Russland: Testlauf für digitalen Rubel ab August

Die Russische Föderation wird ab August ihr digitales Zentralbankgeld testen. Der digitale Rubel könnte ab 2024 für Bankgeschäfte genutzt werden – und eine mögliche BRICS-Währung beschleunigen.
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Soll bald auch als CBDC zur Verfügung stehen: der russische Rubel.Foto: Alexander Nemenov/AFP via Getty Images
Von 26. Juli 2023

Am 1. August wird Russland die erste Testphase seiner digitalen Zentralbankwährung starten. Das hatte die Parlamentszeitung der Staatsduma und des Föderationsrates bereits im Juni angekündigt. Die Nachrichtenagentur „Interfax“ hatte den Start des digitalen Rubels im Juli unter Berufung auf Zentralbankquellen bestätigt.

Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, hat auch bereits ein entsprechendes Änderungsgesetz zum russischen Zivilgesetzbuch unterzeichnet. Damit ist der digitale Rubel neben Bargeld und Bankgeld als offizielles Zahlungsmittel im Land verankert.

Breiter Gebrauch von digitalem Rubel bis 2027

In der Testphase werden 15 ausgewählte Banken die Funktionsfähigkeit des CBDC (Digitales Zentralbankgeld) erproben. Neben den Bankangestellten werden auch einige private Kunden der Geldinstitute daran teilnehmen. Sollte der Test befriedigend verlaufen, könnte der digitale Rubel ab 2024 für Bankgeschäfte Verwendung finden. Finanzunternehmen könnten ab 2025 damit arbeiten.

Auf breiter Ebene rechnet die stellvertretende Zentralbankchefin Olga Skorobogatova allerdings erst für 2025 bis 2027 mit einem Durchbruch. Dies äußerte sie in einem Gespräch mit dem „Forbes“-Magazin.

Laut „Reuters“ ist der Testlauf als Versuch der Russischen Föderation zu deuten, ihr Finanzsystem zu modernisieren und Kryptowährungen wie Bitcoin entgegenzuwirken. Skorobogatova sieht hingegen noch weitere Implikationen.

Abhängigkeit von westlich dominiertem Finanzsystem beenden

Der digitale Rubel soll primär zwar als Instrument für inländische Zahlungen und Überweisungen Verwendung finden, allerdings sei mit der russischen CBDC auch eine grenzüberschreitende Perspektive verbunden.

Vor dem Hintergrund westlicher Sanktionen infolge des Ukraine-Krieges will Russland auch seine Abhängigkeit vom US-dominierten Finanzsystem verringern. Russische Banken sind derzeit vom Zugang zu US-Dollars faktisch abgeschnitten. Einige russische Geldinstitute sind zudem vom SWIFT-System abgeschnitten, das den internationalen Zahlungsverkehr erleichtert.

Russland ist seither zunehmend auf Währungen wie den chinesischen Renminbi ausgewichen, um seine Energie- und Warenimporte zu bezahlen. Der digitale Rubel soll diese neue Abhängigkeit nun verringern.

Digitaler Rubel erster Schritt zu künftiger BRICS-Währung?

Skorobogatova setzt auf künftige Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Ländern, um den internationalen Zahlungsverkehr zu optimieren:

Wenn es solche Vereinbarungen gibt, dann kann die Integration digitaler Währungen SWIFT wirklich ersetzen. Zahlungen und Informationen finden dann in einer völlig anderen Abwicklungsinfrastruktur als jetzt statt.“

Die mögliche Schaffung einer gemeinsamen Währung werde jedoch auch ein Thema des bevorstehenden BRICS-Gipfels sein. Dieser wird vom 22. bis 24. August in Johannesburg stattfinden. Russland hatte einen solchen Schritt erstmals 2019 vorgeschlagen.

Es werde „ein langer Prozess“ werden, bis eine solche stehen könne, meint die Vize-Zentralbankchefin. Allerdings ist das Interesse der beteiligten Länder groß, einem solchen Vorhaben näherzutreten. Immerhin befürchten mehrere BRICS-Länder, früher oder später selbst ins Visier des Westens zu geraten, der Sanktionen als außenpolitisches Druckmittel einsetze.

Blaupause für digitales Zentralbankgeld auch im Westen

Unterdessen hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der die Koordination der Schaffung von CBDC (Central Bank Digital Currency) in westlichen Ländern koordiniert, ihren Jahresbericht vorgelegt. Darin hat sie eine Art Blaupause für digitale Zentralbankwährungen wie den geplanten digitalen Euro vorgelegt.

Wie der Ökonom Norbert Häring auf seinem Blog berichtet, ist dort die Rede von einer „neuartigen Finanzmarktinfrastruktur“, einem „einheitlichen Hauptbuch“. Dieses könnte „die Vorteile der Tokenisierung voll ausschöpfen“. Zentralbankgeld, tokenisierte Einlagen und tokenisierte Vermögenswerte sollen demnach „auf einer programmierbaren Plattform vereint“ werden.

Diese Programmierbarkeit solle helfen, bestimmte gesetzliche oder Compliance-technische Anforderungen direkt in den jeweiligen Token einzubauen. Ein Token stellt eine Werteinheit dar, die reale Vermögenswerte repräsentieren und übertragbar machen soll. Er umfasst gleichzeitig die Beschreibung des betreffenden Objekts und die Regeln für den Transfer dieses Objekts.

CBDC: Instrument der Inklusion oder der umfassenden Kontrolle?

Bereits im Rahmen eines Treffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) lobte dessen stellvertretender Geschäftsführer Bo Li die „Programmierbarkeit“ von CBDC als zentrales Feature. Diese würde die „finanzielle Inklusion“ erleichtern.

CBDC, so Li, könne es „Regierungsbehörden und privaten Akteuren ermöglichen, zu programmieren, intelligente Verträge zu erstellen“. Diese seien ein potenzieller Beitrag, um den digitalen Währungen „gezielte politische Funktionen zu ermöglichen“. Ein Beispiel sei die „präzise Ausrichtung“ von Sozialleistungen.

Kritiker befürchten demgegenüber die Möglichkeit einer kompletten Kontrolle staatlicher Institutionen über das Individuum. Der Staat könnte vorschreiben, wie das von ihm gewährte digitale Geld für Nahrung, Unterkunft, soziale Teilhabe oder Konsum genutzt werden solle. Bei Bedarf könnte CBDC auch zum Sanktionsinstrument werden.



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