
Bund gibt 27 Milliarden Euro für Flüchtlinge aus – doch will Mittel für Länder nicht erhöhen
Der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt wirft seine Schatten voraus. Die Länder drängen auf Entlastung, der Bund präsentiert unterdessen seine eigene Rechnung.

Die Länder und Kommunen sehen den Bund bezüglich der Versorgung von Flüchtlingen in der Verantwortung.
Foto: über dts Nachrichtenagentur
Am kommenden Mittwoch, 10. Mai, wird der erste Flüchtlingsgipfel mit Vertretern von Bund und Ländern im Kanzleramt stattfinden. Die Front der Länder ist über alle Parteigrenzen hinweg geschlossen: Sie beklagen angesichts weiter steigender Zahlen an Schutzsuchenden die Überforderung ihrer Kommunen und fordern mehr Geld aus Berlin. Dort lehnt man ein Entgegenkommen strikt ab – und das Kanzleramt präsentierte nun eine Aufstellung eigener Leistungen für Flüchtlinge.
Im Vorjahr bezahlte der Bund fast 30 Milliarden Euro für Flüchtlingspolitik
Wie die „Tagesschau“ berichtet, beziffert der Bund seine flüchtlingsbezogenen Ausgaben für das Jahr 2022 auf insgesamt 29,84 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr rechne man immer noch mit Gesamtausgaben für Flüchtlinge in Höhe von 26,65 Milliarden.
Dennoch habe der Bund den 16 Ministerpräsidenten für 2023 bereits 2,75 Milliarden Euro zugesagt. Damit habe man nach Ansicht des Kanzleramts einen ausreichenden Beitrag zu den Integrationskosten geleistet. Immerhin, so heißt es aus Berlin, definiert das Grundgesetz die „Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten“ als Zuständigkeit der Länder.
Von den fast 27 Milliarden Euro, die der Bund aus eigenen Mitteln zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms aufwende, beträfen 15,6 Milliarden „Unterbringung und Integration“. Vier Milliarden Euro steuere er zu den „Kosten der Unterkunft“ (KdU) bei. Darüber hinaus investiere der Bund in die „Bekämpfung von Fluchtursachen“.
„Drastische Einnahmenverschiebung zu Lasten des Bundes“
Bundesfinanzminister Christian Lindner sperrt sich gegen eine zusätzliche Beteiligung an den Kosten für Flüchtlinge auch wegen eigener Geldknappheit. So weist er darauf hin, dass es bereits in der Vergangenheit eine „drastische Einnahmenverschiebung zu Lasten des Bundes“ gegeben habe.
Der Anteil des Bundes am gesamten Steueraufkommen sei in den vergangenen 30 Jahren um zehn Prozentpunkte gesunken. Im Jahr 2021 habe er bereits weniger als 38 Prozent betragen. Allein in jenem Jahr habe der Bund zugunsten der Länder auf zusätzliche Steuereinnahmen von 86 Milliarden Euro verzichtet. Gleichzeitig habe der Bund im selben Jahr fast 25 Milliarden Euro für Aufgaben der Länder aufgewendet.
Wie die „Welt“ schreibt, weist der Bund auch darauf hin, dass die Länder und Kommunen in Summe zuletzt Überschüsse erwirtschaftet hätten. Demgegenüber sei der Bund seit 2020 gezwungen gewesen, dreimal hintereinander ein dreistelliges Milliardendefizit aufzuhäufen. Grund dafür seien die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine gewesen.
Länder und Gemeinden gehen in Vorleistung
Demgegenüber wiesen Länder und Kommunen noch Mitte April darauf hin, dass die zugesagten Finanzmittel des Bundes in Höhe von 2,75 Milliarden Euro für 2023 noch nicht eingetroffen seien. Es fehle dafür noch an den erforderlichen Rechtsgrundlagen, teilten das Bundesfinanzministerium und der Deutsche Landkreistag dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) mit. Die Länder und Gemeinden seien deshalb im ersten Quartal des Jahres in Vorleistung gegangen.
Bislang habe man das Geld für die Flüchtlinge auf Grundlage einer Umsatzsteuerverteilung bereitgestellt, hieß es dazu aus dem Bundesfinanzministerium. Im Laufe des Jahres sei jedoch nicht nur eine gesetzliche Grundlage für eine weitere Zuteilung zu schaffen. Auch die Länder müssten einen entsprechenden Rahmen für die Verteilung an die Kommunen erarbeiten.
Haseloff sieht Bund in der Verantwortung
Während der Finanzstreit ungelöst bleibt, ist offen, inwieweit das Thema einer Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer am Mittwoch auf der Tagesordnung steht. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff fordert eine solche Debatte. Er warnt gegenüber der „Welt“ vor einer finanziellen Überforderung der Länder und Kommunen.
Der Bund stehe dafür in der Verantwortung, so Haseloff. Entsprechend sei angesichts knapper Ressourcen auch eine stärkere Differenzierung zwischen den Migrantengruppen erforderlich:
„Wer braucht wirklich unsere Hilfe, wer kann sich nicht auf das Recht auf Asyl berufen?“
Mehrere Maghreb-Staaten und Georgien hat der Bundestag bereits vor mehreren Jahren als sichere Herkunftsländer eingestuft. Allerdings hatte der Bundesrat auf Druck der Grünen das Inkrafttreten des Beschlusses verhindert. Diese sperren sich bis heute gegen eine Debatte. Während das Grundgesetz die Betreuung von Flüchtlingen den Ländern als Kompetenz einräumt, ist der Bund für den Grenzschutz zuständig.
Zahlreiche Länder-Grüne auch gegen Faeser-Initiative
Mehrere grüne Minister wollen sich auch dem jüngsten Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser verweigern. Dieser ist darauf gerichtet, künftig mehr Asylverfahren in sogenannten „Registrierungszentren“ an den EU-Außengrenzen abzuschließen.
Im vergangenen Jahr war die Anzahl der Erstanträge auf Asyl in Deutschland um 47 Prozent auf knapp 218.000 gestiegen. Die meisten Asylsuchenden stammten aus Syrien und Afghanistan. Der Trend hat sich in den ersten Monaten des Jahres 2023 fortgesetzt.
Zudem waren im Vorjahr mehr als eine Million Menschen vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet. Diese sind nicht dem regulären Asylprozedere unterworfen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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