„Asylbewerber lassen sich die Zähne neu machen“: Kritik an Merz-Aussage

Kommen Migranten auch nach Deutschland, um sich die Zähne machen zu lassen? Der CDU-Chef erweckt diesen Eindruck. Die gesetzliche Regelung ist relativ eindeutig.
CDU-Chéf Friedrich Merz sorgt mit einer Aussage über Migranten für Empörung.
CDU-Chef Friedrich Merz.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times29. September 2023

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat die Bundesregierung mit einem drastischen Vergleich zur Eindämmung der irregulären Migration aufgefordert – und heftige Kritik geerntet.

„Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen“, sagte Merz im „Welt-Talk“ des Fernsehsenders Welt. „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“ Von SPD und Grünen wurde ihm daraufhin übelster Populismus vorgeworfen.

Die Unionsfraktion verbreitete die Aussage ihres Chefs auch auf der Plattform X, vormals Twitter. „Wir müssen über die Pull-Faktoren sprechen, die hier in Deutschland wirken. Wir haben massive Faktoren, die dazu führen, dass über 30 Prozent der Asylbewerber aus ganz Europa nach Deutschland kommen“, sagte er demnach. Mit Pull-Faktoren meint Merz solche, die eine Sogwirkung auf Migranten haben. Der Koalition warf er vor, nicht zu handeln. „Was Sie hier machen, ist eine Katastrophe für dieses Land.“

Scharfe Kritik an Merz-Aussage

Bundesinnenminister Nancy Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Hessen-Wahl in eineinhalb Wochen, widersprach umgehend. „Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD“, schrieb sie auf X. „Und es ist falsch: Denn Asylsuchende werden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt sind oder unter Schmerzen leiden.“

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, hat die Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz über Zahnarztbehandlungen für Asylbewerber als falsch zurückgewiesen.

„Da gibt es keinen Zusammenhang“, sagte nun der Zahnärztechef dem Magazin. Beim Zahnarzt kriege man in der Regel problemlos Termine. Nur im ländlichen Bereich sei es so, dass es dort aufgrund der geringeren Zahnarztdichte zu längeren Wartezeiten kommen kann. Die Behandlung von Geflüchteten und Asylbewerbern verursache „im Moment“ auch keine außergewöhnliche Arbeitsbelastung für die Zahnärzte, erklärte Benz.

Im Zuge des Ankommens von Geflüchteten 2015 und 2016 habe es zwar „schon merkbar mehr Arbeit“ gegeben, aber damals habe es „viele ungeklärte Sachlagen“ gegeben. „Das ist jetzt besser geregelt“, sagte der Zahnärztechef. Dazu, wie viele Asylbewerber sich hierzulande in Zahnarztpraxen behandeln lassen und zur Höhe der dabei anfallenden Kosten hatte die Bundeszahnärztekammer demnach keine Zahlen.

Schmerzpatienten werden behandelt – unabhängig vom Aufenthaltsstatus

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen sagte zu den Äußerungen von Merz dem ZDF: „Patienten müssen auf Termine warten und werden sich in Zukunft noch länger für einen Arzttermin gedulden müssen. Grund dafür sind jedoch nicht abgelehnte Asylbewerber, sondern ein chronisch unterfinanziertes Gesundheitssystem.“ Der Verbandschef wies darauf hin, dass Geflüchteten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz lediglich das „gesundheitliche Existenzminimum“ in Anspruch nehmen könnten.

Allerdings räumte Gassen ein, dass Asylsuchende in den Arztpraxen auch darüber hinaus gehende Leistungen gewährt würden. „Kommt ein Patient mit Schmerzen in die Praxis, wird er natürlich behandelt – unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus“, stellt er klar.

Unionsfraktion verteidigt Merz

Aus seiner eigenen Partei erhielt Merz jedoch Rückendeckung. „Friedrich Merz hat Recht“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU) der „Rheinischen Post“. Hunderttausende abgelehnte Asylbewerber in Deutschland seien zum Teil seit Jahren ausreisepflichtig. „Dennoch können sie zum Nulltarif das deutsche Gesundheitssystem nutzen.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (CSU) verteidigt Merz in der Zeitung ebenfalls. Dieser habe lediglich „auf eine Stimmung in der Bevölkerung hingewiesen“.

Auch CDU-Abgeordneter Philipp Amthor stärkte dem CDU-Chef den Rücken. „Wir haben durch die ungesteuerte Zuwanderung, die wir auch durch diese Ampel-Politik erleben, natürlich einen großen Druck auf die Infrastruktur in diesem Land“, auch die Gesundheitsversorgung gehöre dazu, so Amthor bei „rtl/ntv“. Diese Probleme anzusprechen, wie Merz sie tat, sei „völlig richtig“.

Trotz der angeblichen Rückendeckung wurden die umstrittenen Äußerungen zeitweise aus einem Video-Ausschnitt von Merz‘ Talkshow-Auftritt auf der X-Seite der Unionsfraktion entfernt – später allerdings wieder hinzugefügt.

Nach 18 Monaten: Krankenkassen übernehmen Asylbewerber-Versorgung

Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es in Paragraf 4 zu Leistungen bei Krankheit: „Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren.“ Eingeschränkt wird: „Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.“

Anders sieht es jedoch nach den ersten 18 Monaten des Aufenthalts aus, der sogenannten Wartezeit: Ab dann werden Asylbewerber von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. „Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte, mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte“, heißt es dazu auf der Homepage des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). (dpa/afp/dl)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion