„Schutz nationaler Identität“: Italien will Verwendung von Anglizismen bestrafen

Mit harten Maßnahmen will die Regierung Meloni in Italien die eigene Sprache schützen. Die Verwendung von Anglizismen könnte künftig teuer werden.
Italien Speisekarte
Foto: Textbüro Freital
Von 8. April 2023

Mit drakonischen Maßnahmen will die Regierung in Italien den heimischen Sprachgebrauch vor Anglizismen schützen. Zum „Schutz der nationalen Identität“ legten die „Brüder und Schwestern Italiens“-Partei „Fratelli d’Italia“ von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in der Vorwoche einen Gesetzentwurf vor.

Diesem zufolge soll der Gebrauch fremdsprachiger Begriffe in öffentlicher Kommunikation mit Geldbußen zwischen 5.000 und 100.000 Euro geahndet werden. Voraussetzung ist, dass ein italienisches Wort die gleiche Aufgabe erfüllt.

FdI beklagen Auswirkungen der „Anglomanie“ in Italien

Die neue Initiative zur „Wahrung der italienischen Lebensart“ kommt nur wenige Tage nach einem Verbot der Verwendung synthetisch hergestellter Lebensmittel. Auch diese soll Italiens Kultur vor einer Bedrohung des landwirtschaftlichen und kulinarischen Erbes des Landes bewahren.

Wie „The Local“ berichtet, sollen vor allem Unternehmen von dem geplanten Gesetz betroffen sein. Die Pflicht zur Verwendung italienischer Wörter soll sich unter anderem auf die Werbung für Waren und Dienstleistungen sowie Berufsbezeichnungen beziehen. Allerdings könnten auch Universitätskurse betroffen sein: Sofern sie nicht speziell auf die Vermittlung einer Fremdsprache abzielen, soll der Unterricht nur auf Italienisch erfolgen.

Urheber des Entwurfs ist der FdI-Abgeordnete Fabio Rampelli. Er klagt über eine „Anglomanie“ im Land, die „Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft“ habe. Premierministerin Meloni unterstützt das Vorhaben. In der Begründung zum Entwurf heißt es, die Verwendung englischer Begriffe anstelle des Italienischen würde die italienische Sprache „erniedrigen“. Zudem habe der Brexit die Verwendung des Englischen in der Europäischen Union „noch negativer und paradoxer“ gemacht.

Die Erfolgsaussichten der Initiative sind ungewiss. Es ist nicht sicher, ob alle Abgeordneten der Rechtskoalition in beiden Kammern den Entwurf mittragen.

Wird aus der Rockmusik die „musica della roccia“?

Die italienische Sprache galt bis dato als eine, die überwiegend dazu neigte, englischsprachige Begriffe in abgewandelter Form in den eigenen Sprachschatz zu integrieren. So ist das „beefsteak“ im allgemeinen Gebrauch zur „bistecca“ geworden. An vielen Orten ist der „campeggio“ geläufiger als das „camping“, auch statt des „roastbeefs“ ist häufig die Rede vom „rosbif“ oder „rosbiffe“.

Demgegenüber zeichnet sich bei Wörtern wie „Miting“ oder „Quizzo“ eine Rückkehr zum „Meeting“ oder „Quiz“ ab. Jüngeren Untersuchungen zufolge ist hingegen der quantitative Anteil von Anglizismen in stark internationalisierten und dem interkulturellen Austausch offenstehenden Bereichen hoch. Dies sind vor allem Bereiche wie Wirtschaft, Populärkultur, Technik, Informatik und Sport.

Kritik aus der Opposition – und Hinweise auf faschistische Sprachpolitik

Politische Gegner erklären die geplante Maßnahme für „lächerlich“. Sie verweisen darauf, dass in Melonis Kabinett selbst Minister und auch die Regierungschefin in der Vergangenheit Anglizismen verwendet hätten. Im Wirtschaftsministerium verwende man Begriffe wie „Made in Italy“, Meloni habe sich in ihrer Antrittsrede als „underdog“ bezeichnet.

Andere werfen der Premierministerin vor, mit der geplanten Maßnahme an die historischen Wurzeln ihrer Partei „Fratelli d’Italia“ anzuknüpfen. Diese war über den Umweg der „Alleanza Nazionale“ aus dem neofaschistischen MSI hervorgegangen.

Eine aktive Sprachpolitik zum Zwecke der „difesa dell’italianità“ hatte tatsächlich zuletzt die Regierung von Benito Mussolini betrieben. Damals gab es ebenfalls Geldstrafen für die Verwendung fremdsprachiger Begriffe im öffentlichen Raum. Zudem betraute die Regierung in Rom die Regia Accademia d’Italia damit, italienische Begriffe für fremdsprachige Ausdrücke zu finden.

Italien wäre nicht das erste EU-Land mit entsprechenden Sprachschutzmaßnahmen

Allerdings wäre Italien nicht das einzige Land in der EU, das eine proaktive Sprachpolitik betreibt – die auch Restriktionen für fremdsprachige Einflüsse vorsieht. In Frankreich besteht seit 1994 ein „Gesetz über den Gebrauch der französischen Sprache“ (Loi Toubon). Dieses untersagt unter anderem englische Werbesprüche ohne eine französische Übersetzung. Zur Anwendung kommt das Gesetz, das eine Buße von 135 Euro vorsieht, jedoch selten.

Zudem gibt es in Frankreich ein Gesetz aus dem Jahr 2000, das eine Mindestquote für französischsprachige Musik im Radio vorschreibt. Ähnliche Schutzbestimmungen kennt auch Spanien. In anderen Ländern gibt es freiwillige Vereinbarungen zwischen Radiosendern und der Musikindustrie oder Selbstverpflichtungen. Diese sollen eine ausgewogene Mischung aus in- und ausländischer Musik sicherstellen.

In Deutschland blieb es bei entsprechenden Forderungen. Im Vergleich zu den 2000er-Jahren scheint die Bedeutung deutschsprachiger Musik im Radio wieder deutlich abzunehmen – wie jüngst der Bundesverband Musikindustrie beklagte.



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