Am Sonntag den 15. Oktober
Wahl in Polen: Entscheidung über künftigen Kurs gegenüber EU und Ukraine
Bangen in Berlin, Brüssel und Kiew: Bei der Parlamentswahl am Sonntag in Polen entscheidet sich, ob das Land wieder näher an Deutschland und die EU heranrückt oder ob Warschau seinen Konfrontationskurs fortsetzt.

Am 1. Oktober versammelten rund eine Million Menschen sich zu einem Marsch zur Unterstützung der Opposition in Warschau.
Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa
Auch für die Ukraine steht viel auf dem Spiel. Bislang konnte sich Kiew auf die Unterstützung des Nachbarlandes verlassen – zuletzt ging die polnische Regierung aber auf Distanz zu Kiew.
Die rechtsnationalistische Regierungspartei PiS führte die Umfragen zur Wahl zuletzt mit 32 bis 34 Prozent an, sie dürfte im Falle eines Wahlsiegs aber auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Spekuliert wird über ein Bündnis mit der konservativen Konförderationspartei, die ein Ende der Hilfen für die Ukraine fordert.
Der pro-europäische Oppositionsführer Donald Tusk hat sich derweil zum Ziel gesetzt, die von seinem Erzfeind Jaroslaw Kaczynski angeführte PiS nach acht Jahren von der Macht zu verdrängen. Die oppositionelle Bürgerkoalition des früheren Regierungschefs hat in den Umfragen ein paar Prozentpunkte Rückstand auf die PiS, konnte zuletzt aber zulegen und hofft darauf, nach der Wahl ein Dreierbündnis mit dem Dritten Weg und den Linken schmieden zu können. Zwei Wochen vor der Wahl konnte die Opposition rund eine Million Menschen für eine Demonstration gegen die Regierung mobilisieren.
Mitten in den Wahlkampfendspurt platzte dann die Nachricht vom Rücktritt zweier hochrangiger Militärs. Der Generalstabschef und der Chef des Einsatzführungskommandos gaben am Dienstag ihre Posten ab. Während offiziell keine Gründe genannt wurden, berichteten polnische Medien über einen tiefgehenden Konflikt der beiden Militärchefs mit Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak. Sie hätten sich unter anderem Versuchen zur Einbindung der Armee in den Wahlkampf widersetzt. Die oppositionelle Neue Linke forderte den Rücktritt des Ministers.
Die Wahl „ist äußerst hart umkämpft und ausgeglichen“, schrieb kürzlich der Politikprofessor Aleks Szczerbiak von der University of Sussex in einem Blog. Für viele sei „dies die wichtigste Wahl seit 1989“, sagte die Politikprofessorin Dorota Dakowska, die an der Universität Sciences Po in Aix-en-Provence lehrt, der Nachrichtenagentur AFP. Denn auf dem Spiel stehe die „Zukunft Polens als Demokratie und Rechtsstaat“.
Die Opposition versuchte im Wahlkampf unter anderem mit Kritik an der Wirtschaftspolitik der Regierung zu punkten. Die Inflation in Polen ist nach wie vor relativ hoch und wird nach Prognosen der EU im Jahr 2023 bei 11,4 Prozent liegen, während das Wirtschaftswachstum mit 0,5 Prozent schwach ausfällt.
Die PiS-Regierung führt seit Jahren einen Machtkampf mit Brüssel wegen ihrer Justizreform, die von Kritikern als Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie verurteilt wird. Auch in der Flüchtlingspolitik liegt Warschau mit Brüssel über Kreuz. Die Beziehungen zu Deutschland sind ebenfalls seit Jahren angespannt.
Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten blicken derweil mit Sorge darauf, ob Polen ein Schlüsselland für die Unterstützung Kiews im Krieg gegen Russland bleibt. Warschau ist bislang ein wichtiger Verbündeter Kiews. Polen hat mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen und leistete Kiew Militärhilfe. Zudem ist es ein wichtiges Transitland für Lieferungen an die Ukraine.
Inmitten des Wahlkampfs eskalierte jedoch der Streit zwischen Warschau und Kiew über ukrainische Getreideexporte. Polen drohte dann damit, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzuschränken. (afp)
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