Westliche Länder ziehen Botschaftspersonal aus Afghanistan ab

Die Taliban haben bereits 34 Provinzhauptstädte eingenommen und stehen kurz vor Kabul. Die Botschaften westlicher Länder reagieren.
Titelbild
Die Taliban stehen kurz vor Kabul. Taliban-Kämpfer in Afghanistan.Foto: AFP via Getty Images
Epoch Times14. August 2021

Angesichts des raschen Taliban-Vormarschs in Afghanistan arbeiten Deutschland und andere westliche Staaten unter Hochdruck daran, Botschaftsmitarbeiter und Ortskräfte in Sicherheit zu bringen.

Neben Deutschland kündigten am Freitag andere europäische Länder wie Großbritannien und Spanien die Ausreise von Botschaftspersonal an. Die USA sagten das Ausfliegen tausender Menschen täglich zu und veranlassten die Zerstörung sensiblen Materials in ihrer Botschaft in Kabul.

Taliban stehen wenige Kilometer vor Kabul

Seit Beginn des vollständigen Abzugs der Nato-Truppen aus Afghanistan haben die Taliban weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. In den vergangenen acht Tagen nahmen die Islamisten rund die Hälfte der 34 afghanischen Provinzhauptstädte ein, darunter zuletzt auch die zweitgrößte Stadt Kandahar. Am Freitag standen sie nach Eroberung der Provinzhauptstadt Pul-i-Alam nur noch 50 Kilometer vor Kabul, wie ein Regionalabgeordneter der Provinz Logar mitteilte.

In einem Vermerk an die Mitarbeiter der US-Botschaft in Kabul verwies ein Gebäudetechniker auf die bestehenden Möglichkeiten zur Verbrennung oder Entsorgung von Dokumenten und Gerätschaften. Zerstört werden soll demnach alles, was von den Taliban für ihre Propaganda „missbraucht werden“ könnte, wie etwa Gegenstände mit dem Botschaftslogo und US-Flaggen. Derweil trafen die ersten der 3.000 US-Soldaten ein, die bei der Evakuierung helfen sollen.

Europäisches Botschaftspersonal wird auf Minimum reduziert

Staaten wie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Spanien entschlossen sich zur Reduzierung ihres Botschaftspersonals in Kabul. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, die deutsche Botschaft solle „arbeitsfähig“ bleiben, das Personal werde aber „auf das operativ notwendige absolute Minimum“ reduziert. Dänemark und Norwegen kündigten die vorläufige Schließung ihrer diplomatischen Vertretungen in Kabul an.

Die „ohnehin für diesen Monat vorgesehenen Charterflüge“ für das diplomatische Personal werden laut Maas vorgezogen. Sie sollen auch afghanische Ortskräfte nach Deutschland bringen. Grünen-Co-Chef Robert Habeck forderte in der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstagsausgabe) „eine Luftbrücke, um diese Menschen aus Lebensgefahr zu bringen“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor eine erleichterte Einreise für die afghanischen Ortskräfte zugesagt.

Migrationsdruck könnte weiter zunehmen

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte ein Einschreiten des Westens und der Bundeswehr gegen die in Afghanistan vorrückende Taliban. „Man darf nicht dabei zuschauen, wie Menschen, die uns lange verbunden waren, von den Taliban abgeschlachtet werden, wie Mädchen und Frauen alle hart erkämpften Rechte wieder verlieren“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), warnte vor einem starken Anstieg der Zahl afghanischer Flüchtlinge, mit dem auch Deutschland konfrontiert sein werde. Er sei „sicher, dass der Migrationsdruck auf die EU und Deutschland“ zunehmen werde, sagte er der „Rheinischen Post“.

Die kanadische Regierung kündigte bereits an, bis zu 20.000 Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. Das Angebot richtet sich insbesondere an Frauen in Führungspositionen, Regierungsmitarbeiter, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Angehörige verfolgter Minderheiten.

Taliban haben Verbindung zu Al-Kaida nicht abgebrochen

Laut UN-Generalsekretär António Guterres begehen die Taliban in den von ihnen kontrollierten Gebieten „entsetzliche“ Menschenrechtsverbrechen. Es sei „herzzerreißend, Berichte zu sehen, wonach afghanischen Frauen und Mädchen ihre hart erkämpften Rechte entrissen werden“, sagte Guterres vor Journalisten.

In Kabul litten die Menschen derweil unter der Unsicherheit. „Wir wissen nicht, was passiert“, sagte etwa der Hauptstadtbewohner Chairddin Logari der Nachrichtenagentur AFP.

Westliche Staaten sorgen sich auch, dass Afghanistan nach dem 20-jährigen internationalen Militäreinsatz wieder zur Brutstätte von Terrorismus werden könnte. „Die einzige Bedingung, die die USA an ihren Abzug gestellt haben, war, dass die Taliban ihre Verbindungen mit dem Terror-Netzwerk Al-Kaida abbrechen“, sagte der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagsausgabe). „Das ist aber nicht passiert.“ (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion