke Moskau-Nähe vorgeworfen. Unter anderem hat Ungarn als einziges EU-Land seit Beginn des Ukraine-Krieges den Gas-Bezug aus Russland erhöht.

Luftraum gesperrt

Für viele ausländische Politiker wäre eine Teilnahme an dem Begräbnis ohnehin nicht möglich gewesen, weil sie von russischer Seite als Reaktion auf die westlichen Sanktionen mit Einreiseverboten belegt wurden. Gesperrt ist zudem der Luftraum in Russland für Flugzeuge aus „unfreundlichen EU-Staaten“. Deshalb werden vor allem ausländische Botschafter und Diplomaten von Gorbatschow Abschied nehmen.

Gorbatschow galt als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges. Unter seiner Führung schloss die Sowjetunion in den 1980er Jahren mit den USA wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle. In seiner Heimat leitete er als Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) einen beispiellosen Reformprozess ein.

Der politische Prozess führte letztlich zu einem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums. Viele Politiker und Bürger Russlands sehen Gorbatschow deshalb als „Totengräber der Sowjetunion“. Vor allem im Osten Deutschlands genoss „Gorbi“ wegen der Öffnung des kommunistischen Systems und des von Moskau damals zugelassenen Mauerfalls großes Ansehen. Sein Tod löste international Trauer aus. (dpa/afp/mf)



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