Sri Lanka: Noch immer kein offizieller Präsidentenrücktritt

Er ist mit seiner Frau auf die Malediven geflohen, ist jedoch weiter im Amt. Von Gotabaya Rajapaksa, dem Noch-Präsident von Sri Lanka, liegt noch keine Rücktrittserklärung vor. Wie endet das Chaos?
Gotabaya Rajapaksa, faktisch entmachteter Präsident von Sri Lanka.
Gotabaya Rajapaksa, faktisch entmachteter Präsident von Sri Lanka.Foto: Eranga Jayawardena/AP/dpa
Epoch Times14. Juli 2022

Sri Lankas von Demonstranten geschasster Präsident Gotabaya Rajapaksa ist auch am Tag nach seiner Flucht auf die Malediven formell zunächst weiter im Amt geblieben.

Bis Donnerstagmittag (Ortszeit) lag die Rücktrittserklärung, die Rajapaksa eigentlich für Mittwoch versprochen hatte, laut Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena nicht vor. Der 73-jährige Staatschef war Mittwoch zusammen mit seiner Frau in einer Militärmaschine auf die Malediven geflogen. Kurz zuvor hatten Demonstranten am Wochenende unter anderem den Präsidentenpalast gestürmt. Anschließend wurde der ebenfalls unpopuläre Premierminister Ranil Wickremesinghe übergangsweise zu seinem Nachfolger bestimmt.

42 Verletzte

Bei Protesten in der Nacht zu Donnerstag wurden nach Polizeiangaben 42 Menschen verletzt. Protestierende hätten es geschafft, ein Gewehr und Munition zu erbeuten, hieß es. Eine nächtliche Ausgangssperre wurde um 5:00 Uhr (Ortszeit) aufgehoben, es gab am Donnerstagvormittag zunächst keine neuen Proteste. Die Demonstranten hielten über Nacht aber weiter die offiziellen Residenzen und Büros des Präsidenten sowie des Premierministers besetzt.

Am Donnerstag soll der Parlamentspräsident Vertreter der Opposition und Regierungspartei treffen, um über die politische Zukunft und die Ernennung eines neuen Premierministers zu sprechen. Der gegenwärtige Premier und geschäftsführende Präsident Wickremesinghe bot an, von seinem Amt als Premier zurückzutreten. Die Abgeordneten des Parlaments sollen zudem am 20. Juli einen neuen Staatschef wählen.

Aussagen der Demonstranten

Die Demonstranten in Sri Lanka haben die Rückgabe des von ihnen besetzten Präsidentenpalasts und anderer Gebäude in der Hauptstadt Colombo angekündigt. „Wir ziehen uns mit sofortiger Wirkung friedlich aus dem Präsidentenpalast, dem Präsidentenbüro und dem Amtssitz des Regierungschefs zurück, werden unseren Kampf aber fortsetzen“, sagte eine Sprecherin der Protestbewegung am Donnerstag.

Die Aktivisten fordern weiterhin den Rücktritt des umstrittenen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa und seines Ministerpräsidenten Ranil Wickremesinghe. Sie machen die beiden für die schwere Wirtschaftskrise im Land verantwortlich. Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1948. Es mangelt an Treibstoff, Gas zum Kochen, aber auch an Medikamenten und Lebensmitteln. Ein Grund dafür ist, dass Einnahmen aus dem wichtigen Tourismus unter anderem im Zuge der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren.

Rückkehr oder Exil?

Berichten zufolge will Rajapaksa gemeinsam mit seiner Frau und zwei Leibwächtern nach Singapur ins Exil gehen. Seine Versuche, ein Visum für die USA zu erhalten, wurden diplomatischen Vertretern zufolge abgelehnt, weil er fehl vor seiner Kandidatur für das Präsidentenamt im Jahr 2019 auf seine US-Staatsbürgerschaft verzichtet hatte.

Wickremesinghe hatte am Mittwoch den Notstand ausgerufen und am Donnerstagmorgen eine Ausgangssperre verhängt. Gleichzeitig befahl er Armee und Polizei, „die Ordnung wiederherzustellen“. Trotz der Ausgangssperre versuchten Demonstranten, das Parlament zu stürmen, diesmal jedoch vergeblich.

Zehntausende Demonstranten hatten am Wochenende das Anwesen des Präsidenten gestürmt, am Mittwoch besetzten sie den Amtssitz von Regierungschef Wickremesinghe. Dieser hatte am Samstag ebenfalls seinen Rücktritt angeboten, um den Weg für eine Einheitsregierung freizumachen. Davon war aber zunächst nicht mehr die Rede.

Es mangelt an Treibstoff, Gas zum Kochen, aber auch an Medikamenten und Lebensmitteln. Ein Grund dafür ist, dass Einnahmen aus dem wichtigen Tourismus unter anderem im Zuge der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren. (dpa/afp/mf)



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