Volksabstimmung von Türken zu Todesstrafe könnte auf deutschem Boden verboten werden

Die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei war eine wichtige Bedingung zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der EU. Bereits seit 1984 galt ein Moratorium für die Vollstreckung von Todesurteilen. Jetzt denkt die Türkei über eine Wiedereinführung nach.
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Türkei-Fan (Symbolbild)Foto: MLADEN ANTONOV/AFP/Getty Images
Epoch Times28. April 2017

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erwägt die Wiedereinführung der Todesstrafe und kündigte an, notfalls ein Referendum darüber anzusetzen. Die Bundesregierung könnte solch eine Abstimmung in den konsularischen Vertretungen der Türkei auf deutschem Boden allerdings verbieten, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.

In der Rechtsauskunft, die der Vorsitzende des Europa-Ausschusses, Gunther Krichbaum (CDU), erbeten hatte, verweisen die Völkerrechtsexperten darauf, dass die Bundesregierung grundsätzlich einen Ermessensspielraum habe, Wahlen oder Abstimmungen in ausländischen Vertretungen zuzulassen. Dies war zuletzt der Fall, als hier lebende Türken über ein Verfassungsreferendum in ihrer Heimat abstimmen durften, oder Franzosen sich hier an der Präsidentschaftswahl in Frankreich beteiligen konnten.

Dem Papier zufolge kommt der Entscheidungsspielraum der Bundesregierung über die Zulassung von Referenden in ausländischen Vertretungen aber an „seine rechtliche Grenze“, wenn über „unverbrüchliche verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Rechtsstandards“ wie etwa die Einführung der Todesstrafe abgestimmt werden soll. Dann sei sogar eine „Versagungspflicht“ der Bundesregierung denkbar, heißt es in dem Gutachten.

Der Expertise zufolge müsste ein Verbot der Bundesregierung Erdogan aber nicht schrecken. Sollte er trotzdem die in Deutschland lebenden Türken zur Abstimmung in türkischen Konsularen aufrufen, ließe sich dies „nicht ohne Weiteres unterbinden“.

Zwar dürfen nach dem Völkerrecht die Gesandtschaftsräume ausländischer Staaten prinzipiell nur zu diplomatischen oder konsularischen Zwecken genutzt werden. Ein Verstoß dagegen, wie etwa die Abstimmung zur Todesstrafe, rechtfertige es aber „wohl kaum“, dass das „Prinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer Räumlichkeiten“ durchbrochen werde, heißt es in dem Papier.

Die Abschaffung der Todesstrafe war eine wichtige Bedingung zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der EU. Bereits seit 1984 galt ein Moratorium für die Vollstreckung von Todesurteilen. Im August 2002 schaffte die damalige Regierung von Bülent Ecevit die Todesstrafe in Friedenszeiten ab, im Januar 2004 wurde sie unter der Regierung Erdogans auch in Kriegszeiten abgeschafft.

Die Todesstrafe ist im deutschen Grundgesetz sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (ERMK) abgeschafft. Anders als das Verbot der Folter oder Sklaverei ist die Abschaffung der Todesstrafe aber noch kein zwingendes universelles Völkerrecht. Ein Zusatzprotokoll dazu von 1989 wurde dem Wissenschaftlichen Dienst zufolge bis heute erst von 84 der 193 Unterzeichnerstaaten ratifiziert. (afp)



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