Urteil in Wien: Lebenslang Haft für Mord an Lebensgefährtin und ihrer Tochter

Vergangenen Sommer wurden in Wien eine Frau und ihre Tochter ermordet. Der Täter, der Lebensgefährte der Frau, flüchtete nach Frankreich und wurde dort Wochen später in einem Asylheim festgenommen. Der Fall löste in Österreich eine politische Diskussion über Männergewalt aus.
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Die Statue der Justitia steht für Gerechtigkeit: Das Wiener Landesgericht hat im Fall des Doppelmordes nun ein Urteil gefällt. Symbolbild.Foto: iStock
Von 17. Februar 2023

Das Urteil im Prozess um den Doppelmord an einer Frau und ihrer 15-jährigen Tochter in Wien-Mariahilf schickt den 49-jährigen Mahmoud N. lebenslang ins Gefängnis. Einstimmig hatten die acht Geschworenen am Wiener Landesgericht für den Schuldspruch gestimmt. Mutter und Tochter wurden beide erwürgt. Der tunesische Lebensgefährte der gebürtigen Ungarin zeigte sich am Mittwochnachmittag, 15. Februar, geständig: „Ich bin schuldig zum Doppelmord.“

„Die Frau ist durch einen massiven Angriff gegen den Hals in Kombination mit Ersticken gestorben“, bestätigte der Gerichtsmediziner. Abwehrverletzungen habe die Leiche keine aufgewiesen. Das Mädchen starb demnach infolge eines „Angriffs gegen den Hals mit der Hand“. Sie habe sich vermutlich gewehrt.

Der Fall bekam große Aufmerksamkeit in Österreich, nicht nur wegen des Verbrechens an sich, sondern auch aufgrund der politischen Reaktionen. Noch am Tag des Bekanntwerdens der Taten veröffentlichte das Sozialministerium des Landes Wien eine Stellungnahme: „Die hohe Anzahl an Morden und Mordversuchen an Frauen zeigt mit bedrückender Deutlichkeit den dringenden Handlungsbedarf in Österreich. (…) Seit Beginn des Jahres wurden damit mutmaßlich 22 Frauen ermordet, die meisten davon von ihren Partnern oder Ex-Partnern. Das Sozialministerium setzt daher gezielte Maßnahmen zur Gewaltprävention und zum Opferschutz in ganz Österreich. Auch in diesem Jahr werden 4 Millionen Euro eingesetzt, um Projekte im Bereich der Prävention von Männergewalt zu unterstützen.“

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) beklagte, dass „Österreich ein verheerendes, tödliches Problem mit Gewalt in der Partnerschaft“ habe. Frauen würden getötet, weil sie Frauen seien. Das müsse endlich aufhören, forderte der Minister.

Vom Sexunfall zum Mordgeständnis

Zu Prozessbeginn hatte der Mann noch versucht, den Tod seiner Freundin als Sexunfall darzustellen. Laut „Krone“ habe er ausgesagt, dass die Frau oft von ihm beim Sex geschlagen und gewürgt werden wollte. Dabei sei sie immer wieder bewusstlos geworden. Wie die „Tiroler Tageszeitung“ schreibt, habe der Mann angegeben, dass es auch in der Tatnacht so gewesen sei.

Dem Anwalt des Angeklagten nach habe sich dieser an jenem Abend eigentlich auf einen „romantischen Kerzenabend“ eingestellt. Der Angeklagte selbst gab Medienangaben nach an, dass sie Kerzen angezündet und Musik angemacht hätten, als die beiden Jungs im Bett waren. Dann hätten sie sich ins Schlafzimmer zurückgezogen. Plötzlich sei die Frau bewusstlos geworden, schildert der „Kurier“ die Aussagen des 49-Jährigen. Seine Angaben dazu: „Das war nicht ungewöhnlich. Sie hatte hohen Blutdruck. Das ist immer wieder passiert.“ Üblicherweise sei sie „nach fünf bis zehn Minuten wieder aufgewacht“. Sie habe auch nicht gewollt, „dass er sie wecke“. Diesmal wachte sie jedoch nicht mehr auf. Er habe sie „aufwecken“ wollen, sie habe sich aber „nicht mehr bewegt“.

Laut Staatsanwaltschaft gebe es für diese Version keine Belege. Das decke sich auch nicht mit der Spurenlage am Tatort. Dort war die Frau erwürgt und mit schwarzem Klebeband auf dem Mund im Bett gefunden worden.

Als die Tochter der Frau aus dem Wohnzimmer kommend hinzukam und ihre Mutter leblos liegen sah, begann sie zu schreien. „Hör auf zu schreien“, habe er vergeblich gefordert. Das Mädchen habe sich irgendwann ins Kinderzimmer zurückgezogen. Dort habe sie laut Staatsanwaltschaft der Mann wieder herausgeholt und ins Wohnzimmer gezerrt. „Dort ist er auf dem Mädchen gekniet und hat es gewürgt“, so die Staatsanwältin. Sie überlebte nicht.

Das späte Geständnis des Mannes war offenbar eine Folge der Aussage des neunjährigen Sohnes der Frau, der zur Tatzeit mit seinem kleinen Bruder im Kinderzimmer geschlafen hatte, berichtet der ORF. Erst durch die Schreie seiner großen Schwester sei der Junge aufgewacht. Der Junge habe zunächst gedacht, dass die 15-Jährige wohl „eine Spinne gesehen“ habe. Dann habe er die Gewalt des Mannes gegen seine Schwester in weiten Teilen mitbekommen, während die Mutter zu diesem Zeitpunkt laut Anklage bereits tot gewesen sei. Der 49-Jährige habe den Jungen dann angeherrscht, ins Kinderzimmer zurückzugehen. Als alles ruhig war, habe der Mann noch zweimal im Kinderzimmer nachgesehen. „Ich hab‘ mich schlafend gestellt“, erklärte der Junge in seiner Vernehmung. Auf Nachfrage erklärte er, er habe „sehr gefürchtet, dass er mich umbringen will“.

Der Junge schilderte zudem, dass es zwischen seiner Mutter und dem Mann „sehr oft“ zu Streit gekommen sei, weil seine Mutter den Mann dabei erwischt habe, wie er per Handy mit anderen Frauen kommunizierte. Der Junge gab auch an, er habe schon länger „das gefühlt, dass er so etwas machen wird“. Er sagte noch: „Manchmal habe ich in seine Augen geschaut und das gesehen. Gespürt.“

Flucht ins Ausland

Nach dem Verbrechen schloss der Mann die Leichen im Schlafzimmer ein, zog den Schlüssel ab und hob Geld von seinem Konto und dem der Frau ab. Er verließ die Wohnung und ließ die beiden kleinen Jungs der Frau allein zurück. Die Kinder verließen am nächsten Morgen, 4. August, die aus ihrer Sicht leere Wohnung, holten sich in einem Supermarkt etwas zu essen und gingen allein zu einem Termin bei einer Augenärztin. Die Medizinerin wurde stutzig und informierte die Polizei. Bei der anschließenden Besichtigung der Wohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Mollardgasse in Wien-Mariahilf fand die Polizei die beiden Leichen.

Die dreifache Mutter habe Medienangaben nach den Tunesier, der seit 2016 keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei, über eine Dating-App kennengelernt. In Österreich sei der Mann seit 2004. Über die Beziehung sagte er: „Ich habe sie geliebt. Und sie mich.“

Ermittlern des österreichischen Bundeskriminalamtes nach sei er nach der Tat mit dem Zug nach Frankreich geflüchtet, wo er zunächst im Raum Paris in einer arabischen Community untergetaucht war, schreibt der „Standard“. Man lokalisierte ihn dort in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zielfahndungsnetzwerk (Enfast). Es wurde in den Medien auch über die Auswertung seiner Handydaten berichtet, über Suchbegriffe bei Google, wie „Interpol Fahndungsliste 2022“ oder „Liebe finden in Paris“ und „Porn Free – Teenager“.

Gegen Ende August reiste er dann wohl weiter, nach Nordfrankreich, nach Brest in der Bretagne. Dort wurde er nach fast sechs Wochen Flucht am 13. September in einem Asylheim bei der Essensausgabe festgenommen und nach Österreich ausgeliefert.



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