Berlin-Lichtenberg: Erste Fraktion für BSW – „Mehr Flüchtlinge in reiche Stadtteile, weniger Poller“

In der BVV von Berlin-Lichtenberg hat sich die erste Fraktion des BSW von Sahra Wagenknecht gegründet. Zuvor hatten drei Abgeordnete die Linkspartei verlassen. Sie klagten über eine Anpassung der Linken auf Bundesebene an das urbane, akademische Milieu.
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Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine treffen auf dem Parteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ein.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 15. Februar 2024

Das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) hat seit Montag, 12.2., seine erste Fraktion in einer Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Berlin. An jenem Tag haben die Abgeordneten Norman Wolf, Michael Niedworok und Tinko Hempel die neue Fraktion konstituiert. Am selben Tag haben sie die Anerkennung des Fraktionsstatus in dem 55 Mitglieder umfassenden Gremium beantragt.

BSW-Vertreter hatten vor einem Monat ihre bisherige Partei verlassen

Im Vorjahr waren alle drei Bezirksverordneten für die Linkspartei in die BVV gewählt worden. Diese erzielte in dem Ostberliner Bezirk mit 23,1 Prozent und fiel damit hinter die CDU zurück. Diese kam auf 23,8 Prozent. Wie die „taz“ berichtet, hatten die drei nunmehrigen BSW-Vertreter bereits vor einem Monat die Linkspartei verlassen. Mittlerweile sollen sie in die Wagenknecht-Partei bereits aufgenommen worden sein.

Die Linksfraktion in der BVV schrumpft damit auf elf Mitglieder. Die neue BSW-Fraktion verfügt über einen Sitz mehr als die Tierschutzpartei, die bei den Wahlen im Februar 2023 ebenfalls Mandate erringen konnte.

Fraktionschef wird voraussichtlich Norman Wolf. In einer Mitteilung begründeten die Abgeordneten ihren Schritt mit dem bundespolitischen Kurs der Linkspartei. Auf Bezirksebene sei es „trotz mitunter großer Differenzen in grundlegenden politischen Fragen“ gelungen, einen gemeinsamen Nenner zu wahren. Hätte sich die Bundespartei daran ein Beispiel genommen, wäre eine Abspaltung nicht erforderlich gewesen.

Moralisierender Ansatz der Linkspartei hat „Korridor des Sagbaren“ verengt

In der „Berliner Zeitung“ wird aus einem Schreiben der drei Ex-Linken anlässlich des Wechsels zum BSW zitiert. Statt den erfolgreichen Weg der Linken in Lichtenberg zu gehen, habe sich die Bundespartei eine „zunehmende Hinwendung zum großstädtischen akademischen Milieu“ verordnet. Man habe in weiterer Folge „dessen Sichtweisen und Werte, dessen Lebensstil und Sprache zur einzigen Richtschnur der eigenen politischen Agenda“ gemacht.

Gleichzeitig hätten moralische Haltungen die Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen ersetzt. Der „Korridor des Sagbaren“ wurde zunehmend verengt, was den Austausch von Argumenten unmöglich gemacht habe.

Dies wäre bereits in der Corona-Politik der Fall gewesen. Im Kontext des Ukrainekrieges sei die damit einhergehende „Verengung in der Friedensfrage“ aber „fatal“ gewesen.

Flüchtlingsunterkünfte in Brennpunktgebieten „noch nie zielführend“

In der BVV wolle sich die BSW-Fraktion für eine gerechtere Verteilung Geflüchteter über Berlin hinweg einsetzen. Man denke dabei „etwa an Steglitz-Zehlendorf, wo viel weniger Geflüchtete untergebracht sind als in Lichtenberg“, so Wolf zur „taz“. Die Unterbringung in Besserverdiener-Bezirken würde für die Stadt höhere Kosten bedeuten. Wolf hält jedoch die Verteilung für geboten im Interesse des sozialen Friedens:

„Flüchtlingsunterkünfte in sozial ohnehin belasteten Gebiete zu errichten, hat sich jedenfalls noch nie als zielführend herausgestellt.“

Außerdem wolle man eine „ideologiefreie Verkehrspolitik“ betreiben. Eine „Pollerkultur“, die sich einzig an ein Zielmilieu der Grünen wende, lehne man ab. Das BSW sei zwar auch für mehr Lebensqualität durch Spielstraßen und Radwege. Jedoch gibt man zu bedenken:

„Ein Sonderrecht auf absolute Ruhe in der Großstadt und auf abgeschirmte, eingehegte Quartiere gibt es aus unserer Sicht nicht.“

BSW will neue Interessenten über Nachbarschaftstreffen gewinnen

Das BSW verfügt im Abgeordnetenhaus mit dem früheren medienpolitischen Sprecher der Linken, Alexander King, über einen Abgeordneten. Berlinweit hat die Wagenknecht-Partei bisher etwa 50 Mitglieder. Ein Landesverband soll noch vor kommendem Sommer gegründet werden. Dies steht im Einklang mit dem zurückhaltenden Kurs der Parteiführung bezüglich der Mitgliederaufnahme.

King kündigte an, laufend Kennenlerntreffen in Stadtteilen abzuhalten und dabei Unterstützungsunterschriften für den Antritt zur EU-Wahl zu sammeln. Deutschlandweit benötigt die Partei davon 4.000. Der Abgeordnete, der den Parteiaufbau in der Hauptstadt koordiniert, rechnet mit noch mehr Übertritten zum BSW auf Bezirksebene:
„Wenn sie politisch zu uns passen, sind sie herzlich willkommen.“



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